zum Hauptinhalt

UNSERE Experten: Wenn schon ausscheiden, dann tragisch

Und dann lässt er sich auch noch feiern, dieser Luis Suarez. Eigentlich gehört er nicht nur fürs nächste Spiel gesperrt, sondern auch fürs etwaige Finale, nicht so wie die Fifa es jetzt entschieden hat.

Und dann lässt er sich auch noch feiern, dieser Luis Suarez. Eigentlich gehört er nicht nur fürs nächste Spiel gesperrt, sondern auch fürs etwaige Finale, nicht so wie die Fifa es jetzt entschieden hat. Luis Suarez hat Ghana betrogen. Und den Geschichtsbüchern einen Eintrag mit tragischen Dimensionen verschafft. Was Ghana am Ende doch zu einem großen Sieger werden lässt.

Waren die Holländer große Sieger? Wohl eher glückliche. Dass die Mannschaft harmoniert, habe ich nicht erkennen können. Dass sie Leidenschaft in sich trägt, auch nicht. Wenn man sich anschaut, wie Robin van Persie vom Platz gegangen ist, so nüchtern, so ohne Anteilnahme, dann spiegelt das die Emotionslosigkeit dieser niederländischen Mannschaft. Die, das muss man wohl so sagen, nur mit viel Glück die Brasilianer aus dem Turnier gekegelt hat. Aus dem Spiel heraus war nicht viel Klasse zu sehen. Den richtigen Fußball, den Wesley Sneijder gegen große Mannschaften versprochen hatte, den haben sie immer noch nicht gespielt. Gleichwohl kann ich mir nicht vorstellen, dass sie das Finale noch verpassen.

Etwas überrascht hat mich die Kopflosigkeit der Brasilianer, die völlig aufgelöst nach dem Gegentreffer herumrannten. Gerade so, als hätten sie die Möglichkeit, auch mal einen Gegentreffer zu kassieren, nie in Betracht gezogen. Aber die ist nun mal immer da, unverständlich, dass die Brasilianer dann komplett ihren Aggregatzustand verloren, und ihre Ordnung auch.

Lucio rennt vogelwild kreuz und quer, Alves muss auf einmal den Mittelfeldmotor geben, was er allenfalls stotternd kann, Maicon macht es Lucio nach, und alle, alle agierten komplett planlos.

Allerdings, wer sich nach so einer dominanten ersten Halbzeit derart aus dem Konzept bringen lässt, der hat auch nichts im Finale zu suchen, nicht einmal im Halbfinale. Dass sie dann noch die Nerven und Felipe Melo nach brutalstem Tritt verlieren, war nur folgerichtig und passt ins Gesamtbild.

Im Übrigen auch ins Bild der Brasilianer bei dem gesamten Turnier. Das dürfte wohl mindestens auf eine heftige Diskussion um Trainer Carlos Dunga hinauslaufen, wahrscheinlicher auf seine Demission. Denn doppelt versagen, uninspiriert spielen und auch noch verlieren, das ist dann doch etwas viel für verwöhnte brasilianische Fußballseelen. Die sind nun geplagte Seelen.

Geplagt, wie die ghanaischen. Aber die können sich wenigstens noch mit der Größe der Tragik trösten.

Michael Oenning seit dieser Saison Kotrainer beim Hamburger SV. Hier kommentiert er im Wechsel mit Marcel Reif, Arnd Zeigler, Philipp Köster und Fredi Bobic die WM.

Alle Kolumnen unter

www.tagesspiegel.de/wm2010.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false