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Veh

© dpa

VfB Stuttgart: Die neue Einsamkeit

Nach dem 0:2 gegen Lyon richtet sich die Unzufriedenheit in Stuttgart gegen Trainer Armin Veh. Vor allem Präsident Staudt wird wohl nicht lange fackeln und den Coach bei weiteren Misserfolgen vor die Tür setzen.

Die Nacht brachte nicht viel Ruhe. Wie auch? Der Trümmerhaufen, der sich am Abend zuvor vor seinen Füßen aufgetan hatte, war zu groß, um einfach zu verschwinden. "Einem Trainer geht es nie gut in einer solchen Situation", sagte Armin Veh am Tag danach. Er schläft kaum. Wie immer nach Spielen. Besonders nach einem solchen. Im Kopf kreisen Gedanken wie auf einem Karussell, das niemals halten will. Fast verzweifelt suchte Veh nach positiven Aspekten eines Spiels, das in der zweiten Halbzeit nach Toren von Fabio Santos und Benzema 0:2 gegen Olympique Lyon verloren ging und für den VfB Stuttgart praktisch das Aus in der Champions League bedeutet.

Im Gottlieb-Daimler-Stadion hatte es den Anschein, als beuge sich selbst der "Trainer des Jahres" den widrigen Umständen. Lange blieb Armin Veh nach dem Schlusspfiff alleine auf seiner Bank sitzen. Regungslos. "Das war spontan", sagte der 46-Jährige. "Das hatte keine Bedeutung." Er hinterließ allerdings in dieser Szene den Eindruck eines gezeichneten Trainers, der allmählich um seinen Posten bangen muss. Noch darf er auf die Geduld der Vereinsführung bauen, muss sich aber auf eine Reihe von Endspielen in den nächsten Wochen einstellen.

"Wir müssen uns auf die Bundesliga konzentrieren und nicht davon träumen, in der Champions League weiter zu kommen", sagte Veh. "Ziel ist ein Erfolgserlebnis." Ein bescheidenes Ziel.

"Uns hilft nur noch saufen"

Nicht der Erfolg in einem internationalen Wettbewerb, keinen Pokal, nur einen einzigen Sieg wünscht sich der Deutsche Meister. "Wir sind nicht in der Lage, dagegenzuhalten oder gar Torchancen zu erarbeiten", sagte Veh mit einer Spur Verzweiflung in der Stimme. "Ich werde nicht aufgeben." Und doch besteht für ihn die Gefahr, dass Präsident Erwin Staudt oder Aufsichtsratschef Dieter Hundt handeln, um den sich fortsetzenden Niedergang aufzuhalten. "Da kommt so viel zusammen, da sind dir die Hände gebunden", sagt Veh. In der Stuttgarter Führungsetage wird längst über personelle und taktische Fehlgriffe des Trainers gesprochen. Hundt war ohnehin nie ein großer Bewunderer Vehs.

In der Mannschaft entdecke er keinen Zwist, sagt der Trainer. Auch hier sprechen die Bilder eine andere Sprache. Cacau schnauzt wütend herum. Gomez stellt frustriert die Arbeit ein. Kapitän Fernando Meira hat sich innerlich längst verabschiedet, weil Juventus Turin lockt. Schon vor dem Spiel hatten sich die Spieler seltsam in Szene gesetzt. Der "Fußballer des Jahres", Mario Gomez, suchte in Interviews die Schuld an den Niederlagen bei anderen und sagte: "Uns hilft nur noch saufen." Die halbe Mannschaft posierte in einem Lifestylemagazin. Und Roberto Hilbert erzählte, wo er sich seine Tätowierungen stechen lässt. Dem Deutschen Meister entgleitet nicht nur die Kontrolle über seine einst so gepriesene Spielkultur.

Nach einer Krisensitzung mit dem Vorstand sagte Manager Horst Heldt, er habe zum ersten Mal derartige Reaktionen in dieser "Intensität und Häufigkeit" gesehen. "Die Mannschaft ist nach dem 0:1 in sich zusammengebrochen", sagte Heldt, "das ist ein Spiegelbild der letzten Wochen." Vor dem Spiel am Samstag gegen Leverkusen ist der Herzschlag des Meisters ist nur noch schwach zu hören.

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