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Sport: Verfolgt vom Verdacht

Die neuesten Dopingvorwürfe bringen den BDR wieder in die Defensive

Berlin - Ob er gerade in Dubai ist, wie am Montag, oder mit dem Zug auf dem Weg zu einem Termin in Hannover, wie am Dienstag – scheinbar überallhin wird Rudolf Scharping von Nachrichten und Behauptungen zum Thema Doping begleitet. Am Montag erreichte den Präsidenten des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) die Ansage des Vizepräsidenten Wolfgang Schoppe, Erik Zabel werde nicht bei der Straßen-Weltmeisterschaft starten. Einen Tag später musste sich Scharping dann zum nächsten seiner sechs Vizepräsidenten äußern: Udo Sprenger war vom ARD-Fernsehmagazin „Report Mainz“ angegriffen worden.

Es war die nächste unfreiwillige Unterbrechung auf dem Weg, den Scharping und sein Verband eigentlich einschlagen wollten: den Weg Richtung sauberer Sport. Doch die Kritik des Fernsehbeitrags wollte Scharping nicht auf dem BDR und seinem Führungspersonal sitzen lassen. „Der Beitrag ist nicht dazu geeignet, den Kampf gegen Doping seriös zu führen“, sagte er dem Tagesspiegel.

In der ARD-Sendung hatte erst ein anonymisierter Betreuer des früheren Teams Nürnberger erklärt, dass bei der Mannschaft Dopingmittel an die Fahrer verteilt worden seien. Und zwar mit Wissen der Mannschaftsleitung. Zu der gehörte Udo Sprenger, damals Teammanager. Ein zweites, früheres Teammitglied äußerte in einer Eidesstattlichen Erklärung das Gleiche. Dann warf „Report Mainz“ dem BDR auch noch vor, die früheren DDR-Ärzte Heinz Löbl und Roland Müller eingesetzt zu haben, zwei Mediziner, die laut Stasi-Akten ins DDR-Dopingsystem verstrickt waren. Als Kronzeuge trat Uwe Trömer auf, ehemaliger Vizeweltmeister. Er erklärte, Löbl habe ihm Dopingspritzen gesetzt. Nach drei Wochen sei er, Trömer, mit akutem Nierenversagen vom Rad gefallen. Er habe den BDR jahrelang über Löbls Vergangenheit informiert, eine Antwort habe er nie erhalten.

Sprenger bestritt schon in der Sendung alle Vorwürfe. Gestern kündigte der frühere Drogenfahnder eine Klage gegen Unbekannt an. Rudolf Scharping sagte: „Wir haben auf der einen Seite eine Eidesstattliche Versicherung von einer anonymen Person, deren Wortlaut wir nicht kennen, und auf der anderen einen Kriminalbeamten, der eine Strafanzeige stellt. Herr Sprenger weiß genau, was eine Strafanzeige bedeutet.“ Zur Beschäftigung von Löbl und Müller sagte Scharping: „In einer einschlägigen Liste von belasteten Ärzten tauchen die beiden nicht auf.“ Außerdem müsse man auseinanderhalten, dass die beiden Ärzte von einem Veranstalter verpflichtet worden seien und nicht vom BDR. Auch der Kritik von Trömer trat Scharping entgegen: „Der Generalsekretär des BDR hat mit Trömer gesprochen.“ Der Verband habe Trömer jedenfalls nicht allein gelassen.

Scharping war nicht der Einzige, der dem ARD-Beitrag widersprach. Raphael Schweda etwa reagierte ebenfalls entrüstet auf die Vorwürfe. Der 31-Jährige war 1999 und 2000 Profi beim Team Nürnberger. „Mir wurde nie Doping angeboten“, sagte er. Schweda ist heute Manager des Radteams Wiesenhof. „Der allerletzte, dem ich zutrauen würde, das er in Dopingaktionen verwickelt ist, das ist Udo Sprenger“, sagte Schweda.

Auch Dieter Burkhardt, der frühere Geschäftsführer des Teams Nürnberger, wies die „Report“-Vorwürfe zurück. „Weder Sprenger noch ich wussten etwas von Doping“, sagte er. Sprenger habe auch nie eine schwarze Kasse geführt, mit der Dopingmittel finanziert worden seien. Ein Radsport-Insider sagt allerdings, es habe Teams gegeben, in denen ein Teil der Fahrergehälter von der Teamleitung einbehalten wurden, damit davon Medikamente gekauft werden konnten.

Und noch über ein anderes Szenario wird gesprochen. „Ich kann nach den Aussagen von Bert Dietz nicht mehr ausschließen, dass einzelne Fahrer sich selber mit Dopingmitteln versorgt haben“, sagte Dieter Burkhardt. Der frühere Telekom-Profi Dietz war 1999 zum Team Nürnberger zurückgekehrt und hatte im Mai öffentlich ein Dopinggeständnis abgelegt. Dabei hatte er auch erklärt, er sei von Sprenger mit Dopingmitteln versorgt worden. Sprenger hatte dies damals schon zurückgewiesen. Dieter Burkhardt hält es nicht mehr für ausgeschlossen, dass Dietz in Eigenregie andere Fahrer versorgt haben könnte, eines aber betont er: „Für mich ist es ausgeschlossen, dass uns Sprenger hintergangen und heimlich Geld für den Kauf von Dopingmitteln abgezweigt hat.“

Sprenger auf jeden Fall bleibt erst einmal im Amt, er hat auch genügend zu tun. Der BDR-Vizepräsident ist auch Cheforganisator der deutschen Straßen-Meisterschaft. Sie findet am Wochenende in Wiesbaden statt.

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