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Verletzungssorgen: Löw bangt um Lukas Podolski

Vor dem entscheidenden Spiel gegen Österreich fängt für Bundestrainer Joachim Löw das große Zittern an. Können die angeschlagenen Podolski, Lahm und Jansen dabei sein?

Jetzt bloß kein zweites Cordoba! Am Tag nach dem radikalen Stimmungsumschwung durch den Schock gegen Kroatien versuchte die sportliche Leitung der Fußball-Nationalmannschaft alles, um die Gedanken an eine Wiederholung der schwarzen Stunde von 1978 zu verdrängen. "Wir werden nicht aus dem Turnier ausscheiden, sondern wir werden es schaffen", versprach Joachim Löw nach einer schweren Nacht und strich als erstes den für Freitag fest geplanten Familienausflug seiner Spieler auf die Insel "Di Brisago" bei Ascona.

Stattdessen setzte der Bundestrainer eine Aufarbeitung des ernüchternden 1:2 gegen Kroatien an, das dem DFB-Team nun am Montag ein "Hopp-oder-top-Spiel" gegen den EM-Mitgastgeber beschert. "Die Österreicher werden um ihr Leben rennen, sie haben eine einmalige Chance", betonte Löw. Eine Schreckensbotschaft musste er aber auch verkünden, denn ausgerechnet Lukas Podolski droht auszufallen.

Nur keine neue Blamage

Nach einer Kapselverletzung am Fuß konnte der dreifache Turniertorschütze am Freitag "nicht laufen", berichtete der DFB-Chefcoach. Anders als bei der Weltmeisterschaft 1978 in Argentinien, als in Cordoba Hans Krankl & Co. die großen Deutschen aus dem Turnier gekickt hatten, will die DFB-Elf eine weitere Blamage unter allen Umständen vermeiden und in das Viertelfinale gegen die starken Portugiesen einziehen.

"Mit dem Druck werden wir umgehen können", verkündete der Bundestrainer kämpferisch nach der nächtlichen Rückkehr ins EM-Stammquartier am Lago Maggiore - und schloss sich selbst mit ein. Denn knapp zwei Jahre nach der Amtsübernahme von seinem ehemaligen Chef Jürgen Klinsmann steht Löw vor einer bisher nicht gekannten Situation - seine EM-Mission droht zu kippen.

Jobgarantie für Löw

Zwar erneuerte DFB-Präsident Theo Zwanziger seinem wichtigsten Angestellten schon drei Tage vor dem Wiener "Endspiel" die Job-Garantie: "Die Mannschaft war mit Joachim Löw erfolgreich und wird mit ihm wieder erfolgreich sein, egal, wie es am Montag ausgeht." Doch auch vor vier Jahren bei der Europameisterschaft in Portugal hatte Rudi Völler nicht an das Aus gedacht - und trat dann zurück.

Löw wischte am Freitag in Tenero aber alle düsteren Gedanken rigoros vom Tisch. "Das ist eine Frage, die Sie mir so natürlich nicht stellen dürfen", sagte er und ergänzte: "Wir denken nicht an Dinge, die möglicherweise passieren könnten." Löw beschäftigte sich schon am Freitag intensiv mit schnellen Lösungen für das Österreich-Spiel. "Ein bis zwei" personelle Veränderungen in der Startelf seien gegen die Österreicher denkbar, verriet Löw bereits - womöglich werden es mehr. Neben Podolski laboriert Philipp Lahm an einem Bluterguss in der Wade. Und der gegen die Kroaten überforderte Marcell Jansen hat eine Schulterverletzung erlitten; er ist aber eh nicht mehr für die Startelf vorgesehen.

Nicht nur wegen der Verletzten plant Löw den Umbau seiner Stammelf. Der weiterhin um seine Form ringende Christoph Metzelder dürfte ebenso zur Disposition stehen wie der glücklose Angreifer Mario Gomez. Und im Mittelfeld fahndet der DFB-Chefcoach nach der Dummheit von Bastian Schweinsteiger, der nach seiner Roten Karte für ein Spiel gesperrt wurde, nach einer neuen Idealbesetzung für die gegen Kroatien lahmende Flügelzange. "Es gibt Überlegungen, Spieler zu bringen, die in der Lage sind, Akzente zu setzen", erklärte Löw.

Psychologie gefragt

Einen Systemwechsel lehnt er dagegen weiterhin kategorisch ab, auch Kapitän Michael Ballack muss weiter defensiv mit abdichten. "Eine andere Rolle wird er nicht spielen und auch nicht bekommen." In intensiven Einzelgesprächen wollte Löw auch ausloten, ob die von Führungsspielern wie Ballack und Miroslav Klose bestätigte Selbstüberschätzung die angespannte Situation mit ausgelöst hatte. "Wir konnten kein Zeichen von Selbstüberschätzung feststellen", berichtete Teammanager Oliver Bierhoff nach Rücksprache mit dem Team-Sportpsychologen Hans-Dieter Hermann.

Dass die Bedingungen für die Spieler fast schon zu perfekt und die Harmonie im Team womöglich zu groß sei, wollte Löw nicht als Argumente gelten lassen. "Ich habe der Mannschaft gesagt: 'Eines wird nicht passieren, dass wir gegenseitig Schuldzuweisungen machen.' Wir haben alle Fehler gemacht, auch die Trainer und ich als hauptverantwortlicher Trainer."

"Jeder ist sich bewusst, was auf dem Spiel steht", übermittelte der wieder zum Linksverteidiger umfunktionierte Lahm die Stimmung aus dem deutschen Lager. "Wir dürfen nicht anfangen, an uns zu zweifeln", betonte Kämpfer Torsten Frings, der als einer der wenigen deutschen Spieler gegen die Kroaten sein Potenzial einbringen konnte. "Das ist jetzt eine große Herausforderung. Die Mannschaft steht unter Druck", unterstrich Routinier Jens Lehmann vor seinem vielleicht letzten Länderspiel. Und Kapitän Ballack hob hervor: "Wir sind zu stark, um hier in der Vorrunde auszuscheiden. Dessen müssen wir uns einfach bewusst sein, aber wir müssen es auch zeigen und nicht nur darüber reden, dass wir gut Fußball spielen können." (dpa)

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