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Aus der Zeit gefallen? In Barcelona hatte Martino wenig Erfolg.

© dpa

Vor dem Länderspiel gegen Deutschland: Gerardo Martino soll Argentinien zur WM 2018 führen

Der neue Trainer der argentinischen Fußball-Nationalmannschaft tritt ein schwieriges Amt an. In Barcelona musste er frühzeitig gehen. Der Vorwurf dort: Martino arbeitete zu antiquiert.

Für Gerardo Martino hätte die Woche nicht besser beginnen können. Papst Franziskus, wie Martino Argentinier, hatte ihn eingeladen, um am Montag in Rom als Trainer zu wirken. Dass er dabei ein Team mit dem Namen „Pupi“ betreuen musste, noch dazu beim Kirmeskick für einen guten Zweck – egal. Dem Papst schlägt man schließlich keinen Wunsch ab. Wer weiß, wozu dessen Beistand in Zukunft noch gut sein könnte.

Viele Argentinier glauben, dass Martino demnächst tatsächlich himmlische Hilfe benötigen wird. Vor wenigen Wochen wurde ihm das größte Heiligtum des Landes anvertraut: die Albiceleste, Argentiniens Fußball-Nationalmannschaft. Ein traditionell schwieriges Amt, an dem sich in den vergangenen zehn Jahren allein fünf verschiedene Trainer versuchen durften, darunter auch Diego Armando Maradona, Argentiniens Fußballheiliger.

Martinos Auftrag ist klar. Er soll die Mannschaft zur Weltmeisterschaft in vier Jahren nach Russland führen und von dort möglichst mit dem goldenen WM-Pokal zurückkehren. Vorgänger Alejandro Sabella war daran in Rio denkbar knapp gescheitert. Danach trat er zurück.

Nun also Martino, der Mann, den sie in Argentinien „Tata“ nennen, was so viel wie „Kindermädchen“ bedeutet, in Lateinamerika aber gern auch als „Vati“ oder „Opa“ verwendet wird.

Führungsspieler beklagten in Barcelona das zu lockere Training von Gerardo Martino

Tatsächlich haftete Martino auf seiner letzten Station etwas Großväterliches an, wenn man denn den Erzählungen glauben mag, die sich um seinen vorzeitigen Abschied beim FC Barcelona ranken. Gemeint sind damit nicht etwa die aus der Zeit gefallenen, oft karierten Jackets, die Martino an der Seitenlinie trug und die den 51-Jährigen um mindestens zehn Jahre älter aussehen ließen. Das Großväterliche bezieht sich auf seine antiquierte Arbeitsweise, die am Ende nicht nur den Spielern den Verstand geraubt haben soll. In Barcelona verbringt ein gewaltiges Heer von Analysten und Scouts Tage damit, den kommenden Gegner zu analysieren. Deren Erkenntnisse sollen laut einem Bericht der spanischen Zeitung „El Pais“ von Martino umgehend in den Papierkorb befördert worden sein, sofern sie denn auf Papier ausgedruckt wurden. Computeranalysen waren seine Sache nicht, Martino verließ sich lieber auf seine handgeschriebenen Notizen und verzettelte sich am Ende. In der entscheidenden Phase der Saison kam es zum Bruch mit dem Team, die Führungsspieler beklagten das aus ihrer Sicht viel zu lockere Training und die damit verbundene fehlende Fitness. Unter Martino konnte Barça zum ersten Mal seit vielen Jahren keinen einzigen wichtigen Titel gewinnen.

Zu den sich beklagenden Führungsspielern zählten im Frühjahr auch Lionel Messi und Javier Mascherano, auch wenn ihr Protest gegen Martino im Gegensatz zu dem der Spanier um Xavi noch milde ausgefallen sein soll.

Bei der Nationalmannschaft kreuzen sich ihre Wege nun wieder, Martino ist auf Verteidiger Mascherano und Angreifer Messi angewiesen, will er zumindest erst einmal die Copa America im kommenden Jahr erfolgreich bestreiten. Ein vorzeitiges Scheitern dürfte ihn ohnehin den Job kosten, so wie es bei Sergio Batista der Fall gewesen war.

In Argentinien vermutet die Presse, Lionel Messi könnte bald aus der Nationalmannschaft zurücktreten

Um die Wichtigkeit Messis wissend, schmeichelte Martino seinem Angreifer in den vergangenen Tagen verbal. Da spielte es auch keine Rolle, dass Messi das Länderspiel gegen Deutschland wegen einer mehr oder weniger erfundenen Verletzung abgesagt hat. In Argentinien glaubt die Presse darin erste Anzeichen für einen nahenden Rücktritt Messis aus der Nationalmannschaft zu erkennen. Javier Mascherano, neben Messi der einflussreichste Spieler im Nationalteam, zeigte in der Zeitung „Ole“ dafür kein Verständnis. „Wenn jemand im Nationalteam engagiert ist, dann Messi“, so Mascherano. Über Martino sagte er: „Gerardo ist ein ehrenwerter Mann, der viel von Fußball versteht.“

Bewiesen hatte das Martino als Nationaltrainer Paraguays und bei Newell’s Old Boys. Auch in Rom lief es gut, Martinos Team „Pupi“ siegte 6:3. Die Sympathien des Papstes dürften ihm schon mal sicher sein.

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