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Sport: Union umarmt sich

Berlins Zweitligist schlägt Spitzenreiter Bielefeld mit 1:0

Berlin. In der Halbzeitpause begegneten sie einander: Unions ehemaliger Präsident Heiner Bertram stand auf der Haupttribüne der Alten Försterei, sein Nachfolger Jürgen Schlebrowski kam, auf dem Weg zurück zu seinem Platz, auf Bertram zu. Die beiden unterhielten sich kurz, dann verabschiedeten sie sich fast freundlich. Für einen Moment lang sah es so aus, als gäbe es keinen Streit beim 1. FC Union. Und das passte irgendwie zum 1:0-Sieg über den bisherigen Zweitliga-Spitzenreiter Bielefeld.

Bertram war vor zwei Wochen vom Aufsichtsrat des Vereins entlassen worden. Schlebrowski hatte ihm anschließend Hausverbot für die Geschäftsstelle erteilt. Gestern beim Heimspiel gegen die Arminen saß Bertram das erste Mal seit seinem Rausschmiss wieder auf der Tribüne – als Fan. Und es war durchaus gut anzusehen, was die Rot-Weißen zeigten. Ausgerechnet gegen den Tabellenführer holten die Köpenicker den dringend benötigten zweiten Saisonsieg – und das nicht unverdient.

Zwar war Bielefeld die spielüberlegene Mannschaft, aber Union zeigte eine starke kämpferische Leistung. Von Beginn an spielten die Berliner mit großem Einsatz. Nach 24 Minuten durften der Präsident und sein Vorgänger auf der Haupttribüne jubeln. Nach einer Ecke von Thomas Sobotzik beförderte Mittelstürmer Salif Keita den Ball mit dem Hinterkopf ins Tor. Die Mannschaft von Trainer Mirko Votava überzeugte zwar weniger spielerisch, aber sie verteidigte die Führung erfolgreich bis zum Spielschluss.

Großen Anteil daran hatte Robert Wulnikowski. Gleich mehrfach tauchten die Bielefelder freistehend vor Unions Torhüter auf. Auch nachdem der Bielefelder Verteidiger Marcio Borges wegen Handspiels Gelb-Rot sah, hatten die Ostwestfalen noch gute Gelegenheiten zum Ausgleich. Die spektakulärste in der 64. Minute, als der ehemalige Union-Profi Marco Küntzel unbedrängt aus zehn Metern auf das Tor der Berliner schoss. Doch Wulnikowski brachte noch seine Hand zwischen Ball und Tor.

Damit rettete er das 1:0 und vorerst auch den Job von Mirko Votava. Dem war die Anspannung deutlich anzusehen. Nach drei Unentschieden in Folge brauchte seine Mannschaft unbedingt drei Punkte, um sich vom Tabellenende zu lösen. In der Schlussphase lief Votava mit den Armen fuchtelnd an der Seitenlinie entlang, forderte den Abpfiff. Als der erfolgt war, sprintete der Trainer auf das Spielfeld und umarmte seine Spieler.

Votava lobte seine Mannschaft anschließend für ihren Kampf und ihre Leidenschaft – und bedankte sich bei den 7000 Zuschauern. Das Publikum hatte weder den Streit in der Führungsetage noch die Trainerfrage kommentiert. „Die Fans haben heute Fingerspitzengefühl gezeigt“, sagte Votava.

Mit dem Sieg rückt Union auf den vorletzten Tabellenplatz vor. Kapitän Steffen Baumgart freute sich zwar über den Sieg, fügte dann aber hinzu, dass drei Punkte eigentlich zu wenig seien: „Wir hätten heute sechs Punkte gebraucht.“ Nun folgen das DFB-Pokal-Spiel gegen Bayer Leverkusen (Mittwoch, 19 Uhr) und am Montag darauf das Heimspiel gegen Aachen – beide Gegner sind derzeit Tabellenführer. Nach dem gestrigen Sieg ist das gar keine so Furcht erregende Aussicht mehr. „Der Sieg war wichtig für unser Selbstvertrauen“, betonte Votava.

Zu den Streitereien im Hintergrund sagte er nur salomonisch: „Das Fußballgeschäft ist ein ständiges Kommen und Gehen.“

Steffen Hudemann

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