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Cooler Norweger. Anders Jacobsen siegt zum Auftakt der Vierschanzentournee in Oberstdorf.

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Update

Vierschanzentournee: Norweger Jacobsen gewinnt in Oberstdorf - Freund Dritter

Der Norweger Anders Jacobsen gewinnt zum Auftakt der Vierschanzentournee vor dem favorisierten Gregor Schlierenzauer und Severin Freund, der aus einer starken deutschen Mannschaft herausragt.

Die kleine Anhöhe neben dem Oberstdorfer Eisstadion ist unter den Einheimischen wegen seiner romantischen Lage auch als „Schmuserberg“ bekannt. Am Sonntagnachmittag jedoch hat der aktuelle Hype um die deutschen Skispringer alle schmusefreudigen Pärchen vertrieben. Statt ihrer enterten rund 200 zahlungsunwillige Skisprungfans die Anhöhe und nutzten den kostenfreien Blick auf das Auftaktspringen der Vierschanzentournee. Der Wind wehte ihnen den Stadionkommentar zu, weshalb sie mitbekommen haben dürften, dass der Norweger Anders Jacobsen das Auftaktspringen überraschend gewonnen hat und der Deutsche Severin Freund auf Platz drei gelandet ist.

Wie dieses Klassement allerdings zustande kam, ist höhere Skisprungarithmetik. Wegen ständig wechselnder Winde und Verschiebungen der Absprungluken dürfte auch für die meisten der 24 500 zahlenden und mit Deutschland-Fahnen wedelnden Zuschauer am Fuße der Schattenbergschanze die Punktewertung einige Rätsel bergen. So flog der bereits nach dem ersten Durchgang führende Jacobsen zwar auch im zweiten Durchgang mit 139 Metern die größte Weite. Doch er bekam wegen guter Winde 10,7 Punkte abgezogen, wegen eines verkürzten Anlaufes 18,5 Punkte hinzuaddiert, was gemeinsam mit den Haltungsnoten 159 Punkte ergab. Oder einfacher: Platz eins. „Man musste auch mit dem Wind und der Anlaufluke Glück haben“, sagte Jacobsen.

Mit dem 27-Jährigen hatte vor dem Auftaktspringen kaum einer gerechnet. Er hatte bis dahin im Weltcup nur durchwachsene Leistungen gezeigt. „Das ist wie im Märchen“, sagte Jacobsen. Als ehemaliger Vierschanzentourneesieger der Saison 2006/07 gilt er ab sofort auch als Topfavorit auf den Gesamtsieg. In der vergangenen Saison hatte er mangels Motivation mit dem Skispringen aufgehört. „Ich wollte ein Jahr mit meiner Familie und meinem Sohn verbringen“, sagte er, „nun bin ich ein glücklicherer Mensch und kann bei dieser Tournee unbelastet springen.“ Was ihn auch in den nächsten Springen ganz nach vorne bringen könnte, glaubt der deutsche Bundestrainer. „Jacobsen ist eine Sphinx“, sagt Werner Schuster, „er hat den Instinkt eines absoluten Weltklassespringers, es wird sehr schwer werden, ihn zu biegen.“

Der Österreicher Gregor Schlierenzauer kann ihn als Zweitplatzierter von Oberstdorf noch am ehesten biegen. Der Gesamtweltcupführende und Vorjahressieger der Tournee beeindruckte ebenfalls mit zwei souveränen Sprüngen (134,5 und 138,5 Meter), in der Skisprung-Arithmetik fehlen ihm 11,6 Punkte auf den Norweger. Doch Schlierenzauer ist der einzige Springer aus dem Lager der siegverwöhnten Österreicher, der überzeugte. Der ehemalige Tourneesieger Thomas Morgenstern verfehlte überraschend den zweiten Durchgang, Andreas Kofler, ebenfalls ein Tourneesieger und Mitfavorit, wurde nach dem zweiten Durchgang wegen eines zu weit geschnittenen Anzugs disqualifiziert. „Uns hat es hier ganz schön gebeutelt“, sagte der österreichische Cheftrainer Alexander Pointner.

Zufriedener hingegen war der deutsche Bundestrainer. „Das hat gepasst“, sagte Schuster. Severin Freund liegt nach Sprüngen auf 138,5 und 135,5 Meter als bester deutscher Springer mit Platz drei nur 6,2 Punkte hinter Schlierenzauer. „Er ist ihm auf den Fersen“, sagte Schuster erfreut. Das Ziel eines Podestplatzes bei der Tournee haben die deutschen Springer bereits nach dem ersten Springen erreicht. Severin Freund kommentierte sein gutes Ergebnis gewohnt analytisch. „Vor zwei Jahren Platz sechs, letztes Jahr Rang vier, da ist es nur logisch, dass ich jetzt Dritter werde“, sagte der 24-Jährige.

Auch die übrigen deutschen Springer überzeugten im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Michael Neumayer (8.) und der 17 Jahre alte Andreas Wellinger (10.) schoben sich unter die besten Zehn. Richard Freitag (15.), Martin Schmitt (16.), Danny Queck (19.) und Maximilan Mechler (24.) empfahlen sich für weitere Nominierungen bei der Vierschanzentournee. „Ich bin sehr zufrieden mit den Leistungen“, sagt Schuster, „es ist ein guter Start.“ Vor allem Schmitts überraschend guten Auftritt feierten die Fans. „Es ist toll, einen weiteren Spitzenspringer im Team zu haben“, sagte Schuster. „Vor allem, wenn er die Massen so elektrisiert.“

Das erwartete Duell Deutschland gegen Österreich aber ist die aktuelle Vierschanzentournee bereits vor dem Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen (Montag, Qualifikation 13.45 Uhr; Dienstag, Erster Wertungsdurchgang 14 Uhr, live in der ARD) nicht mehr. Ein Norweger trägt Schuld daran. „Ich bin gefragt worden, ob ich die deutsch-österreichische Party ruiniert habe“, sagte Jacobsen, „ich sehe das anders: Ich mache jetzt einfach auch bei der Party mit.“

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