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UNSERE Experten: Ein Ball spielt verrückt

Mit ein paar Monaten Verspätung wird nun auch der Rest der Fußballwelt von der Diskussion um den WM-Ball Jabulani eingeholt. Wir in Deutschland sind ja seit Monaten vertraut mit bizarr anzusehenden Gegentoren, bei denen der Ball seltsame Dinge tut, der Torwart wie betrunken am Ball vorbeispringt und dabei bemerkenswert dämlich aussieht.

Mit ein paar Monaten Verspätung wird nun auch der Rest der Fußballwelt von der Diskussion um den WM-Ball Jabulani eingeholt. Wir in Deutschland sind ja seit Monaten vertraut mit bizarr anzusehenden Gegentoren, bei denen der Ball seltsame Dinge tut, der Torwart wie betrunken am Ball vorbeispringt und dabei bemerkenswert dämlich aussieht. Selbstredend macht die Presse die bedauernswerte Fachkraft zwischen den Pfosten anschließend verbal zur Wurst. Das ist ja ihr Job.

Ich habe zu denen gehört, die anfangs prustend auf den Fernseher zeigten, wenn dort wieder mal zu sehen war, wie Jens Lehmann oder Jörg Butt an einem einfach aussehenden Schuss vorbeiflogen und alles anschließend auf die Flugbahn des Balles schoben. Alberne Ausreden, dachten wir alle, und fanden das Verhalten der Torhüter unwürdig und billig.

Nachdem aber die Zahl derartiger Flutschfinger-Highlights immer weiter zunahm und nun auch bei der WM ein beachtliches Maß erreicht hat, habe ich einen anderen Eindruck gewonnen, der sich noch erhärtet hat, nachdem ich mich kürzlich mit einem Bundesliga- Torwart über den Jabulani unterhalten habe. Der Mann, auch ein Flatterball-Opfer, sagte mir: „Man kann als Torwart einfach nichts machen, wenn so ein Ball in den letzten fünf Metern plötzlich ohne erkennbaren Grund noch einmal einen halben Meter nach links oder rechts zieht!“ Also begann ich, Torhüterverhalten und Flugbahnen genauer anzuschauen, und ich bin nun voll und ganz auf Seiten der vermeintlichen Fliegenfänger. Dieser Ball tut Dinge, die ein Ball nicht tun sollte: Er dreht ab, fällt plötzlich runter, fliegt weiter, als er eigentlich können kann, trotzt allen Effet-Versuchen und landet im Tor, obwohl der Schütze alles falsch und der Torwart eigentlich alles richtig gemacht hat. Sicher, es fallen manchmal mehr Tore. Aber will man das? Dann könnte man auch den Torhütern die Arme auf dem Rücken zusammenbinden.

Ich möchte einen Ball, der das tut, was der Schütze beim Schuss wirklich vorhatte. Ich möchte, dass Schützen für gute Schusstechnik belohnt werden und Torhüter für gute Paraden. Im Augenblick ist es umgekehrt: Stürmer werden mit Traumtoren für verunglückte Schüsse belohnt und Torhüter mit Gegentoren für korrektes Stellungsspiel bestraft. Am fragwürdigsten sind die Rechtfertigungsversuche der Ball-Entwickler. Sie halten den klagenden Torhütern vor, dass der Ball im Labor getestet und in Ordnung sei und die Torhüter einfach nur keine Lust hätten, sich besser auf ihn einzustellen. Das mutet an wie die trotzigen Hersteller eines Babybreis, den kein Kind essen mag. Nach dem Motto: „Die Kinder kriegen das Zeug nicht runter, aber wir haben den Brei getestet: Er MUSS schmecken!“

Arnd Zeigler ist Moderator und kommentiert im Wechsel mit Marcel Reif, Philipp Köster, Michael Oenning und Fredi Bobic die WM.

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