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Geringe Jobzufriedenheit. Schalkes Manager Christian Heidel hat im Moment wenig Spaß an seiner neuen Aufgabe.

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Update

Unser Blog zum Bundesliga-Wochenende: FC Schalke 04: Wenigstens der Manager ist kämpferisch

Außerdem in unserem Blog: Der Hamburger SV hat mal wieder seinen Trainer entlassen und Markus Gisdol als Nachfolger von Bruno Labbadia vorgestellt.

Schalke mit viel Weitsicht - Am späten Sonntagnachmittag, als die Besetzung des Trainerpostens beim HSV offiziell noch nicht abschließend geklärt war, hat ein Witzbold bei Twitter gescherzt, die Hamburger sollten sich mal lieber beeilen, sonst würde neben Werder Bremen auch noch der FC Schalke 04 in den Poker um Markus Gisdol einsteigen. Die Schalker lagen zu diesem Zeitpunkt 1:2 bei der TSG Hoffenheim zurück und waren auf dem besten Wege, im fünften Spiel dieser Saison die fünfte Niederlage zu kassieren – was ihnen dann auch souverän gelungen ist.

Nach dem Spiel verbreiteten die Schalker – nicht ganz überraschend – einen recht niedergeschlagenen Eindruck, dabei gibt es ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit, das ihnen durchaus Hoffnungen machen könnte: Vor einem Jahr lag Borussia Mönchengladbach auf dem letzten Tabellenplatz, ebenfalls mit null Punkten aus fünf Spielen. Die Gladbacher mussten damals lesen, dass es einer Mannschaft, die nach fünf Spielen noch keinen Punkt hatte, nie zuvor gelungen war, am Saisonende noch auf einem einstelligen Tabellenplatz zu landen. Das hat die Gladbacher allerdings nicht davon abgehalten, die Saison als Tabellenvierter zu beenden und sich doch noch für die Champions League zu qualifizieren.

Das würde natürlich auch den Schalkern gefallen, aber Christian Heidel, der Manager des Klubs, kann bei solchen Gedankenspielen richtig wütend werden: „Dem einen oder anderen ist offenbar noch nicht bewusst, wo wir zurecht stehen. Wenn ich höre, dass Gladbach nach fünf Niederlagen zum Saisonstart noch in die Champions League gekommen ist, dann ist das fernab jeder Realität“, hat Schalkes Manager nach der Niederlage bei den Hoffenheimern gesagt. „Davon will ich nichts hören. Das ist genau das Problem. So einfach wird das nicht.“

Bei den Gladbachern haben sie vor einem Jahr auch nicht gedacht, dass es einfach werden würde, aber nachdem sich die Mannschaft wie aus dem Nichts in eine Negativdynamik gespielt hatte, hat sie anschließend, ebenfalls wie aus dem Nichts, die Schubumkehr mit sechs Siegen hintereinander in der Bundesliga geschafft. Zwischen diesen Phasen lag allerdings der Rücktritt von Trainer Lucien Favre und die Anstellung von Andre Schubert.
Markus Weinzierl wird bei den Schalkern nicht zurücktreten, und Schalke wird Weinzierl auch nicht zurücktreten. Aus gutem Grund. Dass der Mann in seinem Job was kann, hat er unter weitaus ungünstigeren Bedingungen beim FC Augsburg bewiesen. Weinzierl war in diesem Sommer nicht umsonst einer der begehrtesten Trainer in deutschen Landen.

Trotzdem: Wenn man sarkastisch ist, könnte man sagen, dass die Schalker vor dieser Saison sehr viel Weitsicht bewiesen haben, als sie Heidel und Weinzierl holten. Beide kennen sich mit Abstiegskampf aus. Anders als die meisten Spieler, die andere Regionen gewohnt sind. „Ich weiß, wie schwierig Abstiegskampf ist“, sagt Heidel. „Die Mannschaft nicht, weil sie es nicht kennt.“

Damit Schalkes Spielern sich an die harte Realität gewöhnen, will Heidel die aktuelle Tabelle mit Schalke auf Platz 18 ausschneiden, vergrößern und in die Kabine hängen. Das Problem ist: Bis Donnerstag ist die Mannschaft noch in einer anderen Realität unterwegs. Dann spielt sie in der Europa League, in der sie nach einem Sieg aus einem Spiel Platz eins in ihrer Vorrundengruppe belegt.

Der neue Trainer beim HSV. Markus Gisdol ersetzt Bruno Labbadia.
Der neue Trainer beim HSV. Markus Gisdol ersetzt Bruno Labbadia.

© dpa

Markus Gisdol: Der HSV versucht es mal mit einem Trainer mit Konzept

Das war's - Die Pressekonferenz mit Beiersdorfer und Gisdol ist beendet. Der neue Trainer macht insgesamt einen unaufgeregten Eindruck. "Ich halte nichts davon, große Versprechungen zu machen und hier große Dinge zu erzählen."

Abstiegskampf oder nicht? Ist das schon Abstiegskampf, wenn man nach fünf Spielen Drittletzter in der Bundesliga ist? "Ich würde nicht vom Abstiegskampf sprechen, jetzt, aktuell", antwortet Beiersdorfer. "Aber wir müssen alles tun, damit wir nicht bald vom Abstiegskampf sprechen müssen." Der Vorstandschef des HSV spricht lieber von einer "herausfordernden Situation".

Ein Trainer für die Jungen? - Gisdol wird nachgesagt, dass er gut mit jungen Spielern arbeitet. "Kann ich nicht bestätigen", sagt er. Die Bereitschaft der Spieler ist wichtiger als ihr Alter.

Mehr Geduld und Gelassenheit - Gisdol wünscht sich mehr Geduld und Gelassenheit im Sport - da ist er beim HSV natürlich genau beim richtigen Verein gelandet.

Floskeln von Beiersdorfer - Von HSV-Sportchef Beiersdorfer kommt wenig Substanzielles: "Ich sehe sehr positiv in die Zukunft."

Gute Nachricht für Hertha BSC - Gisdol sagt: "Es wird in den nächsten Tagen und Wochen keine Wunderdinge geben." Am Samstag spielen die Hamburger bei Hertha BSC im Berliner Olympiastadion.

Viel Erfolg, Kollege! Bruno Labbadia (rechts) macht beim HSV für Markus Gisdol Platz.
Viel Erfolg, Kollege! Bruno Labbadia (rechts) macht beim HSV für Markus Gisdol Platz.

© imago/Sven Simon

Markus Gisdol: "Der HSV ist ein total geiler Klub"

Nur keine Angst - Gisdol wird gefragt, ob er nicht gezuckt habe, als das Angebot vom HSV kam. "Ich habe schon gezuckt, aber aus Freude. Ich habe totale Lust. Der HSV ist ein total geiler Klub."

Vertragslaufzeit spielt keine Rolle - "Ich arbeite immer so, als ob ich einen unbefristeten Vertrag habe", sagt Gisdol.

Hamburg statt Bremen - Gisdol äußert sich zu seiner neuen Aufgabe: "Es ist eine große Herausforderung und ein unglaublicher Reiz. Ich habe große Lust auf die Mannschaft." Zum Stand der Verhandlungen mit Werder Bremen will er sich nicht äußern. "Die Strahlkraft von Hamburg hat dazu beigetragen, dass ich mich für den HSV entschieden habe."

"Gisdol passt ideal." - Beiersdorfer hat als Chef das erste Wort: "Gisdol passt ideal zu unserem Kader und zu unserer Mannschaft. Er wird mit seiner Spielphilosophie einen Schub auslösen." Ursprünglich sollte der neue Trainer für zwei Jahre unterschreiben. Auf Gisdols Wunsch gab es einen Einjahresvertrag. Ein Jahr beim HSV ist ja auch wie zwei bei einem normalen Verein.

Gisdol stellt sich - Im Hamburger Volksparkstadion beginnt jetzt die Pressekonferenz mit dem neuen Trainer Markus Gisdol.

Gisdols Plus: Er hat Erfahrung im Abstiegskampf - Einen kleinen Triumph hat die Entlassung von Bruno Labbadia den Anhängern des Hamburger SV dann doch noch bereitet. Die schnelle Entscheidung in dieser Personalie hat dazu geführt, dass Markus Gisdol nun neuer Trainer beim HSV wird – und nicht beim ungeliebten Erzrivalen Werder Bremen, der gerade ebenfalls nach einem neuen Chefcoach fahndet und sich nun wieder umorientieren muss. Ob man daraus den Schluss ziehen kann, dass der HSV immer noch die größere Nummer ist als Werder – das darf jeder für sich selbst entscheiden.

Gisdol ist seit seiner Entlassung bei der TSG Hoffenheim vor elf Monaten so etwas wie die stille Reserve des deutschen Fußballs. Bei jedem Verein, der einen neuen Trainer mit Konzept suchte, wurde sein Name genannt. Den Zuschlag hat jetzt der Hamburger SV bekommen – was dafür spricht, dass Gisdol nach einem knappen Jahr in der Arbeitslosigkeit jetzt auch nicht mehr ganz so wählerisch sein kann. Für die Hamburg-Ausgabe der „Bild“ ist der 47-Jährige „Deutschlands mutigster Trainer“ – weil er sich den HSV antut. Sein Vertrag gilt erst einmal nur bis zum Ende der Saison. Um halb vier heute wird er sein erstes Training leiten, für halb zwei ist die offizielle Vorstellung angesetzt (mehr auch an dieser Stelle).

In Hoffenheim hat Gisdol ganz zu Beginn seiner Amtszeit auf recht beeindruckende Weise den Klassenerhalt geschafft. Das prädestiniert ihn natürlich auch für die Aufgabe beim Hamburger SV, noch mehr aber erhofft man sich von ihm eine strukturelle Arbeit, die den Klub nicht nur von Rettung zu Rettung trägt, sondern tatsächlich einmal entscheidend voranbringt. Die „Süddeutsche Zeitung“ sieht darin den den eigentlichen Grund für seine Anstellung: „Weil Gisdol immerhin für etwas steht.“

Hoffentlich hat das auch jemand Klaus-Michael Kühne gesagt.

Mit dem Rücken zur Wand. Auch Dietmar Beiersdorfer gerät beim Hamburger SV jetzt langsam in den Fokus der Kritik.
Mit dem Rücken zur Wand. Auch Dietmar Beiersdorfer gerät beim Hamburger SV jetzt langsam in den Fokus der Kritik.

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Dietmar Beiersdorfer: Ritter von der traurigen Gestalt

Dietmar Beiersdorfer ist das Gesicht der Misere - Die Entlassung von Bruno Labbadia hat mich an einen ähnlichen Fall erinnert, der ziemlich genau 20 Jahre zurückliegt. Der Hamburger SV hieß damals noch Borussia Mönchengladbach. Die Mannschaft war Vorletzter, hatte in der kompletten Hinrunde noch kein einziges Auswärtstor erzielt, als sie am letzten Spieltag bei den Bayern antreten musste. Schon vor dem Anpfiff machte die Nachricht die Runde, dass Trainer Bernd Krauss nach dem Spiel entlassen werden würde – egal wie es ausgehen würde. Es wurde ein knappes 1:0 der Bayern – eigentlich (siehe HSV) kein Ergebnis, das zwingend eine Trainerentlassung nach sich ziehen müsste, das aber im Fall Krauss wie bei Labbadia keine aufschiebende Wirkung mehr hatte.

So ist das eben im Fußball (und vermutlich nicht nur da): Wenn ein sportlich Verantwortlicher zu der Erkenntnis gelangt, dass ein Trainer nicht mehr der Richtige ist, darf er seine grundsätzliche Entscheidung von einzelnen Ergebnissen nicht mehr abhängig machen. Hamburgs Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer hat trotz des guten Spiels gegen die Bayern auf „die sportinhaltlichen Fakten“ verwiesen. Er habe „keine Entwicklung in unserer fußballerischen Anlage gesehen“.

Es gibt inzwischen aber auch genügend Leute, die beim HSV generell keine Entwicklung mehr sehen, zumindest keine positive, und die dafür vor allem Beiersdorfer verantwortlich machen. Es ist gerade mal zwei Jahre her, dass er als Held und Hoffnungsträger nach Hamburg zum HSV zurückgekehrt ist; seitdem aber ist er immer mehr zum Ritter von der traurigen Gestalt verkommen. Beiersdorfer erweckt bei seinen öffentlichen Auftritten den Eindruck, dass er gleich anfängt zu weinen. Zum ersten Mal ist mir das aufgefallen, als Hamburgs starker Mann im Frühjahr die Entlassung von Sportdirektor Peter Knäbel bekannt gegeben hat. Es ist vermutlich einfacher, von einem AfD-Vorstand eine Eloge auf Angela Merkel einzufordern, als von Beiersdorfer zu verlangen, Aufbruchstimmung zu verbreiten. Niemand verkörpert das Leiden beim HSV so schön wie Beiersdorfer, dem man quasi beim Immer-grauer-werden zusehen kann.

Spätestens mit Labbadias Entlassung rückt auch der Sportvorstand noch stärker in den Fokus der Kritik. Beiersdorfer ist mit dafür verantwortlich, dass die „Trainervernichtungsmaschine HSV“ („Bild“) wieder auf Hochtouren arbeitet. Die Kontinuität, für die Beiersdorfer stehen sollte, „erwies sich als leeres Versprechen“ („Süddeutsche Zeitung“), seit der Rückkehr des Sportchefs sind 30 neue Spieler für insgesamt 87 Millionen Euro (Quelle: FAZ) zum HSV gekommen.

Für „Spiegel online“ ist Beiersdorfer „längst zum Gesicht für die nicht endende Misere des HSV geworden. Als er vor zwei Jahren ins Amt kam, sollte endlich alles besser werden. Der Fußball, die Außendarstellung, es sollte Kontinuität einziehen. Beiersdorfers Bilanz ist dramatisch. Er hat zwei Sportchefs und nun schon den dritten Trainer verschlissen, hat den Verein in die Abhängigkeit von Geldgeber Klaus-Michael Kühne manövriert und lässt sich von ihm die Erwartungshaltung diktieren.“ Und weiter: „Beiersdorfer reiht sich nahtlos in die Riege seiner uninspirierten Vorgänger ein. Wer führen will, muss Emotionen wecken. Das schaffte er mit seinem blutleeren Wirken nie. Ein glückloser Trainer ist das eine Problem. Ein Klubchef ohne Vision und Plan das andere, viel größere.“

Seitdem Beiersdorfer zum HSV zurückgekehrt ist, ist der Verein keinen Schritt vorangekommen. Im Gegenteil: Er hat einen wesentlichen Teil seiner Eigenständigkeit eingebüßt, hängt am Geld von Mäzen Kühne, der sich schamlos ins Tagesgeschäft einmischt und keinerlei Widerspruch von denjenigen erntet, die eigentlich für das Tagesgeschäft zuständig sind.

Der HSV: die schlechteste Mannschaft das Jahres

Labbadias Entlassung: Unwürdig und stillos - Die vielleicht spannendste Frage des Bundesligaspieltags wird vermutlich nie beantwortet werden: Wäre Bruno Labbadia beim Hamburger SV eigentlich auch entlassen worden, wenn seine Mannschaft gegen den FC Bayern zwei Minuten länger (plus Nachspielzeit) das 0:0 behauptet hätte? Vermutlich nicht. Woraus sich die Frage ergibt: Hat Dietmar Beiersdorfer, der Sportchef des Klubs, vielleicht sogar heimlich die Hand zur Faust geballt und das Tor von Joshua Kimmich zum späten 1:0 leise gefeiert?

Dieser späte Siegtreffer für die Bayern hat Beiersdorfer immerhin vor einer noch größeren Peinlichkeit bewahrt: Denn wie hätte das denn ausgesehen, wenn ein Klub seinen Trainer entlässt, der gerade als erster überhaupt in dieser Saison einen Punkt gegen die Bayern geholt hat? So aber: Vierte Niederlage im fünften Spiel, immer noch sieglos, gefangen im Tabellenkeller, keine sportliche Weiterentwicklung zu erkennen - die Gründe gegen Bruno Labbadia sind seit Sonntagmorgen zur Genüge rauf- und runtergebetet worden.

Der HSV ist die schlechteste Bundesliga-Mannschaft im Kalenderjahr 2016, sie hat in den ersten fünf Spielen dieser Saison ganze sieben Torschüsse zu Wege gebracht, erst zwei Tore geschossen und in den jüngsten drei Spielen kein einziges mehr. Da hat es jeder Trainer schwer, seinen Arbeitgeber von einer Weiterbeschäftigung zu überzeugen. Aber nicht nur wegen der Rettung des HSV vor knapp anderthalb Jahren hätte Labbadia einen anderen Umgang verdient gehabt. Entsprechend fällt das mediale Echo auf die Entlassung Labbadias aus.

#„Sieht nach Planlosigkeit aus. Nach Ungeduld und schlechtem Stil“, schreibt „Zeit online“. Auch wenn die Entscheidung sportlich richtig gewesen sei: „Die Art, wie es zur Entlassung von Bruno Labbadia kam, war stillos.“ (…) „Als Boss einen Untergebenen im Fernsehen anzuzählen – das ist unanständig.“

Ähnlich klingt es bei „Spiegel online“: „Der Rauswurf von Bruno Labbadia als Trainer des Hamburger SV ist sportlich nachvollziehbar. Doch wie der Verein sich dabei verhalten hat, ist beschämend.“ Man müsse schon tief in die Archive hinabsteigen, „um eine Trainerentlassung zu finden, bei der ein Verein ein schlechteres Bild abgegeben hat als die Hamburger jetzt bei Labbadia“. Und für die „Welt“ zeigt der Umgang mit Labbadia „die ganze Kläglichkeit des Hamburger Klubs“.

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