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Volleyball: Ein Chinese revolutioniert die Kultur

Präsident Wei verändert den Volleyball-Weltverband. Er will kritisiert werden - eine völlige Abkehr vom Auftritt seines Vorgängers Ruben Acosta, genannt "Sonnenkönig"

Stavanger - So recht mochte der Schweizer Beachvolleyballer Sascha Heyer seinen Ohren nicht trauen, als er im April in Brasilia zu einer Unterredung mit dem brasilianischen Funktionär Ary Graca gebeten wurde. Da war von Demokratie die Rede, von Offenheit und Mitspracherecht, von Transparenz in finanziellen Angelegenheiten und von Vertrauen. Konnte das wahr sein, oder handelte es sich um eine Illusion?

Wer die Diktion ernst nimmt, derer sich die neue Führung des Weltverbandes FIVB bedient, darf zuversichtlich sein. Der Brasilianer Graca ist als starker Mann für den Bereich Beachvolleyball auserkoren worden, um den Hallenbereich kümmert sich ein Chinese: Im vergangenen Jahr wurde Jizhong Wei zum Präsidenten der FIVB gewählt und hat damit eine Ära beendet. 24 Jahre lang hatte der Mexikaner Ruben Acosta sich aufgrund seiner absolutistischen Amtsführung den Beinamen „Sonnenkönig“ erworben.

Der Mexikaner agierte zwar pro forma im Ehrenamt, doch aufgrund von üppigen Provisionen für TV- und Sponsorenverträge mästete der Jurist sein Konto mit zig Millionen Dollar. Der Ruf der Sportart Volleyball hat unter Acostas Führung gelitten. Nun soll das Image repariert werden. Bei der am Sonntag zu Ende gegangenen Beachvolleyball-WM in Norwegen legte Wei einen beeindruckenden Auftritt hin. Der 72-Jährige nutztedas Forum für einen flammenden Appell. Seine Politik sei „sportorientiert, die Fokussierung auf das Business muss beendet werden“. In seiner Position sei er „der Erste, der kritisiert werden darf.“ In der Welt der Volleyballer bedeuten solche Worte nicht weniger als eine Kulturrevolution.

Kurz vor seiner Demission verlängerte Acosta noch die Kontrakte mit den beiden Hauptsponsoren um vier Jahre – und kassierte dafür noch einmal ordentlich. So etwas soll es nicht mehr geben. „Ich werde nicht einen Cent Provision anfassen“, betonte Wei, der entsprechende Passus in den Statuten, nach dem Funktionsträger Provisionen kassieren dürfen, sei gestrichen worden. Zudem kündigte Wei an, beim Weltverband geheime Wahlen einzuführen. Acosta hatte sich stets per Akklamation bestätigen lassen. Kann es sein, dass ein Chinese kommen muss, um den Volleyballern demokratische Gepflogenheiten beizubringen? Neue Umgangsformen hat Sascha Heyer bereits festgestellt. So stieg Jizhong Wei in Stavanger im Spielerhotel ab und ließ sich nicht wie Acosta die feinste Suite im ersten Haus der Stadt buchen. Felix Meininghaus

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