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Sport: Verlieren verlernt

Bayern München siegt locker 2:0 gegen Nürnberg und kommt dem Titelgewinn immer näher

München. Dem Spiel folgte die übliche Entschuldigung. Es scheint zum Standard zu werden, dass Fußballtrainer, deren Mannschaften gerade gegen den FC Bayern München gespielt haben, bei den Fans um Verzeihung bitten. Vor einer Woche tat dies Peter Pacult vom TSV 1860 München, diesmal Klaus Augenthaler, der Trainer des 1. FC Nürnberg. Der hatte gerade mit 0:2 beim voraussichtlichen Deutschen Meister von 2003 verloren.

Augenthaler entschuldigte sich nicht nur bei den eigenen Fans, was nach der armseligen Vorführung auch geboten war, sondern auch noch bei denen der Bayern, „weil die sicherlich mehr Gegenwehr erwartet haben“. Derlei Rücksicht ehrt den vormaligen Spieler der Bayern, aber den Münchner Fans dürfte es herzlich egal sein, wie und gegen wen ihre Mannschaft gewinnt.

Dass sie gewinnt, scheint momentan ohnehin außer Frage zu stehen. Denn zur eigenen spielerischen und konditionellen Überlegenheit, die sich vor allem aus der Tatsache nährt, dass man sich nicht mehr außer Landes in der Champions League engagieren muss, kommt die Willfährigkeit des jeweiligen Gegners. Der eine ergibt sich nach frühen Gegentoren vollends in sein Schicksal wie der 1. FC Köln im Pokal (0:8), der andere versucht nach einem 0:1 offensiv zu spielen wie der TSV 1860 (0:5), der dritte brauchte nicht einmal ein Gegentor, um aufzugeben, wie der 1. FC Nürnberg. „Wir hatten zu viel Respekt“, sagte Trainer Augenthaler. „Vor dem FC Bayern, dem Olympiastadion – oder vielleicht war es einfach zu kalt.“

Derweil konnte Bayerns Trainer Ottmar Hitzfeld gelassen sein Sprachrepertoire ausschöpfen, sprach von „Pflichtsieg“, von „Auf-uns-selbst-konzentrieren“ trotz der angenehmen Ergebnisse des Spieltages und von einem „ruhigen Nachmittag“ und einem „Spieltag für den FC Bayern“. Der beschauliche Nachmittag hatte für Hitzfeld schon begonnen, als Bixente Lizarazu nach einer Viertelstunde das 1:0 erzielt hatte. Wie schon vor einer Woche traf der kleinste Bayern-Spieler per Kopf, was laut Nürnbergs Trainer Augenthaler „auch schon einiges über unsere Leistung aussagt“, und dem stillen Basken beim FC Bayern München von seinem Kollegen Giovane Elber den neuen Beinamen „unser Kopfballungeheuer“ einbrachte. Es war das einzige Ereignis einer grausigen ersten Hälfte.

Nach der Pause dann bemühten sich die Münchner wenigstens um Unterhaltungswert. Elber traf die Latte, Mehmet Scholl und Claudio Pizarro hielten den einzig mitwirkenden Nürnberger, Torwart Darius Kampa, auf Betriebstemperatur, und auch ein Tor fiel noch. Nach knapp einer Stunde Spielzeit verwertete Elber eine schöne Flanke von Scholl auf die brasilianische Art. Gestoppt, gedreht, geschossen, gejubelt – 2:0.

Der Rest war beidseitiges Warten auf den Schlusspfiff, nach dem der Nürnberger Trainer sich ärgern konnte über „billige Tore“ und eine Mannschaft, die „nur nicht 0:5 oder 0:8 verlieren wollte“. Und darüber, dass sich einige seiner Spieler schon drei Minuten nach dem Schlusspfiff unter der Dusche tummelten. „Wenn man gegen den FC Bayern gespielt hat, sollte man normalerweise erst mal zehn Minuten brauchen zum Verschnaufen oder sich 15 Minuten lang Verbände anlegen lassen.“

Den Bayern war’s egal. Giovane Elber und Sebastian Deisler sind bereits „überzeugt, dass wir Deutscher Meister werden“, und auch Nürnbergs Trainer Augenthaler rät dem übermächtigen Gegner, „den Schampus aufzumachen“, während Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge damit immerhin noch warten will, „bis es mathematisch feststeht“. Das aber dürfte nicht mehr lange dauern. Zumindest, wenn die Bayern weiterhin nur Gegner bekommen, deren Trainer sich nach dem Spiel für ihre Mannschaft schämen müssen.

Detlef Dresslein

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