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Dortmunds Trainer Peter Bosz.

© dpa

Vor dem Champions-League-Spiel: Trainer Peter Bosz und die Probleme bei Borussia Dortmund

Unter Peter Bosz hat Borussia Dortmund stark angefangen – und stark nachgelassen. In der Champions League geht es schon um alles.

Seit Peter Bosz vor dieser Saison bei Borussia Dortmund das Traineramt übernommen hat, ist er noch nicht als Lautsprecher auffällig geworden. Der Niederländer bevorzugt einen pragmatischen Arbeitsstil und entsprechend ist seine Diktion: Bosz spricht in kurzen Sätzen, er beschreibt die Dinge kurz und sachlich. Umso erstaunlicher mutete es an, dass der 53-Jährige zuletzt eine Kampfansage formulierte, die viele verblüffte. Wichtig sei es nicht, im Moment an der Spitze des Tableaus zu stehen, „wichtig ist, dass man am Ende der Saison Tabellenführer ist. Das wollen wir sein.“

Diese klare Ansage würde im Revier für gute Laune sorgen – wäre sie auch nur halbwegs von der Realität gedeckt. Doch das können derzeit selbst Berufsoptimisten nicht ernsthaft behaupten. Nach einem beeindruckendem Saisonstart ist der BVB vom Weg abgekommen und ringt derzeit mit seinem Selbstverständnis. Eine Zeit lang haben sich die führenden Köpfe des Vereins bemüht, die Lage zu versachlichen und den Trainer aus der Schusslinie zu nehmen. Nach dem 2:3 gegen Leipzig, der ersten Heimniederlage seit zweieinhalb Jahren, sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, im Verein herrsche ein gänzlich anderes Stimmungsbild, als es die öffentliche Darstellung suggeriere.

Für die Berichterstattung, so Watzke, fehle ihm „teilweise das Verständnis. Das ist krank.“ Ähnlich äußerte sich Sportdirektor Michael Zorc: „Die Bosz-Diskussion ist schizophren.“ Doch diese Worte waren nach dem über weite Strecken desolaten Dortmunder Auftritt beim 2:4 am vergangenen Wochenende in Hannover hinfällig. Innerhalb von zwei Wochen ist der Fünf- Punkte-Rückstand an der Tabellenspitze geschmolzen wie Schnee in der Wüste. Bayern München ist vorbeigezogen, zudem steht die Borussia nach dem blamablen Auftritt beim 1:1 in Nikosia in der Champions League vor dem Aus.

Es geht eigentlich nur noch um die Europa League

Am Mittwoch beim Rückspiel (20.45 Uhr/ live bei Sky) kann nur ein Sieg verhindern, dass das Krisengerede noch lauter wird. Die Hoffnung auf ein Weiterkommen in der Champions League hat der BVB ohnehin längst aufgegeben. Nach einem Zähler aus drei Spielen geht es um Platz drei – und die Europa League. Die weiteren Gruppengegner aus Madrid und London sind schließlich bereits sechs Punkte voraus. Am Samstag kommen die Bayern zum Bundesliga-Gipfel. Dass die Dortmunder mit dem Auswärtsspiel in München auch noch das schwierigste aller möglichen Pokallose erwischten, trägt nicht gerade dazu bei, die Stimmung aufzuhellen. Es ist eine heikle Phase, die der BVB in diesen Wochen durchmacht.

Die Prüfung ist auch deshalb so schwierig zu bewältigen, weil der fulminante Saisonstart vorgaukelte, diese Mannschaft sei mit ihrem neuen Trainer bereits wesentlich weiter. Die Ergebnisse und vor allem die Art, wie sie zustande kommen, tragen derzeit nicht dazu bei, die Ruhe und Gelassenheit beizubehalten, die sie in Dortmund in den letzten Jahren als Konzernstrategie etabliert haben. Im Gegenteil, nach der Pleite in Hannover hat die Diktion signifikant an Schärfe gewonnen. Er sei „sprachlos über die Leistung unserer Mannschaft, insbesondere in der ersten Halbzeit“, wetterte Zorc, um dann nachzulegen: „Das war pomadig, selbstgefällig und über weite Strecken Alibifußball.“

Eine Frage der Einstellung

Kapitän Marcel Schmelzer betonte, die Mannschaft müsse sich „auf jeden Fall hinterfragen. Nicht nur fußballerisch, sondern auch von der Einstellung her.“ In Dortmund bemühen sich die Protagonisten auffällig, die Fehler in der Performance der Spieler zu suchen und nicht im System – und damit den Trainer außen vor zu halten. Dabei steht die taktische Ausrichtung von Bosz, der in seinem für holländische Trainer typischen 4-3-3-System mit einer extrem hochstehenden Viererkette agieren lässt, seit Wochen auf dem Prüfstand. Allzu leicht erscheint es, bei Gegenangriffen in den Rücken der letzten Reihe zu kommen und so ohne größeren Aufwand Tormöglichkeiten zu kreieren.

Die Strategie gegen Dortmunds Offensivpressing ist allzu einfach, und doch mag Bosz von seiner Marschroute nicht abweichen. Auf Nachfrage versichert er immer wieder, einen Plan B habe er nicht, weil er die Ansicht vertrete, dies sei nicht nötig. Der Trainer sagt, er wolle seinen Stil durchziehen. In Dortmund debattieren sie, ob dies als Konsequenz oder als Sturheit auszulegen ist. Wie dieser Exkurs ausfällt, hängt vor allem von den Ergebnissen ab, die Borussia Dortmund in den nächsten Wochen abliefert.

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