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Sport: Vorfahrt auf dem Eis

Szolkowy und Sawtschenko wollen bei der Eiskunstlauf-EM eine Medaille

Berlin - Robin Szolkowy und Aljona Sawtschenko demonstrieren ihren Stellenwert denkbar einfach: Sie nehmen weniger Rücksicht als früher. Eiskunstlauf-Training vor Wettkämpfen ist immer ein Spiel mit der Hierarchie. Das Eis mit voll mit Athleten, und die prallen zusammen, wenn sie nicht aufpassen. Also gilt: Die Besseren haben gegenüber den Schlechteren Vorfahrt. „Im Prinzip ist es wie bei der Straßenverkehrsordnung“, sagt Szolkowy. Früher glitt er mit Sawtschenko vorsichtig übers Eis, aber das war bevor sie 2005 EM-Vierte und bald darauf Dritte des Grand-Prix-Finales wurden. Jetzt haben sie ziemlich oft Vorfahrt. „Daran sehen wir, was sich geändert hat“, sagt Szolkowy.

Es hat sich einiges geändert. Aljona Sawtschenko, geboren in Kiew, wohnhaft wie Szolkowy in Chemnitz, hat zum Beispiel seit drei Wochen einen deutschen Pass, die beiden dürfen deshalb bei Olympia starten. „Und wir haben bei den Preisrichtern einen besseren Stand“, sagt Szolkowy. Das heißt? „Ab und zu bekamen wir einen Bonus. Einen kleinen.“

Und sie reden jetzt offen vom Medaillengewinn. Heute beginnt in Lyon die EM, und Silber oder Bronze, sagt Szolkowy, muss drin sein. Gold natürlich nicht. Gold werden Tatjana Totmianina und Maxim Marinin gewinnen, die Russen, die zweimaligen Weltmeister. Szolkowy ist sich da sicher. „Die laufen in einer anderen Welt. Die haben eine Sicherheit, die uns noch fehlt. Die kann man nachts wecken, dann laufen sie auch noch optimal“, sagt der 26-Jährige.

Szwolkowy und Sawtschenko haben in dieser Saison den dreifachen Wurf-Flip im Programm, sie haben ihre Hebungen verbessert, aber optimal laufen sie nicht mal zur besten Wettkampfzeit. „In drei Jahren vielleicht“, sagt Szolkowy. Aber sie sind ja auch erst seit 30 Monaten zusammen. Und dass sie gemeinsam laufen, dass sie als die größte Hoffnung im deutschen Eiskunstlauf gefeiert werden, das ist sowieso eine Geschichte für sich.

Robin Szolkowy, Vater aus Tansania, Mutter Deutsche, war 2001 mit Claudia Rauschenbach Deutscher Meister geworden. Das Paar trennte sich, Szolkowy drehte Kringel mit Formationstänzern. „Er gammelte herum“, sagt Reinhard Mirmseker, Chef der Deutschen Eislauf-Union (DEU). Daneben jobbte Szolkowy im Drei-Schicht-Dienst an einem Schweißroboter. „In einem halben Jahr habe ich nicht rausbekommen, was ich zusammengebaut habe“, sagt er.

Er dachte ans Ende der sportlichen Laufbahn, bis er auf Sawtschenko traf. Die 21-Jährige war mit Stanislaw Morosow 2000 Junioren-Weltmeisterin geworden. Aber dann wurde Morosow zu dick, und Sawtschenko suchte Ersatz. Sie gab 2003 in einem weltweiten Eiskunstlauf-Forum eine Suchanzeige auf. Ein russischer Fachjournalist, der in Deutschland lebt, las die Anzeige, gab der DEU einen Tipp, und die informierte den Chemnitzer Paarlauf-Trainer Ingo Steuer. Steuer brachte Szolkowy und Sawtschenko zusammen und registrierte die Ausstrahlung der Ukrainerin. 2005 startete das Paar in Moskau erstmals bei einer WM; Szolkowy war inzwischen Sportsoldat geworden. Die beiden wurden Sechste, und DEU-Sportdirektor Udo Dönsdorf schwärmte: „Sie haben eine besondere Art zu laufen.“

Beim Training in Moskau beobachteten Sawtschenko und Szolkowy dann aber auch wie es ist, wenn sich Gegner auf Augenhöhe sehen und Hierarchien deshalb ignorieren. Der Chinese Hao Zhang, später mit seiner Partnerin WM-Dritter und erbitterer Rivale von Totmianina und Marinin, rammte die russische Läuferin kurzerhand zu Boden.

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