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Gigantisch. Die Judo-Halle „Nippon Budokan“ von Tokio, in der im August bei den Olympischen Spielen gekämpft wird.

© picture alliance/dpa

Volkssport des Olympia-Gastgebers: Warum die Begeisterung für Judo in Japan sinkt

Japan ist im Judo weit vorn in der Welt, dort wurde die Sportart auch erfunden. Doch der Volkssport verliert bei den Olympia-Gastgebern an Bedeutung.

Wer im Kodokan trainieren möchte, muss sich ganz oft verbeugen. Bei der wichtigsten und ältesten Judoschule der Welt ist es üblich, dass man sich vor jedem verbeugt, der einem begegnet und einen höheren Gürtel hat. Trägt man keinen schwarzen Gürtel, ist das sehr oft. Deutsche Judoka machen das gerne, für sie ist die Trainingsteilnahme im Judo-Mekka in Tokio eine große Ehre. Dabei nimmt die Beliebtheit des Volkssports Judo in Japan selbst langsam ab.

Erst vor wenigen Monaten war die Judo-Weltmeisterschaft in Tokio, in diesem Jahr finden dort die Olympischen Spiele statt. Die Japaner sind Medaillen-Rekordhalter in dieser Sportart, hatten 2016 in Rio de Janeiro mit zwölf Medaillen sogar mehr als doppelt so viele wie die zweitplatzierten Franzosen. 2020 könnte es ähnlich aussehen, Japan war schon immer das Judo-Land. Dort wurde die Sportart erfunden und dort fliegen regelmäßig die besten ausländischen Sportler zum Training ein. Im Leistungssport zeigt sich das noch an der Anzahl der Medaillen, im Volkssport inzwischen weniger.

Sportvereine wie in Deutschland gibt es in Japan nicht

Sportvereine wie in Deutschland gibt es in Japan nicht, das läuft über die Schulen. Zu den regulären verschiedenen Sportangeboten gehört auch Judo. Beliebter sind inzwischen aber Ballsportarten wie Fußball oder Basketball. Sportler, die Wert auf Judo legen, versuchen dafür auf eine Schule zu kommen, in der die Judogruppe besonders stark ist. Von den etwa 126 Millionen Menschen in Japan betreiben rund 160 000 Judo. Das ist gar nicht so viel, zum Vergleich: In Deutschland zählt der Judobund rund 130 000 Mitglieder. In Deutschland schicken Eltern ihre Kinder gerne während der Grundschulzeit ins Judotraining. Sie wünschen sich einen sicheren Ort, an dem sich die Kinder austoben können. Und das ist die Judomatte auch.

Judo, aus dem japanischen übersetzt, bedeutet „der sanfte Weg“. Siegen durch Nachgeben. Das erste, was man im Training lernt, ist wie man richtig fällt. Eine Fertigkeit, die auch abseits vom Sport hilfreich ist. Dann wird gekämpft. Ein Kampf beginnt im Stehen, geworfen wird mit verschiedenen Techniken in alle Richtungen. Dort, wo sich der Gegner hinbewegt, soll seine Kraft ausgenutzt und in diese Richtung geworfen werden. Wenn der Gegner schiebt, stellt man ihm in diese Richtung ein Bein.

Fällt der Gegner, aber die Aktion wird nicht als perfekter Wurf und damit voller Punkt gewertet, geht der Kampf im Boden weiter. Bei Kindern wird der Gegner „nur“ für 25 Sekunden auf dem Boden festgehalten, ältere Kämpfer können auch Armhebel und Würgegriffe anwenden. Treten, Schlagen oder Ähnliches ist verboten. Techniken werden in Gürtelprüfungen abgefragt, die Farben gehen von weiß-gelb bis schwarz.

Bester deutscher Judoka. Alexander Wieczerzak macht sich Hoffnungen auf Olympia.
Bester deutscher Judoka. Alexander Wieczerzak macht sich Hoffnungen auf Olympia.

© dpa

Neben dem Breitensport gibt es auch den aktiven Wettkampfsport in Deutschland und das auf ordentlichen Niveau. Bei den Weltmeisterschaften in Japan in diesem Jahr holte die deutsche Martyna Trajdos in der Gewichtsklasse bis 63 Kilogramm die Bronzemedaille. Ein Jahr zuvor gelang das dem 28-jährigen Frankfurter Alexander Wieczerzak, der 2017 sogar WM-Gold gewann.

Auch wenn der Sport in Japan inzwischen nicht mehr so beliebt ist, wie er es einmal war, spielt Judo noch eine zentrale Rolle in dem Land. Bei der Weltmeisterschaft waren Medienberichten zufolge alle Zuschauerplätze ausverkauft. Außerdem spiegelt die traditionelle Sportart japanische Werte wieder. Dazu gehören vor allem Respekt und Disziplin.

Judotraining in Deutschland und Japan nicht zu vergleichen

Respekt zeigt sich nicht nur im Judo-Mekka Kodokan, sondern in jedem Training und bei jedem Wettkampf. Vor einem Kampf verbeugen sich die Gegner voreinander, nach einem Turnier geben sich viele zusätzlich die Hand. Im Alltag in Japan ist es üblich, sich zur Begrüßung vor jemanden zu verbeugen. Auch Disziplin ist wichtig, beim Sport und auch in der japanischen Gesellschaft.

Besonders eindrücklich sieht man das, wenn man ein Judotraining für Kinder in Deutschland mit dem Training für Kinder in Japan vergleicht. In Deutschland sind es oft nur zehn bis zwanzig Kinder in einer Trainingsgruppe. Trotzdem geht es oft laut und chaotisch zu, Kinder spielen und lachen. In Japan sind bei einem Training derselben Altersgruppe teilweise deutlich mehr Kinder, trotzdem ist es sehr still. Es kommt kaum vor, dass dort mal ein Kind lacht oder sich unterhält. Disziplin ist wichtig und es ist selten, dass ein Kind einen auffälligen Fehler macht.

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