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Kampf gegen den eigenen Körper. Markus Deibler, in der Vorbereitung auf die deutsche Meisterschaft von einer Grippe geschwächt, schwamm im Endlauf eine starke Zeit. Foto: dpa

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Sport: Völlig kaputt, total zufrieden

Markus Deibler steigert sich über 200 Meter Lagen und holt den Titel in Berlin.

Berlin - Markus Deibler, 23 Jahre alt, hat wohl richtig entschieden, als er nach dem vierten Platz über 200 Meter Lagen bei den Olympischen Spielen in London entschieden hat, auf jeden Fall noch einen Vier-Jahres-Zyklus weiterzumachen. Den Entschluss hat er in den drei Monaten Pause gefasst, die er nach seinem Olympiaauftritt gemacht hat und in der er „den Kopf aufräumte“, wie er sagt. Deibler fing wieder an zu trainieren, kam schnell und gut rein. Bis ihn die Grippe erwischte. „Wer Schwimmtraining kennt, weiß, wie dies die Erwartungen reduziert“, erzählte er vor seinem ersten Wettbewerb bei den deutschen Meisterschaften in Berlin. Ausgerechnet die 200 Meter Lagen standen am Freitag auf dem Programm, und Deiblers Befürchtungen, dass er in seinen Resultaten dem geschwächten Körper Tribut zollen müsse, schienen sich zu bestätigen.

Eine 2:02er Zeit, nur die drittschnellste der Vorläufe, schwimmt der 1,96-m-Recke sonst fast im Schlaf. Er blieb damit sogar über der ziemlich sanften WM-Vorlauf-Norm des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV), der immerhin 1:59,99 Minuten verlangte. Allerdings war der gebürtige Hesse aufgrund seiner Olympia-Leistungen bereits vornominiert. Im Endlauf schlug er dann als Erster nach 1:58,18 Minuten an. Es war das zweitbeste Resultat auf der Strecke, das er je erreicht hat und nur 36 Hundertstel über seinem nationalen Rekord vom Mai des vergangenen Jahres.

Der muskulöse Kraftprotz ist bekannt für seinen Wettkampf-Stil: Deibler geht stets bis an die Grenzen, holt alles aus sich heraus. So konnte er auch diesmal, dem Becken entstiegen, keine große Kommentare abgeben und brauchte erst einmal eine Ruhephase, um die hämmernden Kopfschmerzen abzustellen. Ein halbe Stunde später, nachdem sein älterer Bruder Steffen die 50 Meter Schmetterling in 23,35 Sekunden gewonnen und dabei den deutschen Rekord nur um eine Hundertstel verpasst hatte, war er wieder voll da. „Total zufrieden, völlig kaputt“, beschrieb Markus Deibler seinen Zustand. Nach der Erkrankung habe er „nicht gewusst, was ich bringen kann“. Dass er im Finale gleich vier Sekunden schneller war als im Vorlauf am Vormittag, überraschte ihn selbst, „weil er sich gar nicht so gut in Schuss gefühlt“ habe.

Die 200 Meter Lagen waren für Deibler das wichtigste Rennen in Berlin, nun folgen heute noch die 100 Meter und am Sonntag die 200 Meter Freistil. Insgesamt, so sagt Deibler, sei er seit Olympia wohl selbstbewusster geworden, auch zielgerichteter und konsequenter. Möglicherweise gilt das auch für die Privatsphäre. Mit seiner Freundin Luisa betreibt er in Hamburgs Stadtteil St. Pauli seit kurzem eine Öko-Eisdiele, die mit erstaunlich kreativen Ideen aufwartet. „Schmeckt lecker, ich bin stolz auf die beiden“, sagt sein Bruder Steffen über das Angebot. Alles in allem, so sagt Markus nach einem Moment des Überlegens lächelnd, mache das, was sich in seinem Leben in den vergangenen Monaten rundum getan habe, „richtig Mut für die Zukunft“. Da lässt man sich durch eine simple Grippe und Kopfschmerzen nicht aus der Bahn werfen.

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