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Sport: Vor seiner Titelverteidigung fordert Weltmeister Sven Ottke schärfere Doping-Kontrollen

Sven Ottke kennt seinen Herausforderer Lloyd Bryan aus Jamaika als "physisch starken und robusten Typ". Videos haben dem Weltmeister im Supermittelgewicht (IBF-Version) diesen Eindruck vor dem Titelkampf an diesem Sonnabend in Magdeburg vermittelt.

Sven Ottke kennt seinen Herausforderer Lloyd Bryan aus Jamaika als "physisch starken und robusten Typ". Videos haben dem Weltmeister im Supermittelgewicht (IBF-Version) diesen Eindruck vor dem Titelkampf an diesem Sonnabend in Magdeburg vermittelt. Was Ottke nicht einschätzen, sondern nur argwöhnen kann: Ist auch dieser Gegner wieder gedopt? "Ich finde es traurig, dass ich dauernd gegen Leute boxe, die unter Strom stehen", klagt Ottke.

Positiv waren die Tests seiner beiden letzten Herausforderer, der US-Amerikaner Thomas Tate (technischer Punktsieg 11.Runde am 4.9.99 in Magdeburg) und Glen Johnson (Punktsieg am 27.11.99 in Düsseldorf), wie erst jetzt durch Promoter Wilfried Sauerland bekannt gegeben wurde. In den Urinproben der beiden Boxer war im Kölner Anti-Doping-Labor von Wilhelm Schänzer die verbotene Substanz Nandrolon gefunden worden. Keine Konsequenz für die Ertappten. Eine B-Probe wurde erst gar nicht angefordert. Das Ergebnis des Kölner Labortests wird dem Bund Deutscher Berufsboxer (BDB) mitgeteilt. Der BDB leitet den Befund an den zuständigen Weltverband weiter, in diesen beiden Fällen an die International Boxing Federation (IBF). Die IBF wiederum übergibt den Dopingfall an die Boxbehörde jenes Bundesstaates, die dem Fighter die Lizenz ausstellt. "Und damit verläuft, außer in New York, die Sache im Sande", sagt Sauerlands Impresario Jean-Marcel Nartz. "Tate und Johnson haben ungestraft schon wieder geboxt."

Damit die Dopingsünder zur Rechenschaft gezogen werden, hätte Ottke gegen sie schon verlieren müssen. Wie Axel Schulz im Dezember 1995 im WM-Kampf im Schwergewicht gegen den von dem chemischen Sexualhormon Nandrolon aufgeputschten Francois Botha. Sauerland musste allerdings mit einer Klage gegen die IBF vor einem ordentlichen Gericht in New Jersey die Disqualifikation Bothas, Titelaberkennung und Abänderung der Punktniederlage in "ohne Entscheidung" erstreiten.

Ohne Konsequenz war auch das positive Testergebnis (Ephedrin) bei Graciano Rocchigiani nach dem Kampf gegen Dariusz Michalczewski im Sommer 1996 geblieben. Dass der Berliner damals positiv war, was der Verdächtigte empört und vehement bestritt ("Ich habe nichts genommen"), war erst nach sieben Monaten überhaupt und eher zufällig publik geworden. Doch weil Graciano Rocchigiani nach dem Skandalkampf ohnehin disqualifiziert worden war, hatten der BDB und der Weltverband WBO keine B-Probe angefordert und die Sache auf sich beruhen lassen. "Und ohne B-Probe", weiß Nartz, "werden Dopingfälle nicht veröffentlicht."

Sauerland verlangt jetzt strengere Maßnahmen. So will der Ottke-Manager auf der Generalversammlung des BDB am 13.Mai in Köln beantragen, dass bei Titelkämpfen künftig 50 Prozent der Börsen bis zum Ergebnis der Dopingproben einbehalten werden. Außerdem fordert der Promoter die Einführung von Bluttests. Der Promoter hofft dabei auf die Unterstützung der einst korrupten, jetzt aber gesäuberten und unter staatlicher Kontrolle stehenden IBF, deren neue Präsidentin Hiawatha Knight (USA) Gast in Magdeburg ist. Die resolute Dame ist dabei "aufzuräumen", wie sie verspricht. Erste Konsequenz im Fall der gedopten Herausforderer: Tate und Johnson flogen aus der Weltrangliste. Sven Ottke, als Amateur vor den Olympischen Spielen in Atlanta gleich 13 Mal kontrolliert, plädiert auch bei den Profis für Dopingkontrollen vor dem Kampf, nicht nur danach: "Ich weiß nicht, ob meine Gegner auch in Amerika gedopt sind. In Deutschland glauben die jedenfalls, sie haben einen Freibrief und können machen, was sie wollen. Ich finde das nicht mehr komisch." Sein Vorschlag: "Am besten von der Passkontrolle am Flughafen gleich zur Urinprobe."

Hartmut Scherzer

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