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Sport: Wahrheit und Lebenslüge

Friedhard Teuffel erklärt das Doping-Geständnis von Dietrich Thurau

Was bis vor wenigen Tagen noch eine böse Verleumdung war, ist jetzt auf einmal eine Selbstverständlichkeit. Am einfachsten hat sie der frühere Radprofi Dietrich Thurau geäußert: „Wir haben doch früher alle gedopt.“ Fast beiläufig legt Thurau zwei Wahrheiten auf den Tisch. Erstens: Alle dopen. Zweitens: Es haben schon immer alle gedopt. Man sieht ihn dabei vor sich, wie er es sagt, der Sportler, dem Siege, Schlagzeilen und Schulterklopfer ein unerschütterliches Selbstbewusstsein verliehen haben.

Warum spricht nun Thurau über das, worüber fast alle anderen schweigen? Vielleicht sagt sich Thurau: Weil alle gedopt haben, war am Ende doch der Talentierteste und Trainingsfleißigste als Erster im Ziel. Das wäre die Argumentation, die sich bis zu Jan Ullrich zieht. „Ich habe niemanden betrogen.“ Wie denn auch, wenn jeder andere ebenfalls mit unlauteren Mitteln nachgeholfen hat?

Vielleicht schweigen die anderen, weil sie Angst vor der großen Lebenslüge haben. Denn wer will sich schon eingestehen, dass er nur deshalb zu Ruhm, Ehre und viel Geld gekommen ist, weil der Arzt ihm vor dem Rennen noch eine Spritze gesetzt hat? Dass der Sieg nicht verdient war. Diese Athleten klammern sich an ihre Wahrheit wie die Systemtreuen an eine untergegangene Diktatur.

Andere reden vielleicht deshalb nicht, weil sie Angst vor Vertragsstrafen haben. Weil sie eine Familie zu ernähren und ein Haus abzubezahlen haben. Im Grunde schweigen sie nun also aus den selben Gründen, aus denen heraus sie gedopt haben. Das ist der Teufelskreis des Betrugs.

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