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Noch mal quälen. Thomas Haas ist erst seit einer Woche schmerzfrei. Foto: dpa

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Sport: Vorbild vor Ort

Nach langer Verletzung ist der 33-jährige Thomas Haas wieder in Wimbledon dabei

Die tiefschwarze Wolkendecke war gerade aufgerissen über dem All England Club, als aus allen Ecken der Anlage Spieler und Trainer im Eiltempo zu den wenigen Plätzen rannten, die zum Training freigegeben sind. Das Londoner Wetter hatte sich in den vergangenen Tagen von seiner schlechtesten Seite gezeigt, so ist jede trockene Minute kostbar. Auch Thomas Haas hatte das richtige Timing, vor allem aber den dienlichsten Partner für seine halbstündige Einheit. Denn einen besseren als Roger Federer, den sechsmaligen Wimbledon-Sieger, gibt es nicht. „Es ist immer toll mit Roger“, erzählte Haas begeistert, „wir albern auch herum und manchmal schaue ich mir einen Schlag von ihm an und denke nur: wow.“

Ähnlich erging es auch dem Schweizer Maestro, denn seinen Freund nach 15-monatiger Verletzungspause wieder auf dem Platz stehen zu sehen, ist für ihn eine kleine Sensation. „Ich war sehr überrascht, als Tommy sagte, er spiele erst seit einer Woche schmerzfrei“, sagte Federer, „aber wenn das länger so bleibt, hat er eine gute Chance, wieder unter die Top 20 zu kommen.“ Der Weg bis dahin ist weit, und ob er ihn bis zum Ende gehen kann, weiß Haas selbst nicht. „Ich bin einfach froh, überhaupt dabei zu sein“, betonte der 33-jährige Haas. An jenen Ort zurückzukehren, an dem er 2009 mit dem Halbfinaleinzug den größten Erfolg seiner zweiten Karrierehälfte schaffte, macht ihn auch etwas wehmütig. Denn fit genug, um ein Fünfsatzmatch zu überstehen, fühlt sich Haas inzwischen. Aber sechs oder gar sieben Partien beim wichtigsten Turnier der Welt durchzustehen, ist eine ganz andere Herausforderung. Eine, die sein Körper wohl nicht bestehen würde.

Vor zwei Jahren, da hatte bei Haas einfach alles gepasst. Mit dem Schwung des Titelgewinns in Halle war er auch auf dem Rasen des All England Clubs kaum zu bremsen gewesen. Nun ist Philipp Kohlschreiber mit der Trophäe aus dem Westfälischen an die Church Road gekommen, seinem ersten Lichtblick nach langer Talfahrt. Wie lange das Hoch anhält, ist jedoch ungewiss. Die Auslosung hält für den ungesetzten Kohlschreiber schon früh starke Gegner wie den Vorjahresfinalisten Tomas Berdych bereit. Doch der Augsburger gibt sich betont selbstbewusst mit dem Halle-Sieg im Rücken. „Mich würde es gar nicht wundern, wenn das wieder ein gutes Omen für deutsche Erfolge wird“, glaubt auch Haas. Zuletzt waren es jedoch die deutschen Frauen, die für neuen Schwung sorgten. Und auch wenn Rasen bisher nicht zu den Lieblingsbelägen von Andrea Petkovic und Julia Görges zählte, so lernen sie doch schnell und haben als gesetzte Spielerinnen gute Chancen auf die zweite Turnierwoche. Sabine Lisicki meldete sich mit ihrem Sieg in Birmingham beim Erfolgstrio zurück, und an Ehrgeiz mangelte es der Berlinerin ohnehin nie. „Ich habe nichts zu verlieren“, sagte die Nummer 62 der Welt, „und die Konkurrenz ist sicher nicht happy, mich in ihrem Tableau zu sehen.“

Vor zwei Jahren stand Lisicki im Viertelfinale von Wimbledon, bei Florian Mayer ist es schon fünf Jahre länger her. Für ihn kam dieser Debüt-Erfolg damals viel zu früh. Doch in dieser Saison sind alle Zweifel und Ängste vergessen, Mayer spielt so stark wie nie zuvor in seiner Karriere und steht auf Rang 18 der Welt. „Auf Rasen fühle ich mich wie ein ganz anderer Mensch“, sagt Mayer und hofft, es in die zweite Turnierwoche zu schaffen. „Wenn ich mein bestes Tennis spiele, kann ich jeden Spieler schlagen“, sagt Mayer, „ich brauche vor keinem Angst zu haben.“ Haas hatte diese Einstellung seinerzeit weit gebracht.

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