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Sport: Vereint in der Wut

In Stuttgart bleibt Labbadia ein Trainer auf Abruf.

Stuttgart - Wo sich Stuttgarts Präsident am Vormittag aufhielt, ist nicht überliefert. Es ist zu vermuten, dass Gerd Mäuser bei Aufsichtsratschef und Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt zu Besuch war, um die Lage nach dem emotionalen Ausbruch seines Cheftrainers Bruno Labbadia vom Vorabend zu besprechen. Labbadia hatte nach dem 2:2 gegen Bayer Leverkusen zu einer umfassenden Medienschelte ausgeholt, allerdings auch die Vereinsführung angegriffen. „Ich kann den emotionalen Ausbruch unseres Trainers absolut nachvollziehen und bin inhaltlich und in der Sache völlig bei ihm. Allein die Wortwahl in der letzten Passage hätte ich mir anders gewünscht“, ließ Mäuser mitteilen. Gleichzeitig sickerte aus Vereinskreisen durch, Labbadia müsse trotz der weiterhin sportlich prekären Lage beim Tabellen-15. zumindest bis zum nächsten Ligaspiel in 14 Tagen beim Hamburger SV nicht um seinen Job fürchten.

Vielmehr sei der Präsident über Labbadias Wutrede hoch erfreut gewesen. Nachdem Wolfsburgs Trainer Felix Magath Labbadia beigepflichtet hatte, und dem NDR sagte, Trainer würden in der Tat respektlos behandelt, habe es in Stuttgart zahlreiche Anrufe weiterer Trainer-Kollegen gegeben, die Labbadia unterstützten. Dieser hatte noch am Abend in Gesprächen mit Vereinsfunktionären erklärt, er werde von sich aus, nicht „hinschmeißen“. In seiner Wutrede hatte das noch etwas anders geklungen. Ein Trainer müsse sich fragen, ob er den schweren Weg mit gehe oder sage „am Arsch geleckt“. Trainer würden wie der „letzte Depp“ dargestellt und die Zuschauer durch Unwahrheiten der „schreibenden Zunft aufgewiegelt“. Er habe eine Etatreduzierung von 20 Millionen Euro sowie einen zweistelligen Transferüberschuss akzeptieren müssen, gleichzeitig existierten aber hohe Erwartungen.

Auslöser von Labbadias Wutrede waren Pfiffe und „Bruno raus“-Rufe, nachdem Labbadia den 19 Jahre alten Österreicher Raphael Holzhauser in der 76. Minute vom Feld nahm. Der sei zur Halbzeit verletzt gewesen und habe aus medizinischen Gründen ausgewechselt werden müssen. Einige in Stuttgart sollten über ihre Reaktion nachdenken, meinte Labbadia („Trainer sind keine Mülleimer für alle“), der damit neben den Medien auch die Fans ansprach, bei denen der Trainer nach der sportlichen Talfahrt in der Kritik steht.

Labbadia bleibt trotz des verständnisvollen Statements des Präsidenten Mäuser ein Trainer auf Abruf. Zwischen der sportlichen Leitung und der Vereinsführung gibt es seit einiger Zeit unterschiedliche Ansichten zur strategischen Ausrichtung des Kaders. Mäuser fordert mehr Einsatzzeit junger Spieler. Manager Fredi Bobic stichelte bereits gegen die Vereinsführung als er sagte: „Wir haben keinem erzählt, wir wollen in die Champions League.“ Bobic und Labbadia wehrten sich nach zahlreichen Abgängen gegen eine Ausleihe des Talents Holzhauser, die die Vereinführung anstrebte.

Zudem leisten sich die Stuttgarter eine Art Medienkrieg. Mäuser hatte Stuttgarter Journalisten als „Schmierfinken“ beschimpft und sich später dafür entschuldigt. Labbadia hatte sich mehrfach darüber beschwert, dass sein Assistent Eddy Sözer als „Störenfried“ dargestellt und ihm unterstellt wurde, er habe die jungen VfB-Spieler gegenüber dem Aufsichtsrat kritisiert. Mäuser wird von den Medien vorgeworfen, wenig sensibel zu sparen und die sportliche Perspektive zu vergessen. Gleichzeitig, so heißt es, könne sich der Präsident mit seiner Forderung nach jungen Spielern nicht durchsetzen. Vorerst eint die Stuttgarter Streithähne im Verein wenigstens die Kritik an Medien und Fans. Oliver Trust

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