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Sport: Von schwerer und leichter Kost

Michael Rosentritt über die Perspektive der Klitschkos Einen hübschen Werbespot haben die boxenden Gebrüder Klitschko da gedreht. Während der Bauchmensch Wladimir am leichten Produkt kaut, bittet ihn sein älterer Bruder Witali, eher ein kopfgesteuerter Bürger, auch mal zu probieren.

Michael Rosentritt über

die Perspektive der Klitschkos

Einen hübschen Werbespot haben die boxenden Gebrüder Klitschko da gedreht. Während der Bauchmensch Wladimir am leichten Produkt kaut, bittet ihn sein älterer Bruder Witali, eher ein kopfgesteuerter Bürger, auch mal zu probieren. Doch statt einer Milchschnitte wirft ihm der Genussmensch Wladimir einen dickes Buch auf den Liegestuhl. Witali nimmt das Werk auf und sagt: „Oh, Tolstoi – schwere Kost.“

Die Klitschkos haben sich in den letzten Wochen und Monaten mit allen möglichen Dingen die Zeit vertrieben. Am liebsten würden sie das laufende Jahr wohl ganz vergessen. Erst nahm im März des Jahres ein dickbäuchiger Polizist und Gelegenheitsboxer aus Südafrika Wladimir den Schwergewichtstitel nach Version der WBO ab, dann verlor Witali im Juni den WMKampf um die WBC-Krone gegen Lennox Lewis. Eigentlich sah der Plan vor, dass die beiden Kolosse aus Kiew mit Wohnsitz Hamburg sich in absehbarer Zeit alle vier möglichen Titel im Schwergewicht brüderlich teilen.

Die jüngsten Meldungen bringen beide plötzlich wieder auf Fahrplan. Witali Klitschko wird am Nikolaustag auf den Kanadier Kirk Johnson treffen. Der Kampf steigt im Madison Square Garden in New York. Der Sieger darf Titelverteidiger Lewis herausfordern, von dem niemand weiß, ob er überhaupt noch einmal boxen wird. Immerhin würde der Brite so den Titel verlieren, und der Sieger von New York hätte das erste Anrecht, darum zu kämpfen. Nach allem, was man von Johnsons boxerischen Fähigkeiten weiß, würde dies bedeuten, dass der Weg zum WBC-Titel für Witali frei ist.

Nur 14 Tage später soll Wladimir in Kiel boxen. Sein Gegner ist der Amerikaner Lamon Brewster. Auch dabei könnte es am Ende des Tages um einen WM-Gürtel gehen, um den der WBO, den Wladimir im März verloren hatte. Sein damaliger Bezwinger, Corrie Sanders, hat diesen Titel jetzt kampflos niedergelegt. Wladimir Klitschko sagte gestern: „Wir arbeiten weiter an unserem Traum, gleichzeitig Weltmeister zu sein.“

In der kommenden Woche fliegen die beiden Klitschkos nach Los Angeles. Während in Deutschland der Milchschnitten-Spot über die Fernsehschirme flimmern wird, werden sich die Klitschkos gemeinsam auf ihre WM-Kämpfe vorbereiten. Und nach und nach begreifen wir, was wirklich leichte Kost ist: Oder war es je einfacher, Weltmeister im Schwergewicht zu werden?

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