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hat sich Lukas Podolski

© picture-alliance / dpa/dpaweb

Vor dem Spiel gegen Deutschland: Die dänische Minderheit: Daumen drücken in Südschleswig

In Flensburg wird heute Abend nicht nur für Dänemark gejubelt. Die dänische Minderheit im Norden hofft auf eine Sensation und träumt von 1992. Eine Konfrontation zwischen den Fans ist aber nicht zu erwarten - im Gegenteil.

Früher war entschieden mehr los in Flensburg. Zumindest wenn die dänische Nationalmannschaft spielte. Bernd Engelbrecht weiß das, er war ja schließlich dabei. „An der Hafenspitze fand immer ein großes Public Viewing statt, zuletzt bei der Weltmeisterschaft 2010. Doch Anwohner haben sich über die Lautstärke beschwert, deswegen gibt es das jetzt nicht mehr“, erzählt er und wirkt dabei durchaus melancholisch. Bernd Engelbrecht ist Pressesprecher des Südschleswigschen Vereins. Die Stimme der dänischen Minderheit im hohen Norden Deutschlands. Einer Gruppe, die Dänemark im Spiel gegen Deutschland (ab 20:45 bei uns im Liveticker) geschlossen die Daumen drückt.

Etwa 50 000 Deutsche, die dänisch denken und fühlen, leben in Schleswig-Holstein. Sie haben die deutsche Staatsbürgerschaft, aber die dänische Mentalität. Dänisch ist ihre Verkehrssprache, sie feiern dänische Feste, essen dänische Speisen. Smörrebröd statt Schwarzbrot.

Bundesweite Aufmerksamkeit erhielten sie unlängst durch den Erfolg ihrer Partei, des Südschleswigschen Wählerverbands (SSW), bei der Landtagswahl. Nun sind sie Teil der Regierungs- koalition, der so genannten „Dänenampel“. Erstmals übernahm der SSW sogar ein Ministeramt. Anke Spoorendonk ist nun für die Justiz zuständig.

Und bei der Europameisterschaft ging das Jubeln für die dänischen Deutschen gleich weiter: Dänemark gewann das Auftaktspiel gegen die Niederlande sensationell mit 1:0. Dann allerdings der Rückschlag: 2:3 gegen Portugal. Nun muss ein Sieg gegen Deutschland her, um doch noch in das Viertelfinale vorzudringen. Sonst springt die Dänenampel auf Rot um.

Allein 20 000 dänische Deutsche leben in Flensburg, der nördlichsten kreisfreien Stadt Deutschlands – und das bei 90 000 Einwohnern. Begeisterung ist vorhanden, speziell vor dem entscheidenden Spiel, aber keinerlei Konfliktpotenzial. Dänische Deutsche denken auch hier dänisch, bleiben diplomatisch und meiden jegliche Form von Konfrontation. „Es läuft alles friedlich ab“, sagt Bernd Engelbrecht. „Man sieht hier und da Fans in Dänemark-Trikots herumlaufen, gelegentlich fährt auch ein Auto mit einer Fahne vorbei. Doch organisiert ist das alles nicht.“ Zwischen Deutschland und Dänemark gebe es ja auch keine Rivalität, wie es etwa zwischen Deutschland und den Niederlanden der Fall sei. „Sollten wir rausfliegen, werden wir Deutschland den Turniersieg wünschen.“

Sollte das Team aber weiterkommen, würde die Stimmung in Flensburg ganz schnell ansteigen. So wie 1992, als Dänemark sensationell Europameister wurde. „Da ging in Flensburg die Post ab“, sagt Engelbrecht.

Christoph Erbelding

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