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Helmut Marko, 68, fuhr Anfang der 1970er Jahre in der Formel 1 und gewann 1971 die 24 Stunden von Le Mans. Seit 2005 ist der Österreicher Motorsportchef des Getränkherstellers Red Bull. Foto: Reuters

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Sport: „Vettel hat den Zenit noch lange nicht erreicht“ Motorsportchef Marko über die Zukunftsplanung bei Red Bull und die Vorwürfe der Konkurrenz

Herr Marko, Sie haben zum zweiten Mal in Folge Fahrer- und Konstrukteurstitel in der Formel 1 gewonnen. Was tun Sie, damit es auch nächstes Jahr so weitergeht?

Herr Marko, Sie haben zum zweiten Mal in Folge Fahrer- und Konstrukteurstitel in der Formel 1 gewonnen. Was tun Sie, damit es auch nächstes Jahr so weitergeht?

Das, was wir schon vor drei Jahren getan haben: dass wir auf Kontinuität schauen. Damit gewährleistet ist, dass dieses Team von Adrian Newey als Speerspitze bis hinunter zum letzten Arbeiter in der Fabrik zusammen bleibt und mit der selben Leidenschaft und Motivation an die Sache herangeht. Dafür war die Konstrukteurs-WM ein wichtiger Schritt. Denn die Prämienausschüttung bei uns ist allein auf den Konstrukteurstitel aufgebaut. Und die für den Weltmeister ist schon signifikant höher als die für Platz zwei.

Der Titel bringt 60 Millionen Euro ein, 15 Millionen mehr als Platz zwei. Die können Sie gut für 2012 gebrauchen. Wie weit sind Sie mit dem neuen Auto?

Das Grundkonzept macht bei uns Technikchef Adrian Newey. Und ich frage ihn nicht, wie weit er mit dem Auto ist oder wie es im Detail aussieht. Das machen er und seine Techniker, und da haben wir auch das Vertrauen in seinen Zeitplan. Natürlich wollen wir mit dem Auto beim ersten Test vor der Saison sein, aber wenn er sagt, da ist noch eine halbe Sekunde drin und wir lassen den Test aus, dann lassen wir ihn aus. Das haben wir 2009 und 2010 auch gemacht.

Was war der größte Schritt für Red Bull zwischen 2010 und 2011?

Dass wir die Standfestigkeit viel besser in den Griff bekommen haben. Wir haben bis jetzt in dieser Saison noch keinen technischen Ausfall, während wir 2010 bei Sebastian durch Defekte an die 100 Punkte verloren haben. Das ist darauf zurückzuführen, dass Newey mit seiner Extrembauweise sehr, sehr hohe Anforderungen stellt, wir aber inzwischen in Milton Keynes in der Lage sind, diese Herausforderung im Produktionsprozess anzunehmen und zu bestehen. Und zwar nicht nur in Sachen Zuverlässigkeit, sondern das auch noch wesentlich schneller als früher. Das Team ist an den Ansprüchen von Newey gewachsen – ansonsten könnten wir nicht diese vielen Updates bringen.

Genau diese Updates, neue Teile am Auto, haben das Misstrauen der Konkurrenz hervorgerufen. Es heißt, Red Bull würde sich nicht an die vereinbarte Selbstbeschränkung halten und zu viel Geld ausgeben.

Wir liegen absolut innerhalb des von den Teams beschlossenen Abkommens. Aber dass man, wenn man an der Spitze ist, beschuldigt und verfolgt wird, daran haben wir uns inzwischen gewöhnt. Andere Teams wie McLaren entwickeln mindestens ebenso viel, wenn nicht noch mehr. Aber es kommt auch auf die Effizienz an.

Und Red Bull ist im Einsatz finanzieller Mittel effizienter als die Konkurrenz?

Das wird wahrscheinlich auch der Fall sein. Wir haben drastisch umstrukturiert in Milton Keynes, wir haben bessere Maschinen und ein sehr gutes Verhältnis zwischen Eigenproduktion und Auslagerung. In den Monaten Dezember und Januar, wenn die Produktion des neuen Autos auf Hochtouren läuft, dann lagern wir relativ viel aus, damit wir nicht so viel Stammpersonal brauchen. Das macht natürlich auch viel aus.

Wie viel Prozent des Erfolgs gehen auf das Konto von Sebastian Vettel'?

Weltmeister wird man nur, wenn das Auto passt, der Motor passt und der Fahrer passt. Es ist natürlich angenehm, wenn man den oder zumindest einen der drei schnellsten Fahrer hat, der gleichzeitig, und das wird immer wieder übersehen, einer der härtesten Arbeiter überhaupt ist. Er ist derjenige, der am spätesten das Fahrerlager verlässt. Dass er so lange mit den Ingenieuren zusammensitzt, um aus den Komponenten, die zur Verfügung stehen, immer das absolute Maximum herauszuholen, das ist natürlich sehr, sehr wichtig. Auch weil die Ingenieure wissen: Einem Vettel können sie nichts vormachen.

Welche Rolle spielt Firmenchef Dietrich Mateschitz in diesem Konzept? Ist er nur der Geldgeber oder entscheidet er auch Dinge?

Geldgeber – das ist auch so eine Sache. Das ist ja nichts, was er aus Jux und Tollerei macht. Das ist ein Marketinginstrument von Red Bull, inzwischen übrigens bei weitem das erfolgreichste. Mateschitz ist insofern wichtig bei Red Bull, weil bei uns durch ihn die Entscheidungswege sehr kurz sind. Auch bei schwerwiegenden Entscheidungen kommt man innerhalb von ein paar Stunden zu einem Ergebnis. Außerdem hat er, obwohl er nur sehr selten bei den Rennen ist, durchaus eine Ahnung und kann entsprechenden Input geben. So hatte er eben diese Vision, Adrian Newey zu einem damaligen Mittelklasseteam zu holen. Er ist einfach auch ein Racer.

Welche Ziele kann es für Red Bull jetzt in der Formel 1 überhaupt noch geben?

Das Ziel ist, das Erreichte zu verteidigen. Und es gibt sehr viele Punkte, bei denen wir wissen, dass sie innerhalb des Teams noch verbesserungsfähig sind. Wir lehnen uns nicht zurück, wir arbeiten hart daran, alles immer weiter zu verbessern. Und wir haben den Vorteil, mit Sebastian Vettel den jüngsten unter den Top-Piloten zu haben. Das heißt, das auch bei ihm noch lange nicht der Zenit erreicht ist.

Der Vertrag mit Vettel läuft noch bis 2014. Geht die Siegesserie bis dahin weiter?

Wir haben jetzt bis 2014 alles stabilisiert. Auch wichtig ist ein noch engeres und besseres Verhältnis zu Renault. Vorher waren wir ein Kundenteam, jetzt sind wir Partner und bekommen in der Motorenentwicklung und -abstimmung immer mehr Einfluss. Es spricht eigentlich nichts dagegen, auf Dauer erfolgreich zu sein.

Das Gespräch führte Karin Sturm.

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