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DFB-Pokal: VfL Osnabrueck - Borussia Dortmund

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VfL Osnabrück: Der Glaube ist wieder da

Nach Abstieg und Wettskandal hofft der VfL Osnabrück im Viertelfinale gegen Schalke 04 auf die nächste Pokal-Sensation

Achtlos lehnt ein Bild neben dem Schreibtisch von Ralf Heskamp. Es zeigt eine Szene aus dem Pokal-Achtelfinale des VfL Osnabrück gegen Borussia Dortmund aus dem Oktober vergangenen Jahres. Aufgehängt hat der VfL-Geschäftsführer den Farbdruck noch nicht, die Räume seien gerade erst renoviert worden, erklärt der 44-Jährige. Vielleicht wartet er auch besser noch ein bisschen. Nachdem die Lila-Weißen bereits den Hamburger SV und eben Dortmund aus dem Wettbewerb warfen, soll nun im Viertelfinale am Mittwoch der FC Schalke 04 (20.30 Uhr, live im ZDF) den Heißhunger des Drittligisten nach Sensationen spüren.

Zwischen 1983 und 1996 hat Heskamp selbst 335-mal für den VfL gespielt – es war die Zeit, in der der zwischen Zweit- und Drittklassigkeit pendelnde Traditionsverein am Tropf seines Mäzens Hartwig Piepenbrock hing. Der aktuelle Finanzier heißt DFB-Pokal: Das Viertelfinale bringt noch mal weit mehr als eine Million Euro ein, so konnten nicht nur der Gesamtetat auf 7,8 Millionen Euro erhöht und vier neue Spieler verpflichtet, sondern auch Altlasten getilgt werden. „Solch ein Spiel haben wir noch nie gehabt“, sagt Heskamp über das Viertelfinale gegen Schalke und bezieht das auf die mediale Aufmerksamkeit. Vier Kamerateams verfolgten, wie Trainer Karsten Baumann die Profis zu Wochenbeginn auf einem hartgefrorenen Kunstrasenplatz bei Laune hielt. Heskamp spricht davon, dass der Pokal für Fans und Sponsoren eminent wichtig sei, „sie glauben wieder an den Verein“. Was unbezahlbar ist, nachdem der VfL vor wenigen Monaten in den Wettskandal verstrickt schien. Der Verein sei „eindeutig in der Opferrolle zu sehen“, sagt Sportdirektor Lothar Gans. Kapitän Thomas Reichenberger griff damals im Stadion zum Megafon, um seine Unschuld zu beteuern. Der 35-Jährige tauchte in den Akten tatsächlich nur in eher harmlosen Zusammenhängen auf.

Anders waren die Fälle bei Marcel Schuon und Thomas Cichon gelagert, den beiden zentralen Abwehrspielern. Und zentralen Figuren verschobener Spiele? Schuon hat sich nach Angaben seines Anwalts der „Verbrechensabrede“ schuldig gemacht. Schuon war Stammgast in einem Wettbüro am Bahnhof, mit Drahtziehern der Wettmafia traf er sich an Autobahnraststätten, und irgendwann wurde ihm eine Waffe an den Kopf gehalten. Cichon, der dem Verein seine Spielsucht offenbarte, kickt heute in Südafrika. Auch er gab zu, Wetten platziert und Schulden im fünfstelligen Bereich angehäuft zu haben. Doch genau wie Schuon habe auch er nie Spiele manipuliert. Gans muss das glauben, erinnert sich aber rückblickend mit Grausen an die Niederlagen in Nürnberg (0:2) oder Augsburg (0:3): „Da hätte der Trainer acht Spieler auswechseln können, so desolat sind wir aufgetreten.“ Beweise für den Betrug? Gibt es nicht, wird es wohl auch nicht mehr geben.

Mehr als drei Millionen Euro fehlen dem VfL allein an Fernsehgeldern durch den Abstieg, von dem eben keiner weiß, ob er durch Absprachen in Hinterzimmern der Wettmafia herbeigeführt wurde. Heskamp kann sein Unbehagen nur schwerlich verbergen: „Natürlich denke ich daran, wie Marcel Schuon in einem Spiel nicht richtig hingeht – man will es aber auch nicht wahrhaben, dass Spiele verschoben worden sind. Man muss es abhaken.“ Abschließend kann der VfL die Angelegenheit aber erst, wenn nach den Pokalsensationen auch der Wiederaufstieg gelingt. Deshalb schaut Heskamp immer auf ein großes Jubelfoto von der Aufstiegsfeier 2007 – dieses Bild hängt schon frontal vor seinem Schreibtisch.

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