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Im Hinspiel im Sommer trafen Union und Hertha BSC in der Alten Försterei aufeinander.

© dpa

Vor dem Derby: Herthas Chancen stehen doppelt gut

Hertha-Trainer Babbel ist groß geworden in Städten, in denen die Fußballhoheit immer umkämpft war. Auch gegen den 1. FC Union ist seine Bilanz makellos. Hertha BSC ist vor Berlins Spiel der Spiele bestens aufgestellt.

Am Tag, als der Winter zurückkam nach Berlin und den Trainingsplatz mit Raureif einpuderte, musste Raffael Caetano de Araujo einen auswärtigen Termin wahrnehmen. Das hatte durchaus seine angenehme Seite, weil der Brasilianer in Diensten von Hertha BSC auf diese Weise Handschuhe, Mütze und Schal und lange Unterhose in der Kabine lassen konnte, während die Kollegen Stammspieler eine knappe Stunde lang dick vermummt durch die sibirischen Vororte Berlins joggten. Und doch hätte er sich wahrscheinlich gerne angeschlossen, wäre ihm dafür die Visite beim Mannschaftsarzt erspart worden. „Es tut schon weh“, sagte Raffael und humpelte zum Arzt.

Diagnostiziert wurde eine leichte Verstauchung des linken Knöchels, verordnet eine zweitägige Pause. Unter fußballtypischer Belastung hatte Raffael am Sonntag ohnehin nichts gespürt, beim 3:1 in Bielefeld. Schon nach zehn Minuten hatte er den schmerzhaften Tritt eingesteckt, was ihn nicht daran hinderte, noch zwei Tore zu schießen und so ziemlich jede gefährlichen Szene einzuleiten. Vielleicht hat Raffael in seinen jetzt drei Berliner Jahren noch nie so gut gespielt wie in der ersten Halbzeit auf der Alm, als Hertha einen gefühlten Ballbesitz von 120 Prozent verzeichnete. Herthas Kader ist so gut, dass annähernd jede Position doppelt besetzt ist. Einen Raffael in der Form von Sonntag kann niemand ersetzen. Sein Ausfall wäre schon ein schlechtes Zeichen gewesen für den Samstag, für das Spiel aller Spiele im Berliner Fußballkalender 2011.

Ja, das Derby. Noch fünf Tage weit weg und doch ständig präsent, schon mal deshalb, weil ein ausverkauftes Olympiastadion in der Zweiten Liga nicht selbstverständlich ist. Herthas Trainer Markus Babbel sagt, das sei ja alles schön mit der Begeisterung in Berlin. Aber so lange der Deutsche Fußball-Bund bei der bewähren Praxis bleibe, auch für Siege in Derbys nur drei Punkte auszuloben, sei das Spiel gegen den 1. FC Union nun mal eines wie jedes andere bei Herthas Wiederaufstiegskampagne.

Markus Babbel ist groß geworden in Städten, in denen die Fußballhoheit immer umkämpft war zwischen Klubs, deren Wirtschaftskraft nicht zwangsläufig ihrer emotionalen Verankerung in der Bevölkerung entsprach. In München hat er sich jahrelang im Trikot des FC Bayern der Attacken des ungeliebten TSV 1860 erwehrt. Unter vielen Münchnern sind die Sechziger immer noch populärer als die ungleich erfolgreicheren Bayern. Das bekam auch Babbel öfter zu spüren, jedenfalls bis Ende der neunziger Jahre, als der kleine Nachbar in den Derbys immer für eine heiße Schlacht gut war. Die aufregendsten Derbys aber hat er beim FC Liverpool erlebt, wann immer es an der Anfield Road oder im Goodison Park gegen den FC Everton ging. „Das war so laut, so emotional – unglaublich“, sagt Babbel.

Bemerkenswerterweise hat er von den sechs Derbys in seinen drei Liverpooler Jahren kein einziges verloren, und auch gegen den 1. FC Union ist seine Bilanz noch makellos. Kunststück bei nur einem Spiel, dem 1:1 im vergangenen September im Stadion An der Alten Försterei. Das gilt auch für Raffael, aber der hätte schon einiges gutzumachen. Dass Hertha in Köpenick nach gutem Start stark abfiel und mit dem Unentschieden sehr zufrieden sein durfte, lag auch am Totalausfall des besten Spielers der Zweiten Liga. Raffael schlich so unauffällig über den Rasen, dass Babbel ihn zur Halbzeit auswechselte. Ein verletzter Fuß war übrigens nicht im Spiel.

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