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Vandenbroucke tot aufgefunden: Aufhören konnte er nicht

Der belgische Radprofi Frank Vandenbroucke ist am Montag leblos in einem Hotelzimmer in Senegal aufgefunden worden. Seine Geschichte weckt Erinnerungen an Marco Pantani.

Im Tod sind alle Menschen gleich, sagt man. Wie die Lebenden auf eine Todesnachricht reagieren, hängt aber davon ab, auf welche Weise der Verstorbene gelebt hat. Am Leben des Frank Vandenbroucke haben nicht nur im Radsportland Belgien viele Menschen viele Jahre lang Anteil genommen, und so ist es nun auch nach seinem Tod. Am Montagnachmittag ist der Radprofi leblos in einem Hotelzimmer im Badeort Saly in Senegal aufgefunden worden, wo er seit vergangenen Sonntag Urlaub gemacht hat. Vandenbroucke wurde 34 Jahre alt. Laut „L’Équipe“ wurden an seinem Bett Insulin, das Schlafmittel Stilknox und das bei Angststörungen verwendete Mittel Xanax gefunden. Mutmaßliche Todesursache ist eine Lungenembolie, es wird eine Obduktion geben. Belgische Medien berichten, dass Vandenbroucke abends mit einer Frau unterwegs und betrunken gewesen sein soll.

Von einer „Tragödie à la Pantani“ schreibt die Zeitung „La Gazzetta dello Sport“. Pantani, der wie Vandenbroucke an Depressionen litt, starb 2004 in einem Hotel in Rimini. Neben seinem Bett lagen Antidepressiva-Schachteln, Todesursache war eine Überdosis Kokain. „Man denkt automatisch an Pantani“, sagte Vandenbrouckes Onkel Jean-Luc, einst selbst erfolgreicher Radprofi. Vandenbrouckes Mutter hatte noch nach seiner Ankunft mit ihm gesprochen. „Er war fröhlich. Ich schwebte wie auf Wolken, dass wir nach zehn harten Jahren unseren Sohn zurückgewonnen hatten. Ich bin erschüttert“, sagte sie der Zeitung „Het Nieuwsblad“.

Mindestens die vergangenen zehn Jahre im Leben des Frank Vandenbroucke, der von aller Welt „VDB“ genannt wurde, waren ein steter und verzweifelter Kampf um Anerkennung. Das große Talent Vandenbrouckes weckte große Erwartungen, die er in den Jahren 1998 und 1999 mit Siegen bei Rennen wie Paris-Nizza oder dem Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich auch erfüllte. Es sollten seine größten Erfolge bleiben. Anders als Marco Pantani, der den Giro d''Italia und die Tour de France gewann, wurde Vandenbroucke kein internationaler Sportheld, fortan ging es vor allem um seine Probleme. Noch 1999 suspendierte ihn das Cofidis-Team in der Dopingaffäre um den „Dr. Mabuse“ genannten Arzt Bernard Sainz. Als Vandenbroucke wieder fahren durfte, sagte er viele Starts einfach ab. 2002 wurde er nach dem Fund von Dopingmitteln bei einer Hausdurchsuchung erneut gesperrt. Er gab an, dass das Clenbuterol für seinen Hund gewesen sei und das Blutdopingmittel Epo „aus einer anderen Zeit seines Lebens“ – er meinte damit das zweite Leben, das viele Radprofis führen. Danach wanderte er von Team zu Team und versuchte trotz weiterer Dopingverfahren immer wieder einen Neuanfang. Aufhören konnte er nicht mit dem Einzigen, in dem er richtig gut war.

Mindestens einmal unternahm Vandenbroucke, der immer wieder in psychiatrischer Behandlung war, einen Selbstmordversuch, als sich seine zweite Frau von ihm trennen wollte. Vor zwei Jahren erschien seine Autobiographie mit dem Titel „Ich bin nicht Gott“, in der er Epo-Doping zugab. Seine Siege seien „ehrlich“ gewesen, weil alle „mit den gleichen Waffen“ gekämpft hätten.

Frank Vandenbroucke fuhr zuletzt für kleinere Mannschaften und war aktuell ohne Vertrag. Für das nächste Jahr hatte er noch kein Team gefunden.

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