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Zum Wegschauen. So wie Timo Baumgartl reagieren VfB-Spieler häufiger.

© dpa

VfB Stuttgart gegen Hertha BSC: Das Abstiegsspiel des Huub Stevens

Der VfB Stuttgart beschäftigt sich schon mit der Zeit nach Stevens und einem möglichen Abstieg aus der Bundesliga.

Huub Stevens hat sich oft gewundert über die Stadt, in der er arbeitet. Und über den Fußball-Klub, bei dem er angestellt ist. Die Tendenz, Dinge zuerst negativ zu sehen, sei in Stuttgart überall spürbar, berichtet der 61-Jährige. Im aktuellen Abstiegskampf schwankt die Stimmung rund um den VfB Stuttgart zwischen Amüsement und Fatalismus. Schon vergangene Saison hat Stevens festgestellt, dass in Stuttgart manches anders sei als in Gelsenkirchen bei Schalke 04, wo er als „Jahrhundert-Trainer“ auch Jahre nach seinem Engagement weiter Heldenstatus genießt. Auf Schalke wird Abstiegskampf als gesamtgesellschaftliches Drama gelebt, in Stuttgart ist weniger Emotion dabei und mehr Distanz.

Als die „Stuttgarter Nachrichten“ die Auswirkungen eines möglichen Abstieges des VfB Stuttgart beleuchteten, stand am Ende ein sachliches Fazit, das eine unweit des Stadions ansässige Hotelbetreiberin in Übernachtungszahlen ausdrückte: Fünf oder sechs Gäste würden fehlen – aber zusperren müsste sie deswegen nicht. Auch Stevens dürfte ein Abstieg nicht allzu sehr treffen. Falls er ihn überhaupt miterleben würde.

Möglicherweise Huub Stevens' letztes Spiel als VfB-Trainer

Für den Trainer könnte das Spiel des Tabellenletzten am Freitag gegen Hertha das letzte in Stuttgart sein. Nur ein Sieg rette den Cheftrainer noch, heißt es. Sein Nachfolger soll sogar schon bereit stehen. Alles deutet auf Alexander Zorniger hin, ehemaliger Assistent beim VfB und vor Kurzem bei RB Leipzig vor die Tür gesetzt. Wenn es so kommt, wäre das der letzte verzweifelte Versuch, einen neuen Reiz zu setzen. Das beinhaltete auch das Risiko, mit dem Trainer abzusteigen, der in der kommenden Saison einen Neuaufbau gestalten sollte. Zorniger wäre nach Armin Veh und Huub Stevens der dritte Stuttgarter Trainer dieser Saison. Am Donnerstagabend berichtete zudem der TV-Sender Sky, Sportdirektor Jochen Schneider werde den VfB auf eigenen Wunsch verlassen. Konstanz sieht anders aus.

Aber noch ist Stevens da, und noch ist der VfB nicht abgestiegen. Der Klub befindet sich in einem Zwiespalt zwischen Abstiegsnot und Zukunftsplänen, die seit Januar der neue Manager Robin Dutt umsetzt. Und nun muss der Patient auch noch mit den Vorwürfen leben, in den siebziger und achtziger Jahren Dopingmittel eingesetzt zu haben. Bleibt die Frage, ob diese Vorwürfe für zusätzliche Unruhe sorgen – oder sogar den Fokus von sportlichen Sorgen ablenken können.

Vielen erscheint die Abstiegsgefahr realer als jemals zuvor nach dem Wiederaufstieg 1977 (einziger Abstieg 1975). Mancher ist sogar überzeugt, ein Neuaufbau wäre die einzige Chance für den Klub, der keinen seiner drei Bundesliga-Meistertitel (1984, 1992, 2007) in nachhaltigen Erfolg umsetzen konnte. Von der einst erfolgreich strahlenden Marke der „Jungen Wilden“ ist der VfB inzwischen weit entfernt.

VfB Stuttgart könnte Derby gegen Stuttgarter Kickers bevorstehen

Huub Stevens kümmert der schwäbische Fußballfrust samt Vergangenheitsbewältigung inzwischen wenig. Er pendelt selbst zwischen wachsender Unlust und aufflammendem Ehrgeiz, das Wunder doch noch zu schaffen. Aber auch er hat gehört, worüber in Stuttgart seit einiger Zeit getuschelt wird: Über ein mögliches Zweitliga-Derby gegen die Stuttgarter Kickers, das möglich wäre, wenn der VfB ab- und die Kickers aus der Dritten Liga aufstiegen. Der VfB wäre mit einem größeren Zweitliga-Etat immer noch Platzhirsch in Stuttgart, trotz der zu erwartenden Etatkürzungen von derzeit 44 auf wohl rund 24 Millionen Euro. Ein Zweitliga-Derby gegen die Kickers aber würde zeigen, dass sich die Machtverhältnisse im Stuttgarter Fußball zum ersten Mal seit der letzten Bundesligasaison der Kickers 1992 wieder gewandelt haben. Und dass beim großen VfB etwas grundlegend schiefgelaufen sein muss.

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