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Der Ball ist wieder sein Freund. Die Rückkehr von Tiger Woods elektrisiert die Anhänger. Unter den Golfkollegen gibt es unterschiedliche Stimmen.

© Andrew Redington/AFP

US-Masters im Golf: Tiger Woods ist wieder da

Tiger Woods war in der Weltrangliste aus den Top 1000 gerutscht und fiel nur noch durch Skandale auf. Jetzt ist er wieder da – und gilt beim US-Masters als Favorit.

In der Fernsehserie „The Walking Dead“ kämpfen Menschen in einer postapokalyptischen Welt gegen Zombies ums Überleben. Nun ist Tiger Woods beileibe kein laufender Toter, auch wenn er sich in den vergangenen Jahren nach etlichen Rückenoperationen und privaten Skandalen zuweilen so gefühlt haben mag. Der US-Golfstar bezeichnete sich vor dem Start des 82. US-Masters aber selbst zumindest mal als „laufendes Wunder“. Und das trifft es ziemlich gut, denn eigentlich war jede Hoffnung bei Tiger Woods vergebens. „Wo ist das Licht am Ende des Tunnels?“, hatte er vor drei Jahren mal gefragt. 2016 war er gesundheitlich derart angeschlagen, dass er große Mühe hatte, überhaupt aus dem Bett zu kommen. Und noch im September des vergangenen Jahres erklärte er: „Ich mache derzeit nichts, das irgendwie mit Golf zu tun hat.“

Ab Donnerstag geht eben dieser Tiger Woods als einer der Mitfavoriten auf den Sieg beim wichtigsten Golfturnier der Welt an den Start. Bei den Buchmachern steht er höher im Kurs als Jordan Spieth, der in den vergangenen drei Jahren als einziger Profi mehrfach bei Major-Turnieren triumphieren konnte. „Das ist schon irgendwie komisch. Vor sechs Monaten wurde noch gewettet, dass ich gar nicht spielen werde“, sagte Woods. Seit ein paar Wochen schlägt der 42-Jährige nun wieder auf der US-Profitour ab, und der Hype um seine Person kennt keine Grenzen. Erst recht, seit er Anfang März bei der Valspar Championship Zweiter wurde und diese Leistung eine Woche später bei der Arnold Palmer Invitational mit Rang fünf bestätigte.

Der Golfsport, der ohne den Überspieler Woods zuletzt in einer Krise steckte, wittert wieder Morgenluft. Die Einschaltquoten in den USA waren bei der Valspar Championship teilweise so hoch wie seit über einem Jahrzehnt nicht mehr – und das bei einem eher kleinen Turnier. Wie groß das Interesse in dieser Woche sein wird, sollte Woods tatsächlich um den Sieg mitspielen können, lässt sich leicht ausmalen.

Schon bei seinem Training im Augusta National Golf Club schauten am Montag tausende Fans zu. „Wenn Tiger auf den Platz kommt, ist die Vorfreude und Aufregung unter den Zuschauern zu spüren“, sagte Olympiasieger Justin Rose. Und bei den Profis? „Wäre es nicht cool, den besten Spieler aller Zeiten zu besiegen?“, fragte Jordan Spieth stellvertretend für viele andere.

Der Tiger Woods aus dem Frühjahr 2018 gibt sich geläutert

Aber es gibt auch andere Stimmen, eher leisere. Von Spielern, denen es mit dem Tiger-Wahn schon zu dessen Hochzeiten zu viel wurde. Die daran erinnern, dass Woods bei den Kollegen alles andere als beliebt war. Arrogant, herablassend, unnahbar – das sind Adjektive, die auch zum Ausnahmegolfer gehören. Zuletzt füllte Woods nur noch die Klatschspalten der Boulevardpresse: Sexsucht, Medikamenten- und Alkoholabhängigkeit, dazu die Scheidung von seiner Frau Elin Nordgren. Kürzlich ist in den USA eine neue Biografie über ihn erschienen. Darin zeichnen die Autoren Jeff Benedict und Armen Keteyian das Bild eines Menschen, der nur eine Sache wirklich beherrscht – und deswegen zwangsläufig in allen anderen Lebensbereichen scheitern muss.

Der Tiger Woods aus dem Frühjahr 2018 gibt sich geläutert, er lächelt mehr als früher, scherzt mit den Kollegen auf dem Platz. „Ich habe eine zweite Chance im Leben bekommen“, sagt er. Zumindest auf dem Golfplatz scheint er sie nutzen zu wollen. Wohl wissend, dass er den Zenit seiner Karriere mit insgesamt 106 Turniersiegen und 14 Major- Triumphen bereits hinter sich hat. Trotzdem ist da noch das Feuer, dieser unbedingte Ehrgeiz, der Beste zu sein. Fünf offizielle Turniere hat er seit seinem Comeback gespielt, nur einmal verpasste er den Cut. Sonst war er nie schlechter als 23. – ganz ordentlich für einen Spieler, der in der Weltrangliste zwischenzeitlich aus den Top 1000 gerutscht war und auch jetzt nur auf Rang 103 geführt wird.

„Ich werde von Woche zu Woche besser. So langsam fügen sich die Teile zusammen“, sagte er vor dem Masters. In Augusta hat Woods viermal gewonnen, der letzte Sieg liegt allerdings 13 Jahre zurück. Sein letzter Erfolg bei einem der großen vier Turniere datiert aus der Saison 2008. Auch auf der regulären Tour wartet er schon viereinhalb Jahre auf einen Triumph. Sollte er sich ausgerechnet in Augusta zurückmelden? An Selbstvertrauen mangelt es nicht. „Ich bin hier, um zu gewinnen“, sagte er im Vorfeld der mit elf Millionen US-Dollar dotierten Veranstaltung. Selbst wenn ihm das auf dem Golfplatz nicht gelingen sollte, so ist allein seine Teilnahme schon ein Sieg – vielleicht ist es sogar ein größerer, als sich Tiger Woods das selbst eingestehen mag.

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