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Sport: Verspottet statt gefeiert

Ski-WM: Österreichs Männer blamieren sich

Der Name des österreichischen Mannschaftshotels bietet Spöttern eine hübsche Vorlage. Im „Le Grand Paradis“ von Val d''Isere logiert des Team Austria, von den Balkonen bietet sich ein direkter Blick auf den Bellevarde. Jenen Berg, der für die Österreicher bisher so gar nicht zum Paradies werden wollte bei dieser WM, auf dem die (ehemalige) Abfahrts-Großmacht sich die schlechteste Startbilanz der Nachkriegszeit erlaubte. Noch nie vorher waren Österreichs Männer in den ersten drei Rennen einer Weltmeisterschaft ohne Medaille geblieben, womit sie sich – welch Schande – in der Zwischenbilanz auf einer Stufe mit den Deutschen wiederfinden. Darüber können auch drei Medaillen der Frauen (einmal Gold, zweimal Bronze) nicht hinwegtrösten.

Die bei der WM so erfolgreichen Schweizer stochern genüsslich in der Wunde des Erzrivalen: „Die Blödi-Krise“ hieß es im Boulevardblatt „Blick“. Wie ernst die Lage ist, zeigte die Reaktion von Benjamin Raich, der als Fünfter im Super-G noch das passabelste Ergebnis erzielt hatte. Er verzichtete auf seine Teilnahme am Teamwettbewerb und fuhr nach dem Aus in der Super-Kombi nach Hause, zum Training. Am Donnerstag will er zurückkommen, um in Riesenslalom und Slalom zu retten, was noch zu retten ist.

Österreichs Ski-Regent Peter Schröcksnadel und Alpinchef Hans Pum bezeichnen ihren Verband gerne als „Real Madrid des Wintersports“, sehen aber von den in Spanien üblichen Konsequenzen ab. Trotz aller Kritik bleibt Cheftrainer Anton Giger erst mal im Amt. Giger fühlt sich schuldlos und behauptet: „Wir sind besser, als das WM-Abschneiden besagt.“ Ein österreichischen Reporter ahnt schon: „Jetzt kommt die Zeit der Beschwichtigungs-Hofräte.“ Sie könnten anführen, dass der aussichtsreiche Kombinierer Rainer Schönfelder, Hans Grugger und Mario Scheiber verletzt fehlen.

Die Zeiten eines Eberharter, Strobl oder Hermann Maier als Seriensieger sind vorbei. Wenn heute Michael Walchhofer, immerhin Führender im Abfahrts-Weltcup, oder Klaus Kröll scheitern, steht Austria dumm da. Abfahrts-Legende Franz Klammer kritisiert die Strategie des Verbands, bei der Ausbildung die Vielseitigkeit zu fördern und den Gesamtweltcup zum höchsten Ziel zu erklären. Dadurch gingen die individuellen Stärken verloren. „Da hat man sicher Fehler gemacht“, sagt Klammer.

Jörg Köhle[Val d’ Isere]

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