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Sport: Vierfach gut

Die deutschen Biathleten sind vor dem Weltcup in Oberhof in starker Form

Berlin - Für Touristen, die im Auto vorbeibrausten, muss es ein amüsanter Anblick gewesen sein: Männer, die sich im Sommer auf Ski, unter denen Rollen angebracht sind, den Col du Galibier hoch quälten. Auf 2645 Meter, bei 6,9 Prozent Steigung. Selbst Radstars haben Respekt vor dem höchsten Berg der letztjährigen Tour de France. Doch die Männer auf den Rollski waren die deutschen Biathleten um Bundestrainer Frank Ullrich. „Wir sind mehrere Tour-de-France-Pässe mit Rad und Skiroller hochgefahren“, sagt er.

2004 hatte Ullrich diesen ungewöhnlichen Programmpunkt erstmals in die Saisonvorbereitung aufgenommen. „Damals war das für einige eine riesige Anstrengung, diesmal haben sie es zeitweise leichter bewältigt“, sagt Ullrich. Alexander Wolf, ein 90-Kilo-Mann, fuhr als Erster über einen der Pässe, „damit hat er einen Akzent gesetzt“. Der 27-Jährige überraschte einige Monate später auch in der Loipe: Ein einziges Weltcuprennen hatte er in seiner Karriere gewonnen und war 2005 in Oberhof Dritter geworden. Nach einem ersten, einem zweiten und zwei vierten Plätzen in dieser Saison führt er vor dem heute in Oberhof beginnenden Weltcup plötzlich in der Gesamtweltcup-Wertung vor Raphael Poiree (Frankreich) und Sven Fischer.

Doch von der intensiven Vorbereitung zu Beginn der Olympiasaison profitiert nicht nur Wolf. Die Deutschen sind im Biathlon derzeit das Maß der Dinge. Beim Weltcup vor Weihnachten in Osrblie feierten sie zwei Vierfacherfolge. Sven Fischer, Alexander Wolf, Michael Rösch und Michael Greis waren nicht zu schlagen. „So einen Erfolg wird es so schnell nicht wieder geben“, sagt Ullrich, schließlich fehlten die traditionell laufstarken Norweger, „aber solche Ergebnisse sind gut fürs Selbstvertrauen.“ Und schließlich waren die keineswegs schwachen Russen, Franzosen und Schweden am Start. Vor der vergangenen Saison hatte Ullrich das Training in der Loipe intensiviert, um mit einer Laufoffensive den Abstand zu den Norwegern zu verringern. „Das scheint jetzt Früchte zu tragen“, sagt Ullrich, „einige von uns haben sich auf Augenhöhe mit den Norwegern bewegt.“ Diese seien künftig zwar nicht immer zu schlagen, „aber wir sind in der Lage, ihnen auf die Füße zu treten“.

Nicht, dass die Deutschen in der Vergangenheit erfolglos gewesen wären: Fischer, Groß und Greis gewannen bei der WM 2005 in Hochfilzen insgesamt dreimal Silber und zweimal Bronze. Doch in den bislang sieben Einzelrennen in dieser Saison legten die Deutschen noch einmal zu. Drei erste, zwei zweite, fünf dritte und fünf vierte Plätze holten Fischer, Greis, Wolf und Rösch. Ausgerechnet Ricco Groß, den Weltmeister von Oberhof 2004, suchte man vergebens vorne in den Ergebnislisten. Erst im bisher letzten Weltcuprennen in Osrblie überzeugte er als Sechster. Beunruhigt ist Ullrich nicht von dem schwachen Start des Stars. „Das ist bei ihm normal. Seine Erwartungshaltung ist hoch, er stolpert über seine eigenen Füße, und es dauert, bis er zur Normalität kommt.“ So sehr Groß enttäuschte, so sehr überraschten Wolf und vor allem Rösch. Der 22-Jährige, bislang einmal Zweiter und zweimal Dritter, kommt quasi aus dem Nichts. Er habe die Trainingsleistung erstmals im Wettkampf umsetzten können, sagt Ullrich. Kontinuität traut er Rösch aber noch nicht zu, „es wird nicht weiter senkrecht nach oben gehen“.

Auf dem anspruchsvollen Kurs in Oberhof haben die Deutschen heute in der Staffel die Chance, ihre Stärke zu beweisen. Wie beim Sieg im Dezember in Hochfilzen werden Groß, Fischer, Greis und Wolf an den Start gehen. Die Gelegenheit ist günstig: Bei den Norwegern fehlt der erkältete Star Björndalen.

Helen Ruwald

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