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Ein Mann will ins Licht. Thomas Bach möchte an diesem Dienstag Jacques Rogge als Präsident des IOC beerben.

© AFP

Wahl zum IOC-Präsidenten: Thomas Bach: Die Stunde des Karrierediplomaten

Thomas Bach geht als Favorit in die Wahl des IOC-Präsidenten am Dienstag – Sein Schweizer Konkurrent Dennis Oswald hält ihm fehlende Unabhängigkeit vor.

Er habe sich auf die Wahl vorbereitet wie ein Athlet auf einen Wettkampf, sagt Thomas Bach. Seine Form stimme. Das hört sich passend an vor der Entscheidung, wer das höchste Amt im Weltsport besetzen darf. Wenn Bach diesen Titel gewinnt, als erster Deutscher, dann lag es wohl an seinem guten Training. Wenn nicht, war eben ein anderer besser. Doch wie beim Sport geht es an diesem Dienstag bei der Präsidentenwahl des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) eigentlich gar nicht zu.

Der Wahltag ist kein Wettkampftag. Bach kann nur tatenlos zusehen, wie die anderen Mitglieder geheim abstimmen. 103 Mitglieder hat das IOC derzeit, die Landsleute der Kandidaten dürfen nicht mit abstimmen und der scheidende Präsident Jacques Rogge will sich enthalten. Gewählt wird in Buenos Aires so lange, bis einer der sechs Kandidaten die absolute Mehrheit hat, der Kandidat mit den wenigsten Stimmen fällt nach jedem Wahlgang raus, bis 17.30 Uhr (MESZ) soll ein Präsident gefunden sein.

Bach gilt als Favorit, auch wenn er nicht der einzige Olympiasieger unter den sechs Bewerbern und die sportliche Leistung seines Konkurrenten Sergej Bubka als Weltrekordhalter im Stabhochsprung höher einzuschätzen ist als Bachs Mannschaftserfolg mit den deutschen Florettfechtern 1976 in Montreal. Aber im IOC hat sich Bubka noch keine großen Verdienste erworben und die Abstimmung ist ohnehin viel näher dran an der politischen Diplomatie als am Sport.

Was den 59 Jahre alten Wirtschaftsanwalt aus Tauberbischofsheim so aussichtsreich macht, ist zum einen seine sportpolitische Ausbildung. Der inoffizielle Weltmeister dieser Disziplin war Bachs Lehrmeister, Horst Dassler, der frühere Firmenchef von Adidas. In dessen Unternehmen übernahm Bach den Direktorenposten für Internationale Beziehungen und konnte sich von Dassler beibringen lassen, wie man im internationalen Sport Netzwerke knüpft. Dassler tat dies mit ausnehmend guten Umgangsformen, viel Geduld und der Fähigkeit, fünf Sprachen fließend zu sprechen. Bach hat sich zwar immer noch nicht das „äh“ aus seiner freien Rede abtrainiert, aber auch er verfügt über sehr gute Umgangsformen. Er ist ein fröhlicher Mensch, das macht vieles leichter.

Zum anderen hat Bach im IOC viele Spuren hinterlassen. Seit 22 Jahren ist er Mitglied, derzeit Vizepräsident. „Als Vorsitzender der Disziplinarkommission hat er den Anti-Doping-Kampf mitgeprägt. Da hat Bach sich auch die entscheidenden Meriten für seine Kandidatur verdient, das wird hierzulande allerdings nicht so wahrgenommen“, sagt Helmut Digel, Councilmitglied des Internationalen Leichtathletik-Verbandes.

Die Innensicht im IOC und die Außenwahrnehmung Bachs stimmen in der Tat nicht überein. Im IOC genießt er hohes Ansehen, es reicht manchen Mitgliedern offenbar aus, dass Bach als Präsident einfach so weiterarbeitet wie bisher. „Man muss von ihm nicht verlangen, dass er den Himmel aus den Angeln hebt“, sagt IOC-Ehrenmitglied Walther Tröger. Von außen betrachtet wirkt Bach ohne großen Entwurf für das IOC. Sylvia Schenk, Anti-Korruptionsexpertin und ehemalige Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer, sagt: „Bei Thomas Bach ist die Frage, was er inhaltlich will, wenn er IOC-Präsident werden sollte.“

Einige Antworten hat er darauf zu geben versucht. Einen weltweit empfangbaren olympischen Fernsehkanal will er aufbauen, damit die olympischen Sportarten nicht nur alle vier Jahre bei den Spielen global präsent sind. „Weniger Berichte – mehr Debatte“, möchte er im IOC erreichen, das Exekutivkomitee, die Regierung des IOC, soll mehr innovative Ideen hervorbringen und bei jeder Session solle es ein strategisches Thema geben, auch externe Experten sollen dazu gehört werden. Klingt nach einem Führungsstil à la Angela Merkel.

Bach ist ein Karrierediplomat des Sports. Auf seiner Leiter nach oben hat er auch das Präsidentenamt des aus Deutschem Sportbund und Nationalem Olympischen Komitee zusammengeführten Deutschen Olympischen Sportbunds übernommen. Das Spitzenamt des deutschen Sports hat er so ganz anders interpretiert als sein Vorgänger als Präsident des Deutschen Sportbundes, Manfred von Richthofen. FDP-Mitglied Bach repräsentierte den Sport in der Bundespolitik. Richthofen war auch bei kleinen Vereinsjubiläen und Sportabzeichenprüfungen dabei und setzte Impulse für den Breitensport. Ein Wahlsieg Bachs im IOC wäre auch mehr sein persönlicher Erfolg als einer des deutschen Sports.

Auf der internationalen Bühne fühlt sich Bach ohnehin eher zu Hause. Er ist Präsident der arabisch-deutschen Industrie- und Handelskammer Ghorfa. Er hat für Siemens Kontakte im arabischen Raum geknüpft. Und im kuwaitischen Scheich und IOC-Mitglied Ahmad al Sabah einen einflussreichen Fürsprecher gefunden. Genau diese Verbindung ist nun kurz vor der Wahl zum Streitthema geworden. Sein Schweizer Konkurrent Denis Oswald sagt: „Ich möchte einen unabhängigen Kandidaten, der nicht auf bestimmte Allianzen angewiesen ist und der seine Position für nichts anderes nutzt als zum Wohle des Sports.“ Einige Mitglieder „mögen die Verknüpfungen zwischen Bach und Kuwait nicht“. Vielleicht war das Oswalds letztes Mittel im Wahlkampf. Auf jeden Fall kann Bachs Fürsprecher nicht alles voraussagen. Bei der Wahl zur Olympiastadt 2020 hatte al Sabah Madrid vorne gesehen.

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