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Sport: Ungezwungen angekommen

Der Einstand des neuen Aachener Trainers Frontzeck gelingt mit einem 4:2 gegen Mönchengladbach

Die Fans von Borussia Mönchengladbach und Alemannia Aachen pflegen seit einiger Zeit eine ziemlich humorlose Feindschaft, doch woher diese plötzliche Animosität kommt, weiß niemand so recht. Vielleicht überdenken die Aachener ihre Haltung jetzt noch einmal. Zumindest gestern hatten sie keinen Grund zum Hass auf Mönchengladbach. 4:2 gewann der Aufsteiger gegen den Rivalen aus der Nachbarschaft, und der Sieg hatte eine nicht unwesentliche Gladbacher Komponente. Michael Frontzeck, der neue Trainer der Aachener, hat nicht nur die längste Zeit seiner Karriere für die Borussen gespielt, er wohnt auch immer noch in Mönchengladbach. Und dass Jan Schlaudraff für die Alemannia spielt, zwei Tore erzielte und ein weiteres vorbereitete, haben die Aachener auch einer unverständlichen Wohltätigkeit der Borussen zu verdanken. Für einen lächerlichen Preis haben die Gladbacher ihnen Schlaudraff Mitte der vergangenen Saison überlassen. „Er hat uns das Leben schwer gemacht“, sagte Borussias Trainer Jupp Heynckes. „Schade, dass er nicht bei uns spielt.“

Die Personalie Schlaudraff ist Ausdruck für eine unerquickliche Phase in der Vereinsgeschichte der Gladbacher, die sich in einer wahllosen Einkaufspolitik äußerte. Mit Jupp Heynckes wollen sich die Borussen wieder stärker zu ihrer Vergangenheit bekennen, doch dass der Weg ein beschwerlicher werden wird, hat das Spiel in Aachen gezeigt: So viele Fehler, so viele Ungenauigkeiten, so wenig Esprit und Engagement: „So kann man in der Bundesliga nicht spielen“, sagte der neue Gladbacher Trainer. „Das Defensiv-Verhalten war nicht vorhanden.“

Dass die Aachener bei ihrer Führung durch eine Entscheidung des Schiedsrichters Michael Weiner begünstigt wurden, sah Heynckes nicht als entscheidend an. In der siebten Minute entschied Weiner auf Elfmeter für die Alemannia, nachdem Marcell Jansen der Ball an die Hand gesprungen war. „Meine Hand ist vor der Brust, der Elfmeter ist absolut lächerlich“, sagte der Nationalspieler. Laurentiu Reghecampf verwandelte zum 1:0. Der Schiedsrichter hatte noch einen weiteren beachtlichen Auftritt. In der zweiten Hälfte unterbrach er das Spiel und ließ durch den Stadionsprecher verkünden, dass es Konsequenzen haben werde, falls von den Rängen noch einmal das Wort „Asylbewerber“ zu hören sei.

Beim 2:0 half den Aachenern nicht der Schiedsrichter, sondern Borussias Abwehr. Das Tor entstand aus einem Missverständnis zwischen Torhüter Kasey Keller und Verteidiger Zé Antonio. Schlaudraff musste den Ball nach einer halben Stunde nur ins leere Tor schießen. „Das war eine super erste Halbzeit“, sagte Aachens neuer Kotrainer Erik Meijer. „Wir haben eigentlich nicht einen Fehler gemacht.“ Das taten die Aachener dann gleich nach der Pause: Kahé köpfte nach einer Ecke den Anschlusstreffer, doch innerhalb einer Minute war alles wieder wie vorher. Schlaudraff flankte, Ebbers köpfte – und Aachen führte 3:1 „Das war spielentscheidend“, sagte Michael Frontzeck. Schlaudraff erhöhte fünf Minuten vor dem Ende auf 4:1, ehe Kahé, wieder nach einer Ecke, mit dem Schlusspfiff das 4:2 erzielte. Nach vier Spieltagen haben die Gladbacher noch kein einziges Mal aus dem Spiel heraus getroffen. Michael Frontzeck, der als junger Spieler in Mönchengladbach unter Jupp Heynckes gearbeitet hatte, prophezeite den Borussen: „Es könnte unfreundlich werden.“

Die Aachener haben ihre Scheu vor der Bundesliga abgelegt, und auch die Aufregung um den Trainerwechsel scheint sie nicht nachhaltig irritiert zu haben. Frontzeck war erst am Dienstag als Nachfolger von Dieter Hecking vorgestellt worden. „Das war ein perfekter Einstand, der ihn ruhig arbeiten lässt“, sagte Stürmer Marius Ebbers. „Er passt zu uns.“ Dabei hat der neue Trainer in den ersten Tagen gar nicht viel verändert. „Wieso soll man was ändern, was gut ist?“, sagte Erik Meijer. Neu war nur, dass die Spieler fünf Minuten vor dem Wiederanpfiff aus der Kabine aufs Feld zurückkamen und unter Meijers Anleitung ein Aufwärmprogramm absolvierten. Warum denn diese Spielerei, wurde Frontzeck gefragt. „Spielerei will ich das nicht nennen“, antwortete er. Die Mannschaft sei zuletzt immer etwas schwer aus der Pause gekommen. „Das hatte schon Sinn und Verstand.“

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