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Hinten nicht ganz dicht. Tim Wiese war an zwei Gegentoren mitschuldig, allzu oft ließ ihn aber auch sein Team im Stich. Foto: dpa

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Sport: Verloren im Tor

Hoffenheims Torhüter Wiese patzt beim 3:5 in Freiburg doppelt und stürzt seinen Trainer Babbel in Not.

Am Anfang hatte er sein Team noch im Spiel gehalten, doch nach 68 Spielminuten kam diese unglückselige Flanke. Tim Wiese, Torwart der TSG Hoffenheim, sprang am Ball vorbei, so dass Freiburgs Verteidiger Fallou Diagne zur 3:2-Führung einköpfen konnte. Danach lief nichts mehr zusammen bei Wiese und nur noch wenig bei seiner Mannschaft. Am Ende gewann Freiburg das turbulenteste Duell dieses Spieltages 5:3 (2:1). Und Wiese kann von sich behaupten, dass er auf dem Niveau seines Teams angekommen ist.

Tim Wiese sollte in Hoffenheim für Aufbruch stehen. Mit dem 30-jährigen Führungsspieler, das verkündete sein Trainer Markus Babbel vor der Saison, sollte mehr Qualität ins Team kommen und der Sprung in einen europäischen Wettbewerb gelingen. Nach drei Niederlagen in der Bundesliga und dem Pokal-Aus beim Viertligisten Berliner AK stecken Babbel und Wiese mitten im Abstiegs- und Selbstrechtfertigungskampf. Elf Gegentore in der Bundesliga, vier im Pokal – Wiese kassierte 15 Gegentreffer in vier Partien. Nicht an allen war er schuldlos. Im Gegenteil. In Freiburg patzte Wiese gleich bei zwei Gegentoren. Und nicht nur das: Er griff an Flanken vorbei, fiel durch eine schlechte Strafraumbeherrschung auf.

Kurz vor der Saison und kurz vor dem Pokalspiel in Berlin hatte Bundestrainer Joachim Löw verkündet, Wiese würde im Nationalteam keine Rolle mehr spielen. Babbel reagierte mit scharfer Kritik an Löw, Wiese gab sich enttäuscht und meinte, er sehe die Tür noch nicht ganz geschlossen. In der derzeitigen Form will Wiese über eine mögliche Rückkehr nicht sprechen. In Freiburg wollte er nicht einmal zum Spiel etwas sagen. Er schüttelte den Kopf, machte mit dem Arm eine ablehnende Bewegung und ging wortlos in den Mannschaftsbus.

Markus Babbel sagte nicht viel mehr zu seinem verloren wirkenden letzten Mann. „Wir verteidigen als Mannschaft nicht gut“, sagte er. Und zu Wieses langen Abschlägen, die einen Spielaufbau von hinten unmöglich machen, fiel ihm ein: „Freiburg war sehr aggressiv und sehr hoch, deshalb die langen Bälle.“ Man merkte Babbel das Bemühen an, nicht die Spur einer Kritik an seinem Torwart zu äußern. Auf der Tribüne in Freiburg saß übrigens Joachim Löw.

Mittlerweile steht nicht nur Wiese in der Kritik, Markus Babbel ist als Architekt des Hoffenheimer Umbaus der Hauptverantwortliche. Kommenden Sonntag spielt Hoffenheim gegen Hannover 96, eine Mannschaft, die derzeit mit offensivem modernem Fußball auffällt. Seine Mannschaft tut derzeit das Gegenteil. „Wir können froh sein, hier nicht höher verloren zu haben. Die Jungs sind völlig orientierungslos herumgelaufen“, platzte es aus Babbel heraus. „Wir hatten Glück, nicht noch das sechste und siebte Tor kassiert zu haben.“ Das klingt nicht nur nach Ratlosigkeit, das klingt nach umfassender Bankrotterklärung. Es ist sicher nicht nur Wiese, der schwach spielt, es ist die gesamte Hoffenheimer Mannschaft, bei der nichts zusammenpasst.

Dabei begann das Spiel verheißungsvoll. Die Gäste gaben aber eine 1:0-Führung durch Matthieu Delpierre, erzielt schon in der zweiten Minute, sofort wieder aus der Hand. Karim Guede und Max Kruse drehten das Spiel für die Freiburger. Wiese war zumindest in der ersten Hälfte kein Vorwurf zu machen. Kurz vor der Pause hielt er zweimal hervorragend gegen Karim Guede.

Das Spiel war fantastisch. Vor allem in der zweiten Hälfte gab es Angriffsfußball im Sekundentakt zu sehen. Lange konnte auch Hoffenheim in Anspruch nehmen, daran beteiligt zu sein. Als Boris Vukcevic nach einer knappen Stunde das 2:2 erzielte, schien Hoffenheim stark genug, mindestens den ersten Punkt zu holen. Auf Wieses ersten Fehler und anschließendem 3:2 Fallou Diagnes antwortete Takashi Usami mit dem 3:3. Auch danach hatte Hoffenheim Chancen, ließ sich aber regelrecht abschießen.

„Heute hatten wir die Chance, da rauszukommen“, sagte Stürmer Eren Derdiyok, der wie Wiese kam, um die Qualität zu steigern, und bisher vergeblich seine Form sucht. „Die Mannschaft muss intelligent genug sein, ein 3:3 zu halten, wenn wir schon drei Auswärtstore schießen“, sagte der Schweizer.

Es kam anders. Zuerst patzte Tim Wiese bei der Freiburger 4:3-Führung durch Cedrik Makiadi erneut. Schließlich kassierte der Schlussmann, diesmal ohne eigenen Fehler, noch den 5:3-Endstand durch Sebastian Freis. „Freiburg war die Mannschaft, die den Sieg mehr wollte“, musste Markus Babbel eingestehen. Die Frage, warum das so war, wird er in den kommenden Tagen beantworten müssen.

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