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Winken in Whistler. Verena Benetele mit einer von fünf Goldmedaillen bei den paralympischen Winterspielen 2010. Foto: dpa

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Sport: Von der Loipe ans Rednerpult

Verena Bentele lebt Sport auch nach der Karriere

Berlin - Die erste Woche im neuen Leben von Verena Bentele: Montag und Dienstag München, Mittwoch Stuttgart, Donnerstag Frankfurt am Main, Freitag Niederbayern, Samstag Ingolstadt und Sonntag Kitzbühel. Sieht so aus, als habe die 29-Jährige den Übergang vom Leistungssport ins Berufsleben nahtlos geschafft und als würde sie ihr Tempo aus dem Sport gleich für ihre neuen Aufgaben mitnehmen. Am Montag hat Bentele ihre erste Karriere beendet, als eine der erfolgreichsten deutschen Sportlerinnen. Zwölf Goldmedaillen bei Paralympics hat die blinde Athletin im Ski-Langlauf und im Biathlon gewonnen. „Ich bin auch ein bisschen traurig, aber die Entscheidung fühlt sich trotzdem richtig an“, sagt sie.

Lang, emotional, erfolgreich, so beschreibt sie ihre Zeit im Leistungssport, und besonders emotional und erfolgreich waren für sie die paralympischen Winterspiele in Vancouver 2010. „Es war so beeindruckend: das volle Stadion, das emphatische Publikum, das nur für mich gejubelt hat.“ Als sie am Ende eines Wettbewerbs ins Stadion gelaufen sei, habe sie einzelne „Go, Verena“-Rufe gehört, und der Stadionsprecher habe gerufen: „Da läuft Verena zu ihrem dritten Gold.“ Ein unglaubliches Glücksgefühl sei es gewesen „zu erleben, ganz vorne angekommen zu sein“.

Fünf Goldmedaillen hat Bentele aus Vancouver mitgenommen. Besonders war dieser Erfolg auch, weil ihm ein tiefer Fall vorausgegangen war. Bei den deutschen Meisterschaften 2009 hatte sich Benteles Begleitläufer mit einer Ansage an sie vertan, er verwechselte rechts und links, die Athletin stürzte daraufhin einen Abhang hinunter und riss sich unter anderem ein Kreuzband. Es dauerte Monate, bis sie in den Sport zurückkehren konnte. „Den Willen und die Fähigkeit gehabt zu haben, das zu schaffen“, darüber sei sie heute noch stolz.

Was sie am Sport so mag und was sie an eigener Stärke so gut einbringen konnte in den Sport, das hat nun auch zum Ende ihrer Karriere geführt: ihre Zielstrebigkeit. Die Zeit bis zu den nächsten Winterspielen 2014 kam Bentele zu lang vor. Sie brauchte neue und nähere Ziele. In diesem Jahr erst hat sie in München ihr Magisterstudium in den Fächern Neuere Deutsche Literatur, Sprachwissenschaften und Pädagogik mit der Note eins abgeschlossen. Jetzt geht sie neue Aufgaben an. Bentele hält Motivationsvorträge, sie macht gerade eine Coaching-Ausbildung und arbeitet als Referentin für die Schulsportstiftung in Baden-Württemberg.

Dabei betreut sie ein besonderes Projekt: Wie behinderte Kinder auch im Schulsport integriert werden können. Bentele selbst war damals auf einer Spezialschule, nicht auf einer Regelschule. Inzwischen haben viele Schulen einen integrativen Ansatz angenommen. „Ich will zeigen, was der Sport alles leisten kann, auch für den Kopf, für das Selbstvertrauen und die Selbstwahrnehmung“, sagt Bentele zu ihren beruflichen Zielen. Ihr selbst habe der Sport viel Vertrauen gegeben, sich unterwegs alleine zurechtzufinden und ausdauernd zu sein. Ihr fällt auch gleich ein Beispiel ein: „Erst am Sonntag bin ich mit schwerem Rucksack in Nürnberg am Bahnhof von Gleis 18 zu Gleis 9 gesprintet, weil der Anschlusszug sofort fuhr. Ohne den Sport hätte ich den Zug verpasst.“

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