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Wenigstens die Frisur sitzt. Sonst läuft es für Bastian Schweinsteiger und Bayern München im Moment nicht rund.

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Update

Unser Blog zum Bundesliga-Wochenende: Ist der FC Barcelona zu groß für Bayern München?

Außerdem in unserem Blog: der verrückte Abstiegskampf, Hertha BSC auf dem Weg nach unten, Max Kruse vor dem Wechsel zum VfL Wolfsburg

16:55 Uhr: Zum Abschluss für heute noch das: Am Abend empfängt der FC Ingolstadt den 1. FC Nürnberg zum Zweitliga-Spitzenspiel. Statistisch gesehen kann dann noch nichts Außergewöhnliches passieren. In bisher sieben Zweitligaduellen haben die Ingolstädter noch nie gegen die Nürnberger gepunktet. Sollten sie hingegen wider Erwarten gewinnen, ist ihr Aufstieg in die Bundesliga praktisch nicht mehr zu verhindern. Den Relegationsplatz hätten sie dann auf jeden Fall sicher, und für Platz zwei fehlte rechnerisch noch ein einziger Punkt aus drei Spielen. Schöne Aussichten also.

16:00 Uhr: Am Ende seiner großartigen Karriere als Fußballer war Johan Cruyff noch einmal zu einer unangenehmen Entscheidung gezwungen. Weil Ajax Amsterdam den damals 36-Jährigen für zu alt befunden hatte und ihn nicht länger beschäftigen wollte, wechselte Cruyff zum verhassten Erzrivalen Feyenoord Rotterdam. Und ausgerechnet gegen Ajax erlebte Cruyff den bittersten Moment in seiner letzten Saison als Profi. Im direkten Aufeinandertreffen verlor er mit Feyenoord 3:8 gegen Ajax. Doch noch in der Kabine, so geht die Legende, wirkte Cruyff der allgemeinen Depression seiner Kollegen entgegen. Nicht auf dieses Duell mit dem großen Rivalen komme es im Kampf um den Titel an, sondern auf all die Spiele gegen die Kleinen in der Liga. Die müsse man gewinnen, wenn man Meister werden wolle. Und so kam es. Meister in Holland wurde am Ende tatsächlich Feyenoord, nicht Ajax.

Cruyff gilt in Holland als großer Fußballweiser, und dass er diesen Ruf nicht ganz zu Unrecht hat, zeigt eine aktuelle Statistik aus der deutschen Bundesliga. Die Bayern haben den Meistertitel wieder einmal lange vor Saisonende sicher, aber das nicht, weil sie ihre ärgsten Konkurrenten Wolfsburg, Gladbach, Leverkusen an die Wand gespielt haben. Sie haben vor allem die unscheinbaren Spiele gegen die Paderborns und Freiburgs verlässlich für sich entschieden. Nimmt man nur die Spiele der ersten fünf untereinander, sind die Bayern Letzter. Von 24 möglichen Punkten holten sie 9. Von acht Spielen gewannen sie zwei, drei endeten unentschieden, drei gingen verloren, das letzte am vergangenen Wochenende gegen Bayer Leverkusen (0:2). Gegen die Nummer 6 bis 18 der Tabelle hingegen haben die Münchner in 23 Spielen einen einzigen Punkt abgegeben.

Hilfe, die Bayern können nur Kleine! Vielleicht noch ein Grund, sich ein bisschen Sorgen zu machen im Hinblick auf das Hinspiel im Halbfinale der Champions Leauge. An diesem Mittwoch treten die Münchner beim FC Barcelona an. "Wir haben ein großes Herz, wir haben ein Ziel", sagte Bayerns Mittelfeldspieler Javier Martinez. "Wir werden kämpfen bis zum Tod." Immerhin scheinen sie dabei auf Robert Lewandowski setzen zu können. Der Pole hat am Montag mit einer Gesichtsmaske trainiert und hinterher zu Protokoll gegeben, dass er keine Probleme habe.

Keine Ahnung, wo ich hingehe.
Keine Ahnung, wo ich hingehe.

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15:30 Uhr: Noch einmal ein paar Gedanken zu Max Kruse respektive zu seinem Noch-Arbeitgeber Borussia Mönchengladbach: Wenn sein Vertrag eine Ausstiegsklausel enthält, hat er natürlich jedes Recht der Welt, von dieser Klausel auch Gebrauch zu machen. Wenn er zudem der Meinung ist, dass er unterbezahlt ist, steht es ihm selbstverständlich offen, sich einen Arbeitgeber zu suchen, der bereit ist, ihm mehr Geld zu zahlen. Vielleicht hat er gehofft, dass die Gladbacher von sich aus noch ein bisschen drauflegen. Als künftiger Champions-League-Teilnehmer... Aber Borussia Mönchengladbach ist dazu nicht gezwungen, schließlich hat Kruse einen gültigen Vertrag, er hat ihn eigenhändig unterschrieben - mutmaßlich sogar ohne Androhung körperlicher Gewalt. Dass die Gladbacher in dieser Angelegenheit offensichtlich nicht einmal zucken, ist mit Blick auf die Zukunft eine sehr weise Entscheidung.

Die Gladbacher gehören inzwischen zum oberen Drittel der Bundesliga, sie haben Klubs wie Hertha BSC, den Hamburger SV und Werder Bremen zum Teil deutlich hinter sich gelassen und schon jetzt die Teilnahme an den Play-offs zur Champions League sicher. Das Gehaltsniveau aber liegt immer noch deutlich unter dem von Dortmund, Schalke, auch Hamburg. Vor ein paar Wochen war in der „Sportbild“ zu lesen, wie viel die Spieler des Hamburger SV im Jahr verdienen. Man muss solchen Aufstellungen immer mit einer gewissen Skepsis begegnen, aber wenn die Schätzungen auch nur halbwegs stimmten, gibt es beim HSV zehn Spieler, die mehr bekommen, als Borussias Spitzenverdiener. Pierre-Michel Lasoggas Jahresgehalt inklusive Prämien wurde mit 3,8 Millionen Euro beziffert. Kein Wunder, dass sich Max Kruse da unterbezahlt fühlt.

Die Gladbacher sind finanziell kerngesund sind, sie haben gerade den höchsten Umsatz (130 Millionen Euro) und den zweithöchsten Gewinn (knapp 13 Millionen Euro) ihrer Vereinsgeschichte vermeldet und können in der Champions League noch einmal richtig Geld scheffeln. Trotzdem sind sie nicht bereit, verrückte Dinge zu machen. Und verrückt wäre es, Kruses Gehalt mal eben zu verdoppeln - weil sie damit auch bei anderen Leistungsträgern Begehrlichkeiten wecken würden und das gesunde Gehaltsgefüge innerhalb kürzester Zeit aus dem Lot geraten würde. Hertha, Stuttgart, Hamburg, Bremen: Beispiele dafür gibt es zur Genüge.

„Wir wollen gelernt haben aus den Fehlern anderer“, hat Borussias Sportdirektor Max Eberl dazu im Interview mit dem Tagesspiegel gesagt. „Momentan ist es so, dass unser Kader auch ohne Europapokal finanzierbar ist. Aber wenn du über fünf, sechs Jahre international dabei bist so wie Werder, wenn du diesen ominösen nächsten Schritt gehen willst, musst du wahrscheinlich auch investieren und ein Stück weit ins Risiko gehen.“ Ein Stück weit, ja, aber eben nicht unkalkulierbar.

Zum einen ist Borussia noch nicht in der Champions League. Und selbst wenn es die Gladbacher schaffen sollten: Wer garantiert ihnen, dass sie im Jahr darauf wieder dabei sind? Schalke wird in der nächsten Saison wieder angreifen, Dortmund natürlich, Wolfsburg und Leverkusen sowieso. Die Spieler aber müssten auch ohne Champions League weiter auf Champions-League-Niveau bezahlt werden.

14:45 Uhr: Ein paar aktuelle Nachrichten aus der Bundesliga: Hansi Müller ist beim VfB Stuttgart als Aufsichtsrat zurückgetreten. Der Grund: Er hat zu viel geredet. Müller hatte vor einer Woche im Fernsehen erzählt, dass Alexander Zorniger neuer Trainer des VfB werden solle. Müller sagte, er habe "ohne jedwede Absicht einen Fauxpas begangen". Das dadurch ausgelöste Medien-Echo habe besonders den VfB unnötig belastet. "Ich bedauere diesen Fehler außerordentlich und habe mich dafür auch bei den Verantwortlichen des Klubs in aller Form entschuldigt", sagte er. "Für die damit verbundene, unberechtigte Kritik am VfB Stuttgart trage ich die Verantwortung und ziehe deshalb mit meinem Rücktritt die Konsequenzen dafür." +++ Borussia Mönchengladbach hat den Vertrag mit Verteidiger Roel Brouwers um ein Jahr verlängert. Der Holländer spielt bereits seit 2007 für den Klub und kam, nachdem er zu Saisonbeginn teilweise auf der Tribüne gesessen hatte, zuletzt wieder regelmäßig zu Einsatz. "Roel ist die Zuverlässigkeit in Person und hat auch in dieser Saison wieder seinen Stellenwert in unserer Mannschaft bewiesen. Er hat sich diese Vertragsverlängerung verdient", sagte Sportdirektor Max Eberl. Und Publikumsliebling ist er auch. +++ Borussia Dortmund muss zwei Spiele auf Jakub Blaszczykowski verzichten. Der Pole hat sich beim 1:1 im Spiel bei der TSG Hoffenheim am vergangenen Wochenende einen Faserriss im Adduktorenbereich zugezogen. Er wird dem BVB damit in den Spielen gegen Hertha BSC und beim VfL Wolfsburg fehlen.

Warum Max Kruse wichtig ist für Borussia Mönchengladbach

14:00 Uhr: Es gibt zwei bemerkenswerte Phänomene in der Causa Kruse. Die erste ist, wie wenig Kruse selbst sich von der anhaltenden Aufregung um seine Person irritieren lässt. „Fakt ist, dass ich mich auf meine Leistung konzentriere“, hat er nach dem Sieg gegen Hertha BSC gesagt. „Ich habe viel gelesen in der Zeitung, aber das habe ich versucht auszublenden.“

Niemand wird bezweifeln, dass ihm das mal wieder außerordentlich gut gelungen ist. In den entscheidenden Wochen um die Champions-League-Qualifikation dreht Kruse noch einmal richtig auf. Vor einer Woche, im Spiel gegen seinen mutmaßlich künftigen Arbeitgeber Wolfsburg, erzielte er in der Nachspielzeit den Siegtreffer zum 1:0. Es war Kruses erste Tor aus dem Spiel heraus seit mehr als einem halben Jahr. Eine Woche später, gegen Hertha, traf er erneut, wieder zum 1:0. Zehn Tore hat Kruse in dieser Saison auf seinem Konto, sieben davon brachten seine Mannschaft 1:0 in Führung ein.

Doch Kruses Wert liegt nicht allein in seinen Toren begründet. Er ist viel mehr als ein reiner Vollstrecker. Er ist gewissermaßen das Schwungrad, das bei den Gladbachern das ganze System in Bewegung hält. Kruse lümmelt nicht untätig im Strafraum herum, in der Hoffnung, dass irgendwann einmal ein Ball zu ihm kommt; er ist, obwohl offiziell als Mittelstürmer geführt, überall auf dem Feld unterwegs. Er ist stets anspielbar und hält damit die Passmaschinerie der Borussia in Gang. Auch das macht ihn für den VfL Wolfsburg so interessant. „Er ist noch mal ein anderer Stürmer als die, die wir haben“, sagt dessen Manager Klaus Allofs.

Das zweite bemerkenswerte Phänomen ist daher, wie gelassen die Gladbacher Verantwortlichen mit dem wahrscheinlichen Verlust dieses Schlüsselspielers umgeben. Da wird nicht gejammert über die Finanzkraft der Konzernklubs, die der Borussia mal wieder eine Führungskraft abwerben. Da wird nicht geheult, dass der Mannschaft mal wieder eine Korsettstange wegzubrechen droht. Die Gladbacher fügen sich in die Gesetzmäßigkeiten der Branche, die sie sowieso nicht ändern können. So wie sie vor zwei Jahren von Kruses Ausstiegsklausel profitiert haben, so scheinen sie in diesem Sommer Leidtragender dieser Klausel zu sein. Aber ihr Leid wird zumindest finanziell ordentlich abgefedert. Wenn die Zahlen stimmen, die derzeit kursieren, werden sie mit Kruse innerhalb von zwei Jahren eine Rendite von fast 400 Prozent gemacht haben. Da erblassen selbst die jungdynamischen Investmentbanker der Londoner City vor Neid. Vom sportlichen Gewinn einmal ganz abgesehen. Max Kruse hat mit seinen Toren in nicht unerheblichem Maße dazu beigetragen, dass sich die Borussia zum ersten Mal seit Mitte der Neunziger wieder zwei Mal hintereinander für den Europapokal qualifiziert hat.

13:00 Uhr: Vor gut sechs Jahren habe ich ein Interview mit Armin Veh geführt, der damals gerade seit ein paar Wochen neuer Trainer beim VfL Wolfsburg und Nachfolger von Felix Magath war. Veh musste sich in jenen Wochen unter anderem mit den Folgen der überraschenden Meisterschaft herumschlagen, die der VfL ein paar Monate zuvor errungen hatte. Das sei ja Wahnsinn, hat Veh sinngemäß gesagt, alle verlangten plötzlich mehr Geld, und selbst Spieler, die noch zwei Jahre Vertrag hätten, wollten jetzt einen Siebenjahresvertrag haben.

Womit wir bei Max Kruse wären.

Der Nationalspieler von Borussia Mönchengladbach war in jüngerer Vergangenheit beim FC Schalke 04 im Gespräch; es hieß Thomas Tuchel wolle ihn unbedingt zu Borussia Dortmund holen, dann war sein Wechsel zu Bayer Leverkusen angeblich schon perfekt. In Wirklichkeit aber wird der 27-Jährige ab der neuen Saison wohl für den VfL Wolfsburg spielen. Laut „Kicker“ ist alles ausverhandelt; dass Kruse den Medizincheck bereits absolviert hat, hat er dem Sender Sport1 mehr oder weniger bestätigt: "Ich kann nicht abstreiten, dass ich da war." Und auch Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking hat sich im NDR vergleichsweise offensiv geäußert: "Wir haben in den letzten Tagen abgeklopft, unter welchen Voraussetzungen es gehen könnte, dass er eventuell zum VfL Wolfsburg wechselt. Von daher liegt der Ball jetzt bei Max Kruse."

Kruse selbst hat sich nach dem Sieg der Gladbacher in Berlin, zu dem er mit seinem zehnten Saisontor das 1:0 beigesteuert hatte, bewusst so unklar geäußert, dass eigentlich alles klar ist. Einen Vertrag habe er noch nicht unterschrieben, nirgends, sagte er. Wenn es etwas zu verkünden gebe, werde er das tun. Und weiter: „Es ist in letzter Zeit ein bisschen viel geworden um meine Person. Ich glaube, wir sollten da langsam eine Lösung finden.“ Deshalb werde er sich bald mit seinen Vertrauenspersonen zusammensetzen und entscheiden: „Was ist das Beste für mich?“ Das hörte sich nicht so an, als würde Kruse zu dem Ergebnis kommen, dass ein Verbleib bei Borussia Mönchengladbach das Beste für ihn sei.

Dass sich ein Verein wie der VfL Wolfsburg mit einem aktuellen Nationalspieler beschäftigt, ist nicht ungewöhnlich. Dieter Hecking hat dazu gesagt: Wenn ein Spieler wie Kruse auf dem Markt sei, müsse sich ein Verein wie der VfL Wolfsburg natürlich mit ihm beschäftigen. Das ist insofern interessant, als Kruses Vertrag in Mönchengladbach noch zwei Jahre läuft. Dem Vernehmen nach besitzt der Vertrag allerdings eine Klausel, die Kruse für eine Ablöse von zwölf Millionen Euro einen Wechel ermöglicht. Dass der Markt von dieser Klausel erfahren hat, ist vermutlich nicht auf eine Indiskretion von Borussia Mönchengladbach zurückzuführen.

Max Kruse ist gewissermaßen ein Meister der Ausstiegsklausel. Dank einer Ausstiegsklausel ist er vorzeitig vom FC St. Pauli zum SC Freiburg gewechselt. Dank einer Ausstiegsklausel ist er vorzeitig vom SC Freiburg zu Borussia Mönchengladbach gewechselt. Dank einer Ausstiegsklausel wird er in diesem Sommer die Gladbacher wieder verlassen.

Man kann davon ausgehen, dass Kruse nicht wegen der super Stimmung im Wolfsburger Stadion zum VfL wechseln wird. Angeblich soll er in Wolfsburg fünf Millionen Euro verdienen, das ist geschätzt das Dreifache dessen, was er bisher in Mönchengladbach bekommt. Vielleicht hat Kruse gedacht, er könnte die Gladbacher ein wenig aufschrecken, wenn stets neue Meldungen über seinen möglichen Wechsel in den Zeitungen zu lesen sind. Vielleicht hat er gedacht, der Klub würde von sich aus mit ihm über eine Anhebung seiner Bezüge reden, obwohl der Vertrag noch zwei Jahre läuft. Offensichtlich haben die Gladbacher das nicht getan.

12:00 Uhr: Zurück zum großen Ganzen, zum "Krimi im Keller", wie der "Kicker" den Abstiegskampf in der ihm eigenen Diktion bezeichnet: "Es tobt ein irrer Abstiegskampf." Seitdem die Drei-Punkte-Regelung eingeführt wurde, war der Abstand zwischen Rang 14 und Rang 18 zu diesem Zeitpunkt noch nie so gering wie in dieser Saison. Gerade mal vier Punkte liegen zwischen dem Letzten Stuttgart und dem 14. Hamburg. An beiden Mannschaft lässt sich ganz gut der Wahnsinn des Abstiegskampfes illustrieren, von dem die "FAZ" schreibt: "In diesem Abstiegskampf gibt es keinen roten Faden. (...) Trainerwechsel bringen Punkte oder auch nicht, Trainertreue wird belohnt oder auch nicht."

Der größte Unterschied zwischen dem VfB und dem HSV aktuell? Das beliebte Momentum. Während die Stuttgarter in Schalke durch ein Eigentor in der 89. Minute das Spiel verloren, gewannen die Hamburger durch einen Treffer von Gojko Kacar in der 87. Minute 3:2 in Mainz. Der HSV feierte dadurch den zweiten Sieg hintereinander, die Stuttgarter hingegen mussten einen weiteren Tiefschlag wegstecken. Der Kollege Jannick Sorgatz hat den Samstag der Stuttgarter in seinen Wellenbewegungen noch einmal rekapituliert. Hier die Platzierungen der virtuellen Blitztabelle:

1.-21. Min.: 18.

22.-39. Min.: 17.

40.-50. Min.: 16.

51.-57. Min.: 15.

58.-79. Min.: 16.

80.-88. Min.: 17.

Ab 89. Min.: 18.

Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt über den VfB: "Neun Punkte hätte der Klub in den vergangenen drei Spielen verdient gehabt, nur einer wurde gut geschrieben." Für die SZ ist Stuttgart sogar "Der beste Letzte der Geschichte". Macht das Hoffnung für den Schlussspurt? Oder glaubt man irgendwann einfach nicht mehr an das Gute, wenn immer wieder der Gestrafte ist? Stuttgart spielt jetzt zu Hause gegen Mainz und den HSV und tritt am letzten Spieltag beim SC Paderborn an. Zumindest über das Restprogramm kann sich der VfB nicht beschweren.

Taugt Pal Dardai auch für die Langstrecke?

11:00 Uhr: Kurz vor Ende des Hertha-Spiels am Sonntag kam der Kollege einer anderen Berliner Zeitung, dessen Identität hier natürlich nicht enthüllt werden kann, zu uns, um seinen Frust loszuwerden. Vercoacht, eindeutig vercoacht, sagte er, und meinte vor allem die Einwechslung von Ronny. Vercoacht ist ein großes Wort. Grundsätzlich halte ich es allerdings immer für eine fehlerhafte Entscheidung, Ronny in einem Bundesligaspiel einzusetzen, weil ich Ronny auf diesem Niveau für nicht konkurrenzfähig halte. Natürlich ist das auch eine Frage der Alternativen. Offensivkräfte zählen bei Hertha BSC inzwischen zur bedrohten Art. Vor Ronny hatte Dardai schon Änis Ben-Hatira eingewechselt, der zuvor sechs Wochen ausgefallen war. Von Ben-Hatira weiß man eigentlich, dass er nach einer solchen Ausfallzeit mindestens noch einmal die gleiche Zeit braucht, um wieder auf sein altes Niveau zu kommen und die nötige Sicherheit in seinem Spiel zu haben. Das Problem ist, dass Ben-Hatira dann überhaupt nicht mehr zum Einsatz käme, weil Verletzungspausen und Regenerationsphasen nahtlos ineinander übergehen würden.

Tatsache ist, dass Dardais Einwechslungen gegen Borussia Mönchengladbach nicht den erwünschten Effekt hatten. Aber lässt sich daraus etwas über seine Befähigung zum Cheftrainer ableiten? Nicht unbedingt. Solche Entscheidungen sind immer auch Zwängen geschuldet, die sich dem Besucher auf der Tribüne nicht zwingend erschließen.

Dardai genießt bei Herthas Anhang große Anerkennung. Seine Kreditlinie ist durch die anfänglichen Erfolge und die Fortschritte der Mannschaft zumindest in der Defensivarbeit noch einmal deutlich ausgeweitet worden. Seit Wochen gilt zudem als ausgemacht: Schafft Dardai mit Hertha den Klassenerhalt, darf er Cheftrainer bleiben. Dagegen ist erst einmal nichts einzuwenden. Aber was passiert, wenn der Schwung jetzt schon nachlässt, wenn Hertha sich nicht mit Fanfarenklängen den Verbleib in der Bundesliga sichert, sondern sich ächzend gerade noch über die Ziellinie rettet?

Immer Vollgas. Herthas Trainer Pal Dardai ist engagiert bei der Sache.
Immer Vollgas. Herthas Trainer Pal Dardai ist engagiert bei der Sache.

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Um es ehrlich zu sagen: Dardai hat mich bisher positiv überrascht, was allerdings auch daran lag, dass ich keine allzu hohen Erwartungen hatte. Vor zehn Tagen haben wir mit ihm ein längeres Interview geführt, das diesen Eindruck noch bestätigt hat. Und trotzdem kann man zumindest die Frage stellen: Ist Dardai mit seiner Art auch ein Trainer für die lange Strecke? Bisher hat er vor allem als Motivator überzeugt, die Stimmung deutlich verbessert und die Mannschaft hinter sich gebracht. Aber die Erfahrung zeigt eben auch, dass sich diese Art schnell verbraucht. Man kann das Gaspedal nicht immer bis zum Anschlag durchtreten.

10:20 Uhr: Zurück zur Mathestunde. Habe mal nachgerechnet: Mit der Qualifikation für den Europapokal wird es für Hertha schwer. Platz sechs ist nicht mehr zu erreichen. Platz sieben, der nur dann reicht, wenn Wolfsburg Pokalsieger wird, nur falls Weihnachten und Pfingsten in diesem Jahr auf einen Mittwoch fallen. Also, wenn ich mich nicht verrechnet habe, nur rein, rein, rein theoretisch noch. Werder Bremen, derzeit Siebter, hat bei neun zu vergebenden Punkten acht Punkte Vorsprung, spielt allerdings noch gegen den BVB, der sechs Punkte vor Hertha liegt. Okay, reicht mit den Rechenspielen.

Mit diesem Szenario müssen sich Hertha-Fans nun wirklich nicht mehr beschäftigen. Eher mit dem Worst Case. In den Kommentaren zu unserem Spielbericht ist eher Skepsis festzustellen. Daemmi schreibt: "Das Offensivspiel der Berliner war erneut nur zweitklassig. Hertha braucht Glück in den letzten drei Spielen." Und Berlinmitte stellt die Frage, "wie es mit der Moral bei der Hertha nach dem nächsten Spieltag aussieht". So verlockend die Aussicht ist, mit einem Sieg gegen die schwächelnden Frankfurter alle Zweifel zu beseitigen: Was passiert denn, sollte Hertha tatsächlich in Dortmund verlieren und der Abstand auf die Abstiegszone weiter geschrumpft sein? Kehren dann die Zweifel zurück? Kommt die Mannschaft mit dem zusätzlich Druck klar.

Havelzander nimmt sich sogar eine Vereinslegende zur Brust, Pal Dardai, den Rekordspieler des Vereins und bisher erfolgreichen Trainer: "Meiner Meinung ist Pal Dardai nicht ein Trainer für die langfristige Zukunft. Um in der Zukunft sicher in Liga eins zu verweilen muss ein Trainer mehr der Mannschaft beibringen können, als Zement anzurühren. Das ist deutlich zu wenig. Mit Dardai eindeutig 'höggschte Abstiegsgefahr' in der Saison 2015/2016."

9:55 Uhr: Kleiner Exkurs: Der FC Schalke 04 feiert heute übrigens seinen 111. Geburtstag. Schade, dass Schalke kein Stadtteil von Köln ist. Das wäre vielleicht ein Fest!

Hertha BSC meldet sich im Abstiegskampf zurück

9:40 Uhr: Was passiert, wenn man mit der Schwäche der Konkurrenz rechnet, sieht man am Beispiel von Hertha BSC: Es kann am Ende doch noch einmal eng werden. Ich gestehe, dass auch ich das vor vier Wochen nicht mehr für möglich gehalten hätte. Nach dem 2:0-Sieg gegen den SC Paderborn am Ostersonntag habe ich geschrieben: "Mit 32 Punkten haben die Berliner den Verbleib in der Bundesliga schon sieben Spieltag vor Schluss so gut wie sicher." Dass Herthas Trainer Pal Dardai damals gesagt hat, dass die Mannschaft nach seiner Rechnung noch vier Punkte zur Rettung brauche, habe ich für übertrieben vorsichtig gehalten. Ich war angesichts des allgemeinen Dilettantismus’ der Konkurrenz sogar der Ansicht, dass im schlimmsten Fall selbst die bereits erreichten 32 Punkte reichen sollten. Jetzt hat Hertha 34 Punkte - und nix ist fix.

Seit jenem erfolgreichen Ostersonntag hat Hertha in der Tabelle zwei Plätze (von 11 auf 13) eingebüßt, der Abstand auf den Relegationsplatz ist von sieben auf vier Punkte geschrumpft, der Vorsprung auf den ersten direkten Abstiegsplatz sogar von acht auf ebenfalls vier.

Das Abstiegsgespenst? Nein, nur John Anthony Brooks.
Das Abstiegsgespenst? Nein, nur John Anthony Brooks.

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Tun wir also einfach mal das, was man als Verein in dieser Situation nicht tun sollte: rechnen. Drei Spiele sind es noch. Hertha spielt in Dortmund, zu Hause gegen Frankfurt und am letzten Spieltag in Hoffenheim. Sollte Hertha alle drei Spiele verlieren, wird es vermutlich nicht reichen. Pal Dardai glaubt, dass noch ein Sieg zum Klassenerhalt vonnöten ist. Das scheint mir eine verlässliche Rechnung zu sein. In Dortmund haben die Berliner zuletzt zwei Mal hintereinander gewonnen, allerdings ist der BVB in diesen Jürgen-Klopp-Festspielwochen nicht mehr der BVB, der sich Anfang Dezember im Olympiastadion zu einem 0:1 gestümpert hat. Die Dortmunder wollen ihrem scheidenen Trainer einen rühmlichen Abschied bereiten, sie streben mit Macht nach Platz sieben, der ihnen - falls sie das Pokalfinale gegen den VfL Wolfsburg verlören - die Teilnahme am Europapokal bescherte.

Ähnlich sieht die Situation bei den Hoffenheimern aus, die die Chance haben, sich erstmals in ihrer ruhmreichen 116-jährigen Vereinsgeschichte für einen europäischen Wettbewerb zu qualifizieren. Auf einen lauen Saisonabschiedskick in Sinsheim sollten sich die Berliner - Stand heute - also lieber nicht verlassen.

Da trifft es sich gut, dass Hertha mit dem Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt gewissermaßen noch ein Freilos hat. Die Frankfurter haben weder Ambitionen nach oben noch nach unten. Und so spielen sie auch. Seitdem Alex Meier verletzt fehlt, haben sie in vier Spielen exakt null Tore geschossen. Der geschätzte Kollege Peter Ahrens hat schon getwittert: „Wenn die Saison zwei Spieltage mehr hätte, stünde Frankfurt als Absteiger fest.“ Das trifft sich mit dem Ergebnis meines Tabellenrechners. Er weist die Eintracht nach dem 34. Spieltag als Tabellenfünfzehnten aus, mit 36 Punkten. Genauso viel haben die Frankfurter schon jetzt.

Verrückter Abstiegskampf: Wen erwischt es am Ende?

9:00 Uhr: Ich muss etwas beichten: Ich habe es getan. Zum ersten Mal in meinem Leben. Aber nur aus beruflichem Interesse, versteht sich. Ich habe zum ersten Mal den Tabellenrechner betätigt. Und kann hier und heute das amtliche Endergebnis der Saison 2014/15 der Fußball-Bundesliga verkünden: Deutscher Meister 2015 ist der FC Bayern München! Kleiner Scherz. Nein, die Absteiger sind: der SC Freiburg und der SC Paderborn. Eine letzte Chance in der Relegation erhält der VfB Stuttgart. So weit das Resultat meines kleinen Rechen-Experiments.

Köpfe runter. Der VfB Stuttgart musste am Wochenende eine bittere Niederlage wegstecken.
Köpfe runter. Der VfB Stuttgart musste am Wochenende eine bittere Niederlage wegstecken.

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Was das bedeutet? Nichts! Rein gar nichts! Wahrscheinlich hätte ich die Ergebnisse der letzten drei Spieltag auch auswürfeln können, anstatt auf meine unermessliche Kompetenz in Fußballfragen zu vertrauen. Im Abstiegskampf kommt es sowieso anders, als man denkt. Da gewinnt der SC Paderborn plötzlich wieder, holt sieben Punkte aus den jüngsten vier Spielen und ist unaufhaltsam auf dem Weg ins Tabellenmittelfeld. Da schafft der HSV, die amtlich geprüfte Lachnummer der Liga, plötzlich zwei Siege am Stück. Da holen die taumelnden Hannoveraner einen Punkt beim Tabellenzweiten Wolfsburg, obwohl sie zur Pause schon 0:2 zurückgelegen haben - und stürzen trotzdem auf einen Abstiegsplatz, zum ersten Mal seit fünf Jahren.

Das Gegenbeispiel ist der VfB Stuttgart, von dem ich seit Wochen sage: Die packen das. Die Stuttgarter sind ja tatsächlich von allen Abstiegskandidaten die Mannschaft, die fußballerisch derzeit noch am meisten überzeugt. Nur, was nutzt das? Die Stuttgarter sind wieder und immer noch Tabellenletzter und das Team, das derzeit die meisten Nackenschläge wegstecken muss. Gegen Freiburg führte der VfB im eigenen Stadion 2:0 - und musste sich am Ende mit einem 2:2 zufrieden geben. In Schalke drehten die Stuttgarter das Spiel, machten aus einem 0:1 ein 2:1 und verloren doch noch 2:3.

Jetzt spielt der VfB gleich zwei Mal zu Hause, gegen Mainz und den HSV. Schön für den VfB - auf den ersten Blick. Auf den zweiten ist der VfB leider die schwächste Heimmannschaft der Liga. Aber eigentlich ist es sowieso egal, ob man zu Hause spielt oder auswärts, gegen leichte oder schwere Gegner. Es gibt im Abstiegskampf ein paar Regeln, die man beherzigen sollte: nicht rechnen und nicht auf die Schwächen der Konkurrenz setzen. Denn die gewinnt bestimmt genau dann ein Spiel, wenn niemand damit rechnet.

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