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Fliegen für die Galerie. Herthas Torhüter Thomas Kraft kann dem von Mitspieler Pierre-Michel Lasogga abgefälschten Ball nur noch hinterhersehen. Foto: Matthias Koch

© Matthias Koch

Sport: Verlieren nicht verlernt

Herthas Serie von 21 Spielen ohne Niederlage reißt beim 0:1 in Dresden.

Sie jubelten und schrien, als wäre gerade das entscheidende Tor gefallen. Dabei war genau das nicht passiert. Die mutmaßlich letzte Chance für Hertha BSC war überstanden, der Ball von Pierre-Michel Lasogga über die Latte gegangen. Ein paar Sekunden noch. Und wieder ein Schrei, halb Freude, halb Erleichterung. Dynamo Dresden, der Drittletzte der Zweiten Liga, feierte einen sensationellen 1:0 (1:0)-Sieg über den Spitzenreiter; für Hertha BSC hingegen ging gestern eine beeindruckende Serie von 21 Spielen ohne Niederlage zu Ende. „Gott sei Dank ist das jetzt vorbei“, sagte Mittelfeldspieler Peer Kluge. „Vor allem das Gerede, dass man einfach so durch die Liga durchmarschiert. Das ist eben nicht so.“

Das Spiel in Dresden war der beste Beleg. Der Abstiegskandidat leistete freudig Widerstand, während Hertha einen durch und durch unerquicklichen Nachmittag erwischte. Der hatte schon vor dem Anpfiff begonnen. Das Stadioneck mit den Berliner Fans war in blauen Rauch gehüllt. Bengalofackeln brannten, Lichter zuckten, Böller knallten. Hinter der Wand aus Rauch blieb den Besuchern dabei ein wichtiges Detail verborgen. Auf dem Rasen standen plötzlich Pierre-Michel Lasogga und Sandro Wagner, die laut offiziellem Meldebogen eigentlich auf der Ersatzbank sitzen sollten. Dafür fehlten Ronny und Marcel Ndjeng, die sich nach dem Warmmachen verletzt bei Trainer Jos Luhukay abgemeldet hatten. Ronny saß immerhin auf der Ersatzbank und wurde 20 Minuten vor Schluss beim Stand von 0:1 eingewechselt. „Es hatte nicht die Wirkung, die wir uns erhofft hatten“, gab Luhukay zu.

Dabei hatte seine Mannschaft auch in ungewohnter Besetzung und ungewohnter 4-4-2-Formation gewohnt dominant begonnen. Die größeren Anpassungsprobleme hatten die Dresdner, die sich nach Worten ihres Trainers Peter Pacult plötzlich auf „die zwei Pfosten vorne“ umstellen musste. Hertha setzte die Dresdner auf einem schwer zu bespielenden Platz früh unter Druck und hatte durch Adrian Ramos die erste Chance. Doch nach rund 20 Minuten änderte sich das Bild. Die Dresdner wurden nun griffiger. Sie setzten Hertha gehörig unter Druck.

Die Berliner wirkten in dieser Phase überraschend fahrig, die Abläufe stimmten weder im Spiel nach vorne noch in der Defensive. Zudem machten die beiden Innenverteidiger Fabian Lustenberger und John-Anthony Brooks einen ungewohnt unsicheren Eindruck. „Vielleicht haben wir im Kopf ein bisschen nachgelassen“, sagte Nico Schulz. Bis zur Pause wurde Hertha nur noch durch seinen Freistoß gefährlich, bei dem Torhüter Benjamin Kirsten schlecht aussah. Statt in Führung zu gehen, gerieten die Berliner kurz darauf in Rückstand. Nach einer Freistoßflanke von Cristian Fiel lenkte Lasogga den Ball, bedrängt von Mickael Poté, ins eigene Tor. Das passte zu diesem Nachmittag, an dem sich Luhukay angesichts des Dresdner Drucks mit dem knappen Rückstand zur Pause sogar noch gut bedient fühlte.

Auch in der zweiten Hälfte fand Hertha nicht ins Spiel. „Wir haben nie die letzte Durchschlagskraft gehabt“, sagte Luhukay. Seine Mannschaft verlor viele Bälle schon im Aufbau, wodurch die Dresdner immer wieder zu guten Kontergelegenheiten kamen. Hertha hingegen wurde erst unmittelbar nach Ronnys Einwechslung wieder gefährlich – nachdem der Brasilianer mit einem präzisen 40-Meter-Pass den ebenfalls eingewechselten Änis Ben-Hatira bedient hatte. Dessen Schuss aber verfehlte das Dresdner Tor.

Es war der Beginn einer druckvollen Schlussphase, in der die Berliner zumindest alles versuchten. „Der kämpferische Ehrgeiz war da“, sagte Peer Kluge. Der finale Eifer aber änderte nichts mehr an Herthas zweiter Saisonniederlage. „Es gehört im Fußball dazu, auch wenn es uns lange nicht mehr passiert ist“, sagte Jos Luhukay. „Wir müssen die Niederlage mit Größe wegstecken.“

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