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Bekenntnis auf der Brust, Wappen auf der Wade: Unions Spieler Christopher Quiring steht den Ultras nahe.

© Matthias Koch

Unions Christopher Quiring: Ein Ultra auf dem Spielfeld

Unions Quiring hegt Sympathien für die Ultras. Das geht sogar so weit, dass er sich das Wappen der bekanntesten und größten Ultragruppierung des Vereins auf sein Wade tätowieren ließ.

Christopher Quiring hatte sich am Montagabend etwas zu hoch hinaus gewagt. Das wurde dem jungen Mann wohl im dem Moment bewusst, als er wieder zurück zu den Kollegen wollte. Nach der 3:4-Niederlage seines 1. FC Union bei Eintracht Braunschweig hatte sich Quiring in die Kurve begeben, um den zahlreich mitgereisten Fans für ihre Unterstützung zu danken. Nun saß er also auf dem Zaun und kam nicht mehr problemlos runter. Erst mit fremder Hilfe gelang der sichere Abstieg.

Zuvor war Quiring von den Fans gefeiert worden, was nicht nur mit seinem Tor zum 3:4 in der Nachspielzeit zu tun hatte. Der eigentliche Grund war ein T-Shirt, das der Mittelfeldspieler nach dem Abpfiff unter seinem Trikot enthüllte. Darauf stand: „Ultras sterben nie“. Der Gruß ging an einen bestimmten Teil der Berliner Fans. Quiring sagte: „Ich habe da früher selber gestanden. Die Ultras gehören bei Union einfach dazu und sind Teil der Familie.“

Die Ultras waren in den vergangenen Wochen und Monaten Gegenstand vieler Diskussionen. Das sind jene Fans, die in den Stadien mit ihren Choreographien und Gesängen für einen Großteil der Stimmung sorgen – nicht nur bei Union. Nachdem der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball-Liga (DFL) die Einführung eines verschärften Sicherheitskonzeptes in Aussicht gestellt hatten, kam es zu heftigen Protesten aus der Ultraszene. In den Stadien der Ersten und Zweiten Liga schwiegen die Fans in Anlehnung an den 12. Dezember die ersten zwölf Minuten und zwölf Sekunden. Als DFB und DFL trotz der Proteste ihr Sicherheitskonzept an jenem Tag kaum modifiziert beschlossen, schwiegen die Ultras am letzten Wochenende in vielen Stadien über die kompletten 90 Minuten. Anderen Fans ging das zu weit, es gab Proteste gegen die Ultras. Auch Spieler und Verantwortliche beschwerten sich über die ausbleibende Stimmung. Bei Hertha BSC etwa verzichteten die Spieler aus Ärger auf den Gang in die Ostkurve.

Früher stand Quiring selbst in der Kurve

Unions Spieler bedankten sich dagegen am Montag geschlossen bei ihren Fans – obwohl die zu Beginn in Braunschweig geschwiegen hatten. „Bei uns ist die Ultraszene ein integrierter Bestandteil des Vereins“, sagt Unions Sprecher Christian Arbeit. „Alle Entscheidungen werden gemeinsam getragen, es gibt keine Abspaltungen.“ Zu Quirings Statement sagt Arbeit: „Das ist sein persönliches Bekenntnis und das darf er gern ausdrücken.“ Bei den Fans hat sich Quiring mit seiner Aktion noch beliebter gemacht, als er ohnehin schon ist. Im Internetforum wurde er als „guter Junge“ bezeichnet. Neben Kapitän Torsten Mattuschka ist der 22-Jährige einer der absoluten Fanlieblinge.

Das hängt auch mit seiner Vergangenheit zusammen. Seit der E-Jugend spielt Quiring für Union, früher stand er selbst in der Kurve. Quirings Verbundenheit geht so weit, dass er sich das Emblem des „Wuhlesyndikats“ auf die Wade tätowieren ließ. So nennt sich die bekannteste und größte Ultragruppierung beim 1. FC Union. Eine mögliche Mitgliedschaft hat Quiring aber nie bestätigt.

Im September war der Mittelfeldspieler nach dem Derby gegen Hertha BSC aufgefallen, als er sagte: „Wenn die Wessis in unserem Stadion jubeln, krieg ich das Kotzen.“ Hertha hatte 2:1 gewonnen. Seit Dienstag befinden sich die Zweitligafußballer des 1. FC Union in den Ferien. Christopher Quiring wird am Sonntag trotzdem im Stadion An der Alten Försterei anzutreffen sein. Ab 19 Uhr steht das traditionelle Weihnachtssingen an, für ihn und seinen Vater ein Pflichttermin. Dann wird er auf der Tribüne neben all den Fans stehen und singen. Ganz so wie früher.

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