zum Hauptinhalt

Sport: Vor dem Fall

New Yorks Bewerbung um die Olympischen Spiele 2012 hat sich selbst fast aller Chancen beraubt

Am 6. Juli fällt die Entscheidung, wer die Olympischen Sommerspiele 2012 ausrichten darf. Wir stellen die fünf Konkurrenten vor. Gestern haben wir aus Moskau berichtet. Heute: New York.

Der Präsident kommt nicht. George W. Bush, im Internationalen Olympischen Komitee (IOC) wegen seiner Irakpolitik nicht sonderlich beliebt, wird den amerikanischen Bewerber New York vor der entscheidenden Abstimmung in Singapur nur mit einer Videobotschaft helfen. Auch Außenministerin Condoleezza Rice, die derzeit in New York viele olympische Werbeauftritte absolviert, wird wegen „Terminproblemen“ nicht anreisen. Favorit Paris schickt dagegen Staatspräsident Jacques Chirac auf die Bühne, Herausforderer London den Premier Tony Blair.

Schon in den vergangenen Monaten hat die Konkurrenz die New Yorker übertrumpft. Das lag vor allem daran, dass die Amerikaner sich selbst aus dem Rennen nahmen. Denn nach jahrelanger Planung und weltweiter Lobbyarbeit löste sich die Bewerbung praktisch an einem Tag in Luft auf. Ausgerechnet die von den Großstädtern so verachteten Provinz-Politiker in Albany strichen Anfang des Monats das auf der Westseite Manhattans geplante neue Olympiastadion ersatzlos aus ihren Finanzplänen – das Herz der New Yorker Olympia-Bewerbung schlug nicht mehr.

Zwei Milliarden Dollar sollte das Projekt kosten, die Hauptlast davon hätten die Stadt und der Bundesstaat tragen müssen. Als unzumutbar wies das die Regierung von Albany zurück. Zuvor hatte sich das Footballteam der New York Jets, deren neue Heimat das Stadion geworden wäre, heiße Werbeschlachten mit einem Kabelsender geboten. Diesem gehört der Madison Square Garden – und Konkurrenz in der Nachbarschaft wollte er deshalb unbedingt verhindern. Genügend Vorfreude, um eine wirkliche Olympia-Stimmung in der Metropole zwischen dem Hudson und dem East River aufkommen zu lassen, blieb zwischen all diesen Reibereien nie.

Doch die New Yorker wären keine New Yorker, würden sie sich widerstandslos ihrem Schicksal ergeben. Also baten sie beim IOC um eine Ausnahmegenehmigung und entwarfen einen neuen Plan. Nach nur zwei Wochen wurde er am vergangenen Sonntag vorgestellt. Danach wird, sollte die Stadt doch noch den Zuschlag erhalten, die Baseball-Arena der New York Mets olympiatauglich gemacht. Erweitert auf 80 000 Plätze wäre das Stadion in Queens der neue Ort für die olympische Eröffnungs- und die Abschlussfeier sowie für die Leichtathletik-Wettbewerbe und das Fußball-Endspiel. Der Standort hätte außerdem den Vorteil, dass die Athleten nur 17 Minuten Zeit benötigen würden, um von ihren ebenfalls im Stadtteil Queens gelegenen Unterkünften anzureisen.

Viele Beobachter hatten die Erweiterung des Baseball-Stadions, die zudem nur 600 Millionen Dollar kosten würde, von Anfang an favorisiert. Ob die nachgebesserten Pläne vom IOC zugelassen werden, wird erst kurz vor der Abstimmung entschieden.

Auch auf der politischen Ebene versucht New York, die enteilte Konkurrenz noch in letzter Minute einzuholen. Für die Präsentation in Singapur nominierten die Amerikaner am Samstag noch Hillary Clinton nach. Die Senatorin des Staates New York sagte andere Termine ab – für Amerikas kleine Hoffnung auf Olympia.

Morgen: Madrid

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false