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Probleme im Hüftbeuger. Der lange verletzte Holger Badstuber musste die Nationalmannschaft früher als geplant verlassen und bereitet sich nun in München auf das nächste Bundesligaspiel gegen Dortmund vor.

© Imago

Verletzter Nationalspieler: Holger Badstuber: Im Kopf bleibt er der Schnellste

Nationalspieler Holger Badstuber hat Verletzungen gesammelt wie andere Titel. Dabei gilt der Innenverteidiger des FC Bayern als höchstbegabt. Kommt jetzt endlich die Zeit, in der er dafür belohnt wird?

Die Zeit reichte gerade einmal, um das Trikot zu verschwitzen. Es war nicht mehr als ein Kurzbesuch für Holger Badstuber im Kreis der Nationalmannschaft. Kaum war er nach fast zweieinhalb Jahren zurück, musste er auch schon wieder weg. So wie es aussieht, ist es dieses Mal nur ein kurzer Abschied. Wegen Problemen im Hüftbeuger reiste Badstuber statt mit der Nationalmannschaft zum EM-Qualifikationsspiel nach Georgien zurück nach München. Es sei „eine reine Vorsichtsmaßnahme“, versicherte Thomas Schneider, der Assistent von Bundestrainer Joachim Löw, vor dem Abflug nach Tiflis. Das kann schon sein. Aber bei Holger Badstuber verursacht jede medizinische Nachricht gleich Sorgen. Dazu ist einfach zu viel passiert.

Eine gute Woche hat der Innenverteidiger des FC Bayern München nun Zeit, um seinen Körper zu pflegen, um im Bundesligaspiel bei Borussia Dortmund am Ostersamstag wieder am Ball sein zu können. Man könnte sagen, dass eine Woche ohne Spiel nichts sind für ihn. Mit seinen 26-Jahren hat er schon mehr Erfahrungen mit Verletzungen gesammelt als andere in ihrer gesamten Karriere.

Badstuber trifft in Sekundenschnelle die richtige Entscheidung

Am 1. Dezember 2012 hatte er sich einen Kreuzbandriss zugezogen, die langwierigste Verletzung, die einen Fußballprofi gewöhnlich heimsucht. Als er auf dem Weg zurück in die Mannschaft war, riss das vordere Kreuzband im rechten Knie gleich noch einmal. Wieder Operation, wieder Reha. Zum Saisonauftakt kehrte Badstuber dann nach gut 17-monatiger Pflichtspielpause zurück – auf einem erstaunlich hohen Niveau. Aber wie es oft so ist nach so langen Pausen, spielten ihm bald darauf die Muskeln einen Streich. Eine Muskelsehne riss, und er musste schon wieder zuschauen. Im vergangenen Herbst war es eine vergleichsweise kleine Pause. Die 154 Tage, die er fehlte, mussten Badstuber vorkommen, als wenn er wegen eines Schnupfens ein paar Tage nicht mitgemacht hätte. „Der Augenblick, in dem ich da gefrustet war, war sehr kurz“, gibt er zu.

Badstuber war bisher jedes Mal ohne große Eingewöhnungsschwierigkeiten zurückgekommen. Das spricht einerseits für seine Qualität, andererseits für seinen Willen, seinen Kampfgeist, nie aufzugeben. Ein bisschen stolz sei er schon darauf, „wie ich das alles erlebt und bewältigt habe. Das war nicht einfach.“ Zu Beginn der Rückrunde hatte er noch davon profitiert, dass es bei den Bayern personelle Engpässe in der Abwehr gab: Jérôme Boateng war zwei Spiele gesperrt, Medhi Benatia zwickte der Rücken, Javier Martinez befindet sich nach seinem im August erlittenen Kreuzbandriss noch im Aufbautraining und Dante unterliefen zu viele Fehler. Der Brasilianer ist außerdem nicht das, was man als Pep-Guardiola-Spieler versteht. Badstuber schon.

Der gebürtige Allgäuer brauchte nur ein paar Trainingseinheiten, um die Philosophie des Spaniers nicht nur zu verstehen, sondern zu verinnerlichen. Kurz nach dem Trainingsauftakt im vergangenen Sommer hat ein Kamerateam des vereinsinternen FCB-TV eine Unterhaltung zwischen Guardiola und seinem Assistenten Hermann Gerland eingefangen. „Hermann, Hermann“, sagte der Bayern-Trainer. „Wir haben zwei überragende Spieler, Innenverteidiger, immer in der Saison gehabt. Aber Badstuber ist besser. Er ist der beste Spieler, den ich je hatte.“

Badstuber mag nicht gerne zurückblicken

Man weiß von Guardiola, dass er solche Komplimente nicht gerade spärlich verteilt. Auch Kapitän Philipp Lahm hatte er in seinem Überschwang schon einmal als „besten Spieler“ bezeichnet, mit dem er jemals zusammengearbeitet habe. Aber erstens wähnte er diese Unterhaltung damals unter Ausschluss der Öffentlichkeit, es gab keinen Grund, im Gespräch mit Gerland zu übertreiben. Und zweitens kann Badstuber genau das, was Guardiola besonders schätzt. Er strahlt Ruhe aus, tritt keine Spur übermotiviert auf, was oft vorkommen kann, wenn ein Spieler es nach längerer Pause besonders gut machen will. Badstuber geht dagegen gelassen in Zweikämpfe.

Bastian Schweinsteiger hält seinen Kumpel für „einen der besten Abwehrspieler der Welt im Spielaufbau mit dem linken Fuß“. Badstuber ist Guardiolas erster Spieleröffner, kein begnadeter Sprinter, aber das muss er auch nicht sein. „Der Ball ist immer schneller als die Beine“, weiß Guardiola. Der Innenverteidiger ist flink im Kopf, er trifft in Sekundenschnelle die richtige Entscheidung.

Diese Fähigkeiten verlernt ein Fußball-Profi nicht während einer Verletzungspause. Im Gegenteil, Badstuber sieht sich gestärkt aus seiner Leidenszeit herausgekommen, auch mit Hilfe eines Mentaltrainers. „Ich nehme das Ganze nun anders wahr, das Spiel auf dem Platz, ich habe andere Ideen durch den Trainer, durch meine Mitspieler“, sagte er. Das zeige ihm, dass er sich trotz der langen Pause weiterentwickelt habe.

Wie es ihm dabei erging, Triumphe der Kollegen als Außenstehender zu erleben, wurde Badstuber nach seiner Rückkehr häufiger gefragt. Er hatte zuschauen müssen, wie der FC Bayern ohne ihn das Triple gewann, er hatte zu Hause vor dem Fernseher gesessen, als Deutschland Weltmeister wurde. Es steht außer Frage, dass er in Brasilien dabei gewesen wäre ohne diese Kreuzbandrisse. Badstuber sei der Innenverteidiger gewesen, verriet der Bundestrainer einmal, von dem er bis zu dessen Verletzung am meisten gehalten habe, mehr als bis dahin von Jérôme Boateng und von Mats Hummels.

Badstuber mag nicht gerne zurückblicken. Natürlich, gab er zu, habe es auch „Scheißtage“ gegeben, aber „die Zeit mit den Verletzungen gehört zu mir. Das habe ich akzeptiert“. Das kleine Problem mit dem Hüftbeuger und ein verpasstes Länderspiel in Georgien nun ebenfalls.

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