zum Hauptinhalt
Na, das wird wohl nix. Alexis Sanchez und der FC Arsenal müssen am Dienstagabend vier Tore Rückstand gegen den FC Bayern aufholen.

© dpa

Vor dem Achtelfinale gegen den FC Bayern: Wie ich als Brasilianerin zum Arsenal-Fan wurde

Unsere Autorin kommt aus Brasilien, ist aber großer Fan des FC Arsenal. Wie das kam und warum träumen für die Londoner weiter erlaubt ist.

Es gibt eine Sache, die mir immer passiert, wenn ich reise: Sobald ich sage, dass ich aus Brasilien komme, reden die Leute mit mir über Rio de Janeiro, Fußball und Samba. Es ist nichts Neues, dass die brasilianische Nationalmannschaft nicht in Bestform ist – es scheint sogar, als ob das Team gerade wieder etwas besser in Form kommt – aber Brasilien ist und bleibt das Land des Fußballs. Kein anderes Land durfte den WM-Pokal so oft in die Höhe strecken wie wir. Ich glaube auch, dass ich die Leidenschaft und Hingabe zu unseren Vereinen gar nicht weiter erwähnen muss. Eine Studie des Institut Paraná Pesquisas aus dem Dezember 2016 zeigt: Nur 19 Prozent der Brasilianer unterstützen keinen Klub. Umgerechnet sind das in etwa 39 Millionen Menschen der gesamten Bevölkerung: 206 Millionen

Wenn man in Brasilien geboren ist, muss man ein Team unterstützen, von Geburt an. Es ist genauso wichtig wie einen Namen zu bekommen. Es ist eine Regel. Und es erklärt, warum ich so ein großer Fußballfan bin. Von klein auf habe ich Spiele gemeinsam mit meinem Vater geschaut. Eigentlich bin ich mit vielen Sportarten aufgewachsen, aber Fußball war meine erste große Liebe. Wie nicht anders zu erwarten, ich weiß.

Mit der Zeit habe ich dann auch andere Meisterschaften aus anderen Ländern im Fernsehen gesehen. Als erstes die Premier League. Ich erinnere mich an das erste Mal, als ein Fernsehsender Spiele der englischen Meisterschaft gezeigt hat und ich etliche Wochenenden damit verbracht habe, mir alle möglichen Teams anzuschauen. Es entwickelte sich schnell zu einer Routine: Die internationalen Spiele am Morgen und die nationalen am Nachmittag. Das Beste daran war, dass ich dann abends mit meinem Vater zusammensaß und über die Ergebnisse, die Spieler, die Leistungen und über unsere Erwartungen für die nächsten Spiele gesprochen habe.

Lange Zeit habe ich alle Spiele geguckt, die ich gucken konnte, aber nach und nach schob sich ein Team immer weiter in den Vordergrund. Ich erinnere mich an Spiele von Manchester United, Tottenham, Chelsea, Liverpool und Everton. Aber das Team, das mich richtig packte, war: der FC Arsenal, am Dienstagabend Gegner des FC Bayern im Achtelfinale der Champions League. Ich weiß nicht genau, wann es passierte, aber als ich es merkte, wusste ich es genau. Ich erinnere mich an die Zeit, in der ich zum Arsenal-Fan wurde: mit Arshavin, Clichy, Rosicky, Eduardo Silva, Fabregas, Van Persie, Nasri und nach einer Weile natürlich das Comeback von Thierry Henry – eines meiner absoluten Idole, trotz seines Tors gegen Brasilien im WM-Viertelfinale 2006.

Ich bin überzeugt, dass ich durch meine Neugier Arsenal-Fan geworden bin. Ich habe unzählige Stunden im Internet verbracht, um mir die Geschichte des Vereins durchzulesen und nach Videos von „The Invincibles“ gesucht. Ich weiß auch noch wie sauer ich war, als ich erfuhr, dass der Brasilianische Fernsehkanal die Spiele von Arsenal nicht mehr zeigte und ich stattdessen nur den Liverticker verfolgen konnte.

Nach fast 10 Jahren als Arsenal-Fan kann ich jedem versichern: Es gab Höhen und Tiefen – und dabei beziehe ich mich nicht nur auf die sportlichen Leistungen. Es war sicherlich nicht einfach, vor einigen Jahren ein internationales Team von Brasilien aus zu unterstützen. Nur ein paar Kanäle zeigten die Spiele der Premier League, und wenn sie das taten, dann musste man auch noch Glück haben, dass es das richtige Spiel war. Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen, wie oft ich nicht Arsenal gucken konnte.

Passionate Arsenal-Supporter from Brazil: Thaís Contarin Silveira.
Passionate Arsenal-Supporter from Brazil: Thaís Contarin Silveira.

© Thilo Rückeis

Heutzutage gibt es eine Menge Sender in Brasilien, die sich mit Internationalem Fußball befassen, also kann ich Arsenal gucken, wann immer ich will.

Leider war ich noch nie im Emirates Stadion. Es ist ein Traum von mir, eines Tages da zu sein. Am dichtesten dran war ich vor zwei Wochen, als Arsenal auswärts in München spielte, in der Champions League. Ich war da in Berlin, hatte mein Arsenal-Trikot an und sah (mal wieder) eine frustrierende Niederlage meiner Mannschaft zu. Ich hoffe, dass sich das eines Tages ändern wird, aber andererseits möchte ich nicht mit zu hohen Erwartungen an das Spiel rangehen und enttäuscht werden. Arsenal sorgt dafür, dass ich mit den Füßen immer auf dem Boden bleibe. Jede Saison beginnt mit dem Satz „Dieses Jahr wird alles anders“, aber irgendwie geht in der Mitte der Saison alles schief. Was für nächste Woche geplant ist weiß ich nicht, die Lage scheint unmöglich, aber träumen ist ja noch erlaubt, oder?

Die Autorin war Teil der deutsch-brasilianischen Schüler-Reporter der "Paralympics Zeitung Rio 2016" und absolviert im Moment ein Praktikum in der Sportredaktion des Tagesspiegels.

Thaís Contarin Silveira

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false