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Sport: Von der Rolle

Borussia Dortmund kapituliert auf dem Spielfeld und klammert sich an die Hoffnung auf bessere Zeiten

Die Stimmung ist besser als die Lage, zumindest am Sonntag am Trainingsplatz neben dem Dortmunder Westfalenstadion. Die Spieler laufen ein halbes Stündchen durch den Wald, ein Dutzend Fans drückt sich um das Gelände herum. Michael Zorc, der von 1981 bis 1998 selbst für die Borussia gespielt hat, ist ebenfalls da. Er ist guter Dinge. „Das Sanierungskonzept steht“, sagt Zorc, der jetzt Sportdirektor der kriselnden Borussia ist. „Nun können wir uns auf den Fußball konzentrieren.“

Doch selbst das ist nicht leicht. Am Vorabend hatte die Mannschaft ein jämmerliches Bild abgegeben. 0:5 war Borussia Dortmund beim FC Bayern München untergegangen. In sich versunken und mit seiner Außenwelt im Unreinen hockte Manager Michael Meier während des Spiels auf der Tribüne. Als er nach dem Debakel die Kabine der Mannschaft verließ, wandelte er mit hängenden Schultern allein durch die Katakomben des Münchner Olympiastadions. Nach einigen Metern wurde er unsanft zur Seite gestoßen. Der Zeugwart mit den Dortmunder Trikots bahnte sich seinen Weg durch den schmalen Gang.

Nach dem Manager kamen die Spieler aus der Kabine. Christoph Metzelder stellte sich als erster, Roman Weidenfeller und Florian Kringe folgten. „Wir wurden auseinander genommen“, sagte Metzelder knapp und treffend. Zwar war es die erste Niederlage nach fünf ungeschlagen Auftritten, doch die Umstände machten nachdenklich. „Die aktuelle Situation ist natürlich ein Thema in der Mannschaft“, gab Kringe zu bedenken. Doch Torwart Weidenfeller, der beim zweiten Gegentreffer nicht gut aussah, seine Mannschaft aber noch vor einem höheren Debakel bewahrte, sagte: „Wir Spieler haben versagt und kein anderer.“ Dabei hatte kurz vor dem Spiel eine gute Nachricht die Profis motivieren sollen. Am Freitagabend hatte sich der Verein mit seinen Gläubigern – insgesamt sind es 67 – endlich auf einen Sanierungsplan geeinigt.

Doch die Hoffnung auf einen Sieg in München währte nur vier Minuten. Dann lag Dortmund bereits zurück und es folgten 30 Minuten, die jeder der 5000 mitgereisten BVB-Fans als Trauma mitnahm. „Wenn wir wollen, kaufen wir euch auf“, sangen die Bayern-Fans spöttisch.

„Uns haben heute die grundlegenden Dinge gefehlt“, stellte Kapitän Christian Wörns noch auf dem Platz fest, „Dinge wie Einsatzbereitschaft.“ Es war erschreckend, wie hilflos die Dortmunder, unter ihnen immerhin fünf Nationalspieler, über den Platz irrten. Heraus kam „eine Halbzeit die ich in meiner Karriere noch nicht erlebt habe“, sagte Wörns. Die Statistik zeigte auf, wie erschreckend harmlos die Borussia an diesem Tag war: 44 Minuten dauerte es, bis Kringe als erster Dortmunder auf das Bayern-Tor schoss. Sieben Torschüsse standen nach Spielende auf der Dortmunder Habenseite – genauso oft hatte es Münchens Roy Makaay alleine versucht.

Immerhin, die wirtschaftichen Daten des Vereins konnten den Fans am Wochenende ein wenig Trost spenden. Das neue Programm zur Gesundung sieht so aus: Bis Ende Juni 2006 muss der hochverschuldete BVB weder Zinsen noch Tilgungsraten für Altkredite zahlen. Zudem stellen die Gläubiger sechs Millionen Euro frisches Kapital zur Verfügung.

Das alles steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass die Immobilienfondsgesellschaft Molsiris, an die das Stadion verkauft wurde, dem Sanierungsplan zustimmt. Der BVB will die Ausschüttung an die 5800 Molsiris-Anleger stunden und das Stadion zum Teil zurückkaufen, um die jährliche Miete von 17 Millionen Euro zu drücken. Für den 14. März ist ein Treffen der Anleger anberaumt, am 15. März muss der BVB die Antragsunterlagen für die Lizenz einreichen. Wenn Molsiris nicht mitmacht – die Inhaber von 75 Prozent des Fondskapitals müssen zustimmen – bricht der Sanierungsplan zusammen. In diesem Fall gibt es keine Lizenz und der BVB muss im schlimmsten Fall in die Oberliga. Wahrscheinlich ist diese Szenario aber nicht, denn ohne Sanierung wäre der Verein pleite – und die Gläubiger gingen weitgehend leer aus.

Sportmanager Zorc ist sich sicher, dass der Plan funktioniert. „Jetzt haben der Verein und die Mannschaft eine Perspektive“, sagt Zorc. Ihm zufolge kostet der Profi-Kader mit 25 Spielern in dieser Saison knapp 33 Millionen Euro. In der kommenden Spielzeit sind weniger 30 Millionen angesetzt und im Jahr darauf soll es in Richtung 24 Millionen gehen. Gespart wird vor allem, indem auslaufende Verträge nicht verlängert werden. Davon könnten Ende der Saison Otto Addo, Sunday Oliseh, Evanilson, Ahmed Madouni und André Bergdölmo betroffen sein.

„Es wird keinen Ausverkauf geben“, sagt Zorc. „Wir wollen wettbewerbsfähig sein, und das ist mit dem Kader auch möglich.“ Allerdings soll der Klub als Gegenleistung für eine Geldzahlung die Transferrechte an Tomas Rosicky verpfändet haben. Das berichten die „Ruhr-Nachrichten“. Eine sportliche Prognose für die nächste Saison will Zorc dann auch nicht abgeben. „Die Champions League kann sicher nicht das Ziel sein“, sagt er. Dann erinnert er an die letzte Saison, als Bochum Fünfter und Bremen Meister wurde. „Im Fußball ist so viel möglich“, sagt Zorc. „Auch in Dortmund.“

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