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Sport: Vorne stark, hinten stärker

Bayern gegen Bremen: Im Kampf um die Meisterschaft gibt die bessere Defensive den Ausschlag

Die FC Bayern AG ist für unerbittliche Perfektion bekannt, und auch diesmal hatte Karl-Heinz Rummenigge nichts dem Zufall überlassen. „So was muss man ja strategisch angehen“, sagte der Vorstandsvorsitzende kurz nach dem Abpfiff, „das war geplant, dass der kommt.“ Die Rede war von Rolf Leeser, einem Holländer und Freund von Roy Makaay, dessen Aufgabe am Samstag vornehmlich darin bestand, Holländer zu sein und damit seinem prominenten Landsmann Glück zu bringen. „Ich bin vor dem Spiel in die Kabine gegangen und habe Roy gesagt, dass er da ist“, erklärte Rummenigge weiter und war offensichtlich zufrieden, dass diese Strategie funktioniert hatte: Roy Makaay, zuletzt defekte Münchner Tormaschine aus Holland, traf erstmals nach rund 19 Stunden Spielzeit beim 3:1 der Münchner im Spitzenspiel gegen Werder Bremen.

Wollten die Bremer ihre Schwierigkeiten auf dieselbe Art lösen, wäre das mit deutlich mehr Aufwand verbunden. Sie müssten dazu schon einen Freund aus Hamburg, einen aus Dänemark, einen aus Brasilien und einen aus Bassum einfliegen lassen, denn ihre Problemzone liegt nicht im Angriff sondern in der Viererkette, bei Owomoyela-Andreasen-Naldo-Schulz. Allen drei Münchner Treffern gingen persönliche Missgeschicke voraus. „Ich glaube, dass wir vorne mindestens ebenbürtig sind und hinten besser stehen“, sagte Bayerns Manager Uli Hoeneß. Es deutet einiges darauf hin, dass dies auch der endscheidende Vorteil der Bayern im Kampf um die deutsche Meisterschaft sein könnte.

Die Gäste bemühten sich nach der Niederlage redlich, die Schuld nicht der Defensive allein zuzuschieben: Vorne beginne die Verteidigung, so der Tenor. Dies war zwar ein korrekter und charakterlich verdienstvoller Hinweis, eine Wahrheit klammerte er jedoch aus: Die individuelle Klasse in Bremens Abwehr reicht nicht an die der Bayern heran, und dies kann langfristig selbst die beste Offensive (Tim Borowski und Miroslav Klose brillierten, als wollten sie sich für die künftige Personalplanung des Gegners ins Gespräch bringen) nicht kompensieren. „Auf so einem Niveau kannst du dir solche Fehler nicht erlauben, wie wir sie heute wieder gemacht haben“, sagte Torsten Frings.

Bei den Münchnern ist die Defensive dagegen die Basis des Erfolgs. Während Lucio mit seinen Ausflügen in die Hälfte des Gegners manchmal davon ablenkt, dass er neben dem früheren Bremer Valerien Ismael grundsolide verteidigt, hat der vor der Viererkette abräumende Martin Demichelis zuletzt auch als Torschütze und Antreiber geglänzt. Hinzu kommen Willy Sagnol, laut Hoeneß bester Rechtsverteidiger Europas, und der bald wieder einsatzfähige Philipp Lahm.

Des Qualitätsunterschiedes sind sich die Bremer bewusst. Und tragen ihn mit Fassung. „Sollen wir jetzt rumjammern, sollen wir jetzt heulen? Wir nehmen das zur Kenntnis“, sagte Thomas Schaaf. Den Trainer nervt die Debatte, er fordert Geduld, mit Patrick Owomoyela zum Beispiel. „Es wird immer so dargestellt, als ob er 60 Länderspiele hätte. Dass er noch viel lernen muss, das wissen wir. Das ist die erste Saison, wo der mal Mittwoch/Samstag spielt. In Paderborn, Osnabrück und in Bielefeld musste er das doch nie.“ Auch Andreasen bemühe sich, genauso Christian Schulz. Und in Petri Pasanen fehle noch eine Abwehrstammkraft.

All das ist nicht in Abrede zu stellen, und vermutlich ließ sich an jenen Ausführungen der eigentliche Unterschied zwischen beiden Kontrahenten ablesen. Während die Bayern in der Dimension Champions League denken – Hoeneß etwa hatte einiges zu kritisieren nach dem Spiel –, zieht Schaaf eben auch solche Dinge ins Kalkül wie Owomoyelas unterklassige Fußballvergangenheit. „Dass wir so eine Leistung überhaupt schon hinkriegen – schreibt lieber darüber“, sagte Schaaf.

Für die Erwartungshaltung aber ist Werder selbst verantwortlich. Da kann sich der Trainer bei seiner vorzüglichen Offensive bedanken.

Daniel Pontzen[München]

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