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Sport: Verloren auf dem Podest

Kimi Räikkönen wäre längst WM-Führender, wenn ihn sein Auto nicht ständig im Stich ließe

Kimi Räikkönen gehört nicht zu den enthusiastischsten Menschen. Nach einem Formel-1-Rennen ist es nahezu unmöglich, das Abschneiden des Finnen an seinem Gesichtsausdruck zu erahnen. Am Sonntag zeigte Räikkönen auf dem Siegerpodest von Silverstone doch ein paar Emotionen – Freude allerdings war nicht darunter. Sein Lächeln wirkte bemüht, der Blick ging ins Leere.

Nach dem dritten Platz beim Großen Preis von Großbritannien musste sich Kimi Räikkönen zum wiederholten Mal als Verlierer fühlen. Seit dem Grand Prix von San Marino war er in acht Rennen der dominierende und schnellste Pilot der Formel 1, gewonnen hat er aber nur drei davon. Ihn trifft keine Schuld an dieser miserablen Quote. Die Liste der unverschuldeten Rückschläge umfasst einen Hydraulikdefekt, einen Aufhängungsbruch in der letzten Runde, zwei Motorenwechsel im Training, die ihn in der Startaufstellung weit zurückwarfen, und den Startverzicht der vom Reifenhersteller Michelin ausgerüsteten Teams in Indianapolis.

Ohne diese Zwischenfälle wäre Kimi Räikkönen längst an der Spitze der Weltmeisterschaftswertung. Stattdessen hat er bei acht verbleibenden Rennen nun 26 Punkte Rückstand auf den WM-Führenden Fernando Alonso. „Natürlich wird es von Rennen zu Rennen schwieriger“, sagt Räikkönen. Die Häufung der negativen Begleiterscheinungen hat auch dem als „Iceman“ bekannten Räikkönen zugesetzt. „Wenn einem jedes Wochenende die Motoren hochgehen, dann kann man nicht Weltmeister werden“, rutschte es ihm nach dem Motorenproblem in der Qualifikation heraus. Mit deutlich schwererem Auto war er nur wenige Tausendstelsekunden langsamer als der Trainingsschnellste Alonso gewesen und durfte wegen eines unerlaubten Motorwechsels dennoch nur als Zwölfter starten. „Im Rennen habe ich getan, was ich konnte – mehr als Platz drei war einfach nicht möglich“, sagte er.

Im allerletzten Umlauf schickte Räikkönen mit der schnellsten Rennrunde überhaupt wenigstens noch einmal ein deutliches Zeichen in Richtung seines WM-Rivalen. Nötig war das nicht, und Räikkönens Ingenieure werden von dem Material belastenden Kraftakt nicht begeistert gewesen sein. „Ich hatte sonst nichts zu tun, also habe ich halt Druck gemacht“, rechtfertigte sich Räikkönen. Vermutlich benötigte er diese Runde auch für sich selbst, um sich im WM-Kampf trotz der Rückschläge nicht aufzugeben. Es scheint geholfen zu haben. „Ich werde immer weiter attackieren“, erklärte er später trotzig.

Diese Einstellung imponiert seinen Vorgesetzten. „Kimi kann damit sehr gut umgehen“, sagt McLaren-Teamchef Ron Dennis. „Sicher ist er im ersten Moment erst einmal enttäuscht, aber schon nach einer halben Stunde denkt Kimi nur noch daran, wie er aus der Situation das Beste machen kann. Er ist in dieser Hinsicht wirklich außergewöhnlich.“ Diese außergewöhnliche Stärke wird Räikkönen auch brauchen, will er seine Chancen auf den Titel aufrecht halten. Noch mehr wird er jedoch auf das Versprechen seines Rennstalls setzen müssen, weitere Pannen in Zukunft zu vermeiden.

Fernando Alonso macht trotz des großen Vorsprungs jedenfalls nicht den Fehler, Räikkönen als Gegner abzuschreiben. „Kimi ist der, den ich am meisten fürchte“, sagt der Renault-Pilot. „Er hat ein Auto, das schnell genug ist, ab jetzt alle Rennen zu gewinnen.“ Alonso selbst will sich darauf konzentrieren, „alle noch ausstehenden Rennen zu beenden, am besten auf dem Podest“. Diese Taktik verfolgte er auch in Silverstone, als er das Risiko vermied, den späteren Sieger Juan Pablo Montoya anzugreifen und sich damit begnügte, den Vorsprung auf Räikkönen um zwei Punkte auszubauen. Wenn Kimi Räikkönen seine derzeitige Form halten kann, wird sich Alonso auf Dauer aber vermutlich eine neue Strategie suchen müssen. Ron Dennis betont, dass „ Kimi immer stärker und besser wird, von Woche zu Woche, von Monat zu Monat“. Nun kann Räikkönen nur noch darauf warten, dass diese Beschreibung irgendwann auch auf die Haltbarkeit seines Auto zutrifft.

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