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Glänzende Aussichten. Peter Prevc hat mit seinem Sieg beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen auch die Führung in der Gesamtwertung der Vierschanzentournee übernommen. Der Slowene ist der dominierende Springer dieser Saison und überzeugt vor allem durch seine Konstanz.

© dpa/Kamann

Vierschanzentournee: Peter Prevc: Ein starker Kopf und viel Schokolade

Der Slowene Peter Prevc liefert sich mit Severin Freund einen harten Kampf um den Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee. Auch an diesem Sonntag, wenn in Innsbruck das dritte Springen stattfindet.

Von Johannes Nedo

Immer wieder hört Peter Prevc derzeit die gleichen Fragen: Warum ist er so gut? Was macht ihn so besonders? Was unterscheidet ihn von all seinen Konkurrenten? Und weil der Slowene ein sehr ruhiger, ja fast verschlossener Typ ist, gibt er darauf fast immer die gleichen Antworten, die wie ständig wiederkehrende Floskeln klingen. Er habe großes Selbstvertrauen, sagt er dann. Oder: „Ich kann die Favoritenrolle bei der Tournee nicht mehr abstreiten.“ Nach mehreren Nachfragen nach seinem deutlichen Sieg beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen sagt Prevc dann doch noch etwas anderes. Er esse gern Schokolade, viel Schokolade. Vielleicht habe das ja einen Einfluss. Und dann grinste er sogar kurz.

Eigentlich hätte der 23-Jährige derzeit allen Grund, in einem fort zu grinsen und zu lachen. Er liegt in der Gesamtwertung der Vierschanzentournee vorne, nebenbei führt er souverän im Gesamt-Weltcup. Prevc ist damit der große Rivale von Severin Freund, der in der Tournee-Wertung noch aussichtsreich Zweiter ist. Aber Prevc kennt das ja, in den vergangenen Jahren lieferte er sich immer wieder ein Duell mit Freund.

Auch an diesem Sonntag, wenn in Innsbruck das dritte Springen stattfindet (14 Uhr/live im ZDF und bei Eurosport), werden sich wohl vor allem die beiden einen Zweikampf liefern – inklusive kleiner Psychospiele. So verzichtete Prevc am Samstag auf seinen Qualifikationssprung, weil er als Gesamtführender bereits sicher beim Wettkampf dabei ist. In Garmisch-Partenkirchen hatte Freund ihm dies vorgemacht.

Auch sonst gibt es einige Parallelen zwischen den beiden. Sie sind eher zurückhaltend. Und sie entwickelten sich in ihren Karrieren ohne großen Überraschungscoup, sondern Schritt für Schritt. Prevc gelang 2014 sein erster Sieg, nachdem er schon mehr als vier Jahre im Weltcup unterwegs war. Dann folgte ein Erfolg nach dem anderen. Wenige Wochen später bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi gewann er Silber von der Normalschanze und Bronze von der Großschanze. Bei der Tournee im vergangenen Jahr wurde er Dritter, dies bezeichnet er als Initialzündung dafür, nun bereit für Siege zu sein. Auch wenn ihm der erste große Triumph danach weggeschnappt wurde – im Gesamtweltcup, von Severin Freund. Zum Ende der vergangenen Saison kamen beide auf die exakt gleiche Punktzahl, doch weil der Bayer mehr Springen gewonnen hatte, holte er sich die Kristallkugel.

Peter Prevc mal ohne Helm.
Peter Prevc mal ohne Helm.

© dpa

Das beschäftigt Prevc noch immer. „Ich weiß genau, dass sich mit einem Sprung noch alles ändern kann – und davor habe ich schon etwas Angst“, sagt er nun. „Der Druck auf mich ist ständig hoch.“ Und auch vor dem Wettkampf am Bergisel stapelt er tief: „Innsbruck wird knifflig für mich.“ Im Vorjahr kam er dort nur auf Platz elf. „Da musste ich mit mir und der Schanze kämpfen. Deshalb wird es dieses Mal eine große Sache für mich“, sagt Prevc. Eher schiebt er Freund in die vermeintliche Favoritenrolle: „In Topform ist Severin nahezu unschlagbar.“

Prevc hat mit Freund den derzeitigen Stil im Springen geprägt, glaubt Martin Schmitt

Diese gespielte Zurückhaltung nimmt ihm Freund nicht ab. „Er macht kaum Fehler und ist mit seinen Sprüngen konstant auf einem unglaublichen Niveau“, sagt der 27-Jährige vom WSV DJK Rastbüchl. Wie sehr Prevc vom Siegeswillen besessen ist, bekommt auch Bundestrainer Werner Schuster immer wieder zu spüren. „Wenn er hinter Severin Zweiter geworden ist, ist er am nächsten Tag gesprungen, als gäbe es kein Morgen mehr“, sagt er.

Für den ehemaligen Weltmeister und Olympiasieger Martin Schmitt gibt es derzeit nur zwei dominierende Athleten: Freund und Prevc. „Gemeinsam mit Severin hat Prevc den derzeitigen Stil im Springen geprägt“, sagt Schmitt. „Sie bestimmen das Maß.“ Schmitt beschreibt diesen Stil als „äußerst aggressiv“. Prevc setzt beim Absprung viel mehr auf Geschwindigkeit als auf Höhe. Er legt seinen Körperschwerpunkt dabei extrem weit nach vorne und kommt sehr schnell in die Flugphase. Zudem hält er wie Freund einen geringen Abstand zwischen Körper und Ski – und er stellt diese sehr flach, um die Luftströme zu optimieren.

Neben der ausgefeilten Technik ist Prevc’ große Stärke sein Kopf. Er kann sich vollkommen auf ein Ziel fokussieren und lässt sich dabei von nichts ablenken. Als Skispringer seien die mentalen Fähigkeiten absolut entscheidend, sagte Prevc kürzlich. Und darin macht ihm wirklich kaum einer seiner Kontrahenten etwas vor. Mittlerweile hat er damit auch seinen jüngeren Bruder Domen angesteckt. Der 16-Jährige bestreitet derzeit seine erste Saison im Weltcup und wurde Mitte Dezember in Engelberg sogar schon Zweiter, nur hinter Peter Prevc. „Das Miteinander gibt mir noch mehr Courage“, sagt Sloweniens Sportler des Jahres 2015. Auch sein zweiter Bruder Cene, 19, ist Skispringer.

Abseits des Sports hält sich Prevc eher bedeckt. Vor allem liest er viel. Seine Mutter ist Bibliothekarin und versorgt ihn stets mit neuen Büchern. Kein Wunder also, dass er vom Reden nicht allzu viel hält. Er springt lieber, auf eine grandiose Weise.

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