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Sport: Vor 50 Jahren ließ der Berliner Magistrat wieder die alten Vereinsnamen zu

Kennt noch jemand die SG Gesundbrunnen? Vier Jahre lang zählte sie zu den prominentesten Mannschaften Berlins.

Kennt noch jemand die SG Gesundbrunnen? Vier Jahre lang zählte sie zu den prominentesten Mannschaften Berlins. Ihr Vorgänger und Nachfolger wurde zweimal Deutscher Meister und spielt heute in der Champions League.

50 Jahre ist es jetzt her, dass aus der SG Gesundbrunnen wieder Hertha BSC wurde. Im August 1949 unterzeichnete Bürgermeisterin Louise Schröder eine entsprechende Mitteilung des Magistrats. Die Alliierten hatten 1945 alle Fußballvereine verboten. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) war in der Nazizeit zu einer NS-Organisation gleichgeschaltet worden. Besonders in Berlin gingen die Alliierten hart vor gegen die früheren Vereine. Alle verloren ihre Namen. Hertha hieß Sportgruppe Gesundbrunnen, der älteste deutsche Fußballverein Germania 88 startete unter Neu Tempelhof, Blau Weiß 90 wurde zur SG Mariendorf. Die früheren Klasseneinteilungen des Berliner Fußballs wurden ignoriert. Wechsel von Bezirk zu Bezirk waren nicht zulässig. Es durfte für die jeweilige Sportgruppe nur kicken, wer in dem Bezirk wohnte. Auch in dieser Frage waren die Alliierten wachsam.

In der ersten Saison nach dem Krieg kam es zu mehreren Spielabbrüchen und Entscheidungen am grünen Tisch. Die Entscheidung fiel am 28. Juli 1946 in einem skandalträchtigen Spiel zwischen der SG Wilmersdorf und Prenzlauer Berg-West. Beim Stande von 1:0 für Wilmersdorf wurde das Endspiel wegen einer Prügelei vorzeitig abgepfiffen. Die Wilmersdorfer, in etwa identisch mit dem Berliner SV 92, wurden zum erster Berliner Meister nach dem Krieg erklärt. Vizemeister Prenzlauer Berg-West rekrutierte sich aus den Personal von Alemannia 90.

Im Sommer 1946 wurde die eingleisige Berliner Stadtliga mit zwölf Vereinen aus allen vier Sektoren eingeführt. Die Alliierten erteilten auch eine Sondergenehmigung für ein Städtespiel am Karfreitag auf dem alten Hertha-Platz am Gesundbrunnen gegen Dessau. Berlin siegte 2:1. Das erste Auswärtsspiel bestritt die Berliner Auswahl am 25. August 1946 anlässlich der "Sächsischen Sporttage" in Dresden. Die Nationalspieler Helmut Schön, Richard Hofmann und Walter Kreische schossen Dresden zu einem 6:2-Sieg. Drei Jahre später durfte sich die SG Gesundbrunnen wieder Hertha BSC nennen. Aus Wilmersdorf wurde wieder der BSV 92, Charlottenburg lief als Tennis Borussia auf, die SG Oberschöneweide nannte sich wieder Union Oberschöneweide.

Nach dem Anpfiff der Saison 1949/50 wurden die Bundesrepublik Deutschland und die DDR gegründet. Berlin behielt zwar seinen Sonderstatus, doch die Spaltungstendenzen waren vor 50 Jahren schon nicht mehr zu übersehen. Funktionäre der SED tagten am 20. Oktober 1949 in dem Haus des FDGB an der Wallstraße und riefen eine "Fußballsparte Ost" aus. Fünf Tage danach trafen sich die Delegierten von 96 Klubs aus West-Berlin im Mommsenstadion und fassten den Beschluss, den "Verband Berliner Ballspiel-Vereine" (VBB) zu gründen. Dennoch zogen die Ost-Berliner Funktionäre nicht, wie befürchtet wurde, ihre Mannschaften aus dem laufenden Spielbetrieb der Stadtliga zurück. Aber es sollte die letzte gemeinsame Saison sein, ein Jahr später wurde auch im Fußball die Spaltung vollzogen.

Der Zulauf zu den Spielen der Stadtliga war vor 50 Jahren gewaltig. Am 25. September 1949 sahen im Poststadion 20 000 Menschen den 3:2-Sieg von Alemannia 90 gegen Hertha BSC. Der Schiedsrichter damals hieß Reinhardt, kam aus dem Ostsektor und war Mitglied der BSG Glühlampe Berlin.

Hans Dieter Baroth

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