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© GETTY IMAGES NORTH AMERICA

US Open: Dinara Safina: Am Druck zerbrochen

Die Weltranglistenerste Dinara Safina musste sich in den vergangenen Wochen oft für ihren fehlenden Grand-Slam-Sieg rechtfertigen. Mit den hohen Erwartungen konnte sie nun offenbar nicht mehr umgehen: Die Russin verlor bereits in der dritten Runde der US Open.

Um 1.30 Uhr war Dinara Safina noch immer nicht auffindbar. Niemand wusste, wohin die Russin nach ihrem Match verschwunden war, dabei sollte sie sich noch den ausharrenden Medienvertretern stellen. Doch Dinara Safina hatte einen ziemlich guten Grund, darauf in der Nacht zum Sonntag nicht mehr viel Lust zu haben. Die Nummer eins der Tennisweltrangliste hatte drei Matchbälle vergeben – und verloren. In der dritten Runde der US Open. Gegen die unbekannte Petra Kvitova aus Tschechien. Damit bestätigte sie all ihre Kritiker, die ihr vorgeworfen hatten, sie sei keine würdige Weltranglistenerste, da sie bisher kein Grand-Slam-Turnier gewinnen konnte.

Das wird Dinara Safina auch in diesem Jahr nicht mehr schaffen. In der 4:6, 6:2, 6:7(5:7)-Niederlage fand ein äußerst wackeliger Auftritt der 23-Jährigen in New York sein dramatisches Ende. Bereits in den ersten beiden Runden hatte die Weltranglistenerste zweimal kurz vor der Niederlage gestanden. Schon die 18-jährige Australierin Olivia Rogowska und dann die deutsche Kristina Barrois hatten der vermeintlich besten Tennisspielerin der Welt einige Probleme bereitet.

Als Safina um kurz nach zwei Uhr morgens mit verweinten Augen doch noch auftauchte, sprach sie zunächst von ihrer großen Enttäuschung und dann von ihrem Ärger darüber, dass sie nicht im Arthur-Ashe-Stadium hatte spielen dürfen. Ihr Spiel war ins kleinere Louis-Armstrong-Stadium verlegt worden, weil die Day-Session, in der Andy Roddick überraschend 6:7 (3:7), 3:6, 6:3, 7:5, 6:7(5:7) gegen seinen Landsmann John Isner verlor, bis viertel nach neun gedauert hatte und die Veranstalter lieber den Amerikaner James Blake gegen Tommy Robredo auf dem Center Court haben wollten.

„Ich finde es nicht fair, dass so mit uns umgegangen wird“, sagte Safina. „Ich meine, ich bin immerhin die Nummer eins der Welt.“ Genau dafür hatte sich die Russin zuletzt jedoch ständig rechtfertigen müssen, obwohl sie schon seit 20 Wochen an der Spitze steht und dort auch bleiben wird, ganz gleich wer die US Open gewinnt. „Wenn ich im Ranking oben stehe, dann bin ich die Nummer eins, so einfach ist das“, sagte sie genervt. Die ständigen Fragen haben Spuren hinterlassen. Es sieht nicht so aus, als habe Dinara Safina derzeit besonders viel Spaß bei der Ausübung ihres Berufes. Sie wirkt extrem angespannt, vor allem auf dem Platz.

Lediglich zwölf direkte Punktgewinne gelangen ihr am Samstag, dafür servierte sie aber neun Doppelfehler. Der ständige Blick zu ihrem Trainer Zeljko Krajan verdeutlichte ihre Verunsicherung. Safina scheint mit dem extremen Druck, sich ständig beweisen zu müssen, nicht umgehen zu können. „Ich habe heute auf dem Platz genau das Gegenteil von dem gemacht, was ich mir vorgenommen hatte“, sagte Safina. „Ich bin so angespannt, wenn ich da raus gehe.“ Zuletzt war diese Anspannung immer erst gegen Ende des Turniers deutlich geworden. Dreimal stand Safina nun in einem Grand-Slam-Finale, und alle drei Endspiele verlor sie. Und das deutlich: Bei den Australian Open 0:6, 3:6 gegen Serena Williams, bei den French Open 4:6, 2:6 gegen Swetlana Kusnezowa. In Wimbledon holte Safina im Halbfinale gegen Venus Williams sogar nur ein einziges Spiel.

In den ersten Runden hatte Safina auch in New York immerhin die mentale Stärke bewiesen, die Spiele noch zu drehen. So sah es auch am Samstag lange aus, doch zu unsicher war die Russin am Ende. Und die Unerschrockenheit ihrer Gegnerin kam noch hinzu: Kvitova gelangen 47 direkte Punktgewinne, und sie zeigte in den entscheidenden Situationen keine Nerven. Safina hingegen zerbrach letztlich an ihrer Nervenschwäche und an den hohen Erwartungen. „Hört auf, es ihr so schwer zu machen“, hatte ihr älterer Bruder Marat Safin, der bereits in der ersten Runde ausschied und seine Karriere Ende des Jahres beenden wird, vor ein paar Tagen gesagt. „Sie muss einfach rausgehen und etwas Spaß haben.“

Diesen Spaß scheint Safina gänzlich verloren zu haben. Ob es nicht vielleicht eine Erleichterung wäre, nicht mehr an der Spitze zu stehen, wurde sie gefragt. „Wieso sollte das eine Erleichterung sein, es war doch immer mein Traum“, antwortete sie und sah doch ein wenig erleichtert aus, nun erst einmal keinen Druck mehr zu haben.

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