zum Hauptinhalt
Wuchtig am Netz. Graham Vigrass soll bei den BR Volleys vornehmlich im Block punkten. Wenn es sein muss, darf der 2,03 Meter große Kanadier – wie im Bild – gerne selbst den einen oder anderen Angriffsschlag anbringen.

© imago/Camera 4

Volleys-Spieler im Interview: "Tipps für Kanadier? Schnitzel essen!"

Steven Marshall und Graham Vigrass von den BR Volleys im Doppelinterview über den Start der Volleyball-Bundesliga und ihre Ziele beim Deutschen Meister aus Berlin.

Von Johannes Nedo

Herr Marshall, wie geht es Ihnen? Sie haben eine tolle Vorbereitung bei den BR Volleys gespielt – und sich dann eine Kreuzbandverletzung im Knie zugezogen.

STEVEN MARSHALL: Mein Knie fühlt sich stabil an, und dank der medizinischen Abteilung bei den BR Volleys verbessert es sich jeden Tag. Ich kann schon wieder trainieren, aber bevor ich wieder spiele, muss ich völlig beschwerdefrei sein. Alles was ich im Moment zu meiner Rückkehr sagen kann, ist, dass ich große Fortschritte mache.

Haben Sie eigentlich schon eine Flasche mit Sand aus Berlin gefüllt?

MARSHALL: Nein, noch nicht. Ich habe nur während meiner Beachvolleyballkarriere vor ein paar Jahren Flaschen mit Sand von den Orten gesammelt, an denen ich gespielt habe. Da sind aber ein paar coole Flaschen dabei, mein Lieblingsexemplar ist die mit indischem Sand.

Haben Sie dann im Sommer aus Rio de Janeiro eine Flasche Sand abgefüllt?

MARSHALL: Auch da nicht. Ich habe es irgendwie nicht geschafft.

Kanadas überraschend starkes Olympia-Turnier wäre doch ein guter Anlass gewesen, oder?

GRAHAM VIGRASS: Wenn ich da mal kurz einhaken darf: Für uns war es absolut nicht überraschend, dass wir das Viertelfinale erreicht haben.

MARSHALL: Natürlich hätten die Experten nicht erwartet, dass wir in der Vorrunde die USA und Italien schlagen, aber wir haben ein richtig gutes Team. Und der Auftaktsieg gegen die USA hat uns viel Selbstvertrauen gegeben. Umso enttäuschter waren wir, als wir im Viertelfinale dann so klar gegen Russland verloren haben.

Herr Vigrass, Deutschland ist nicht Ihre erste Station außerhalb Kanadas. Sie haben in Ihrer Karriere bereits für Klubs in Tunesien und in der Türkei gespielt.

VIGRASS: Ja, ich habe schon viel gelernt über die verschiedensten Kulturen und die unterschiedlichsten Herangehensweisen, sein Leben zu leben. Tunesien war da sicher die beeindruckendste Erfahrung, es war so anders als alles, was ich zuvor kannte. Ich habe es sehr genossen, eine Saison in Tunesien gespielt zu haben.

Steven Marshall (10) hier noch im Trikot von Lüneburg.
Steven Marshall (10) hier noch im Trikot von Lüneburg.

© Imago

Was hat Ihnen dort am besten gefallen?

VIGRASS: Ich mochte besonders das Essen. Viel Lamm, viele Gewürze – und vor allem sehr scharf. Das ist richtig gut. Wäre schön, wenn ich hier in Berlin ein tunesisches Restaurant finde.

Konnten Sie sich sonst schon etwas in Berlin anschauen?

VIGRASS: Berlin ist wirklich eine umwerfende Stadt. Bisher habe ich noch nicht so viel erkunden können, ich war auf der Museumsinsel und am Hackeschen Markt. Aber ich habe ja noch etwas Zeit.

MARSHALL: Mich fasziniert, dass man hier von so viel Geschichte umgeben ist. Darüber möchte ich mehr erfahren.

Herr Marshall, Sie haben schon ein Jahr in Deutschland gespielt, vergangene Saison in Lüneburg. Konnten Sie Graham Vigrass ein paar Tipps zur Eingewöhnung in Deutschland geben?

MARSHALL: Ich habe ihm empfohlen, dass er unbedingt Schnitzel essen sollte.

VIGRASS: Habe ich auch sofort gemacht.

MARSHALL: Ansonsten ist es für uns Kanadier kein großer Kulturschock, wenn wir in Deutschland sind. Wir müssen uns da kaum umstellen. Das fällt einem leicht.

VIGRASS: Denn sogar in Kanada trennen wir den Müll genau wie in Deutschland. Das ist zwar etwas nervig, aber nichts Neues für uns. Außerdem sprechen so viele Leute hier in Berlin Englisch. Das macht es umso einfacher für uns – allerdings ist dann auch unser Antrieb nicht so groß, Deutsch zu lernen.

Die Mannschaft der Volleys ist sehr international mit Spielern aus Kanada, Australien, Serbien, Kroatien und den Niederlanden.

VIGRASS: Es gibt aber keine Grüppchenbildung. Alle sprechen gut Englisch, die Verständigung fällt nicht schwer.

Was den Volleyball angeht, muss sich Graham Vigrass in Deutschland vor allem auf lange Auswärtsfahrten im Bus einstellen, oder?

MARSHALL: Absolut. Von Lüneburg aus gen Süden waren das immer sehr, sehr lange Fahrten. Und von Berlin aus wird sich das ja kaum unterscheiden.

VIGRASS: Wie lang sind denn die längsten Busfahrten, Steven?

MARSHALL: Bis nach Herrsching waren es zehn Stunden, dann werden es von Berlin vielleicht zwei weniger sein.

VIGRASS: Oh! Darauf bin ich ja mal gespannt. Zuletzt in der Türkei sind wir immer geflogen.

MARSHALL: Ich lege mich im Bus eigentlich immer auf den Boden und schlafe.

Wie kommt man als Kanadier überhaupt zum Volleyball? In einem Land, in dem Eishockey die dominierende Sportart ist?

VIGRASS: Ich bin in dieser Hinsicht ein echter Sonderfall. Obwohl ich aus Calgary, einer Eishockey-Hochburg komme, habe ich nie Eishockey gespielt. Mein Onkel besitzt eine Volleyball-Anlage in der Stadt und so spielte ich von Anfang an Volleyball.

MARSHALL: Ich bin eher durch Zufall zum Volleyball gekommen. Seit ich vier Jahre alt war, habe ich Eishockey gespielt. In der Schule habe ich dann viele Sportarten gemacht, Volleyball aber nur nebenbei. Mit 16 Jahren habe ich einen Kumpel begleitet, der bei einem Volleyballverein vorgespielt hat. Ich konnte den Klub auch überzeugen und dann ging es bei mir sehr schnell. Ich wurde besser und besser und musste mich zwischen Eishockey und Volleyball entscheiden. Und meine Wahl fiel auf Volleyball.

Herr Marshall, mit Ihrer Entscheidung für Berlin dürften Sie noch aus einem anderen Grund zufrieden sein: Sie sammeln Turnschuhe.

MARSHALL: Oh ja. Berlin ist dafür wirklich super. Ich habe mir hier in den ersten drei Wochen schon acht Paar Sneaker gekauft.

Wie viele haben Sie denn insgesamt?

MARSHALL: Um die 90, und bis auf fünf oder sechs Paare habe ich alle auch schon getragen. Ich habe also noch nicht so viele Sneaker wie Jerome Boateng, der ja zwei komplette Zimmer voll mit Sneakern haben soll, aber er ist als Fußballer ja auch in einer anderen Gehaltsklasse.

Zum Thema Finanzen passt auch ein zusätzlicher Geschäftszweig von Graham Vigrass. Sie haben vor ein paar Jahren die Firma „Just Ice“ gegründet.

VIGRASS: Ich verkaufe Kühlbeutel aus Neopren-Material, die sich Athleten etwa an der Schulter befestigen können, um Verletzungen zu kühlen. Ich werde damit aber erstmal nicht nach Deutschland expandieren (lacht).

Am Samstag beginnt für Sie die Bundesliga-Saison mit dem Auswärtsspiel in Bühl. Der Volleys-Kader war erst zwei Wochen vor Saisonstart komplett. Fällt da die gemeinsame Vorbereitung schwer?

VIGRASS: Nein. So früh wie dieses Mal, also seit Anfang September, waren wir beide ehrlich gesagt noch nie vor der Saison bei einem Klub. Denn meistens dauert die Saison mit dem Nationalteam bis Ende September und erst dann kommt man ganz kurz vor dem ersten Ligaspiel zum Verein. Für uns war die Vorbereitung deshalb sehr angenehm. Wir konnten uns in Ruhe an alles gewöhnen.

In der vergangenen Saison haben die BR Volleys drei Titel gewonnen, mehr ging nicht. Welche Ziele haben Sie sich nun für diese Spielzeit gesetzt?

MARSHALL: Mit den Spielern, die wir im Team haben, ist es nicht vermessen oder verrückt zu sagen: Wir wollen wieder mindestens zwei Titel gewinnen.

Zur Startseite