zum Hauptinhalt

Sport: Warm angezogen und gewonnen

Georgi Wassilew hat am Spielfeldrand ein wenig gefroren. Also hat er sich eine Trainingsjacke übergezogen, damals im Januar.

Georgi Wassilew hat am Spielfeldrand ein wenig gefroren. Also hat er sich eine Trainingsjacke übergezogen, damals im Januar. Das Problem: Jene Jacke stammte von der Firma Saller und eben nicht von Nike, dem Ausrüster des Fußballzweitligisten 1. FC Union. Wenige Tage später bekam Wassilew von Präsident Heiner Bertram eine Abmahnung: "Wiederholt müssen wir feststellen, dass Sie arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommen", schrieb Bertram. Ein anderes Mal sei Wassilew in einer Lederjacke erschienen, "in Privatkleidung". Der Trainer soll nun 2556 Euro Strafe zahlen. Wegen Vertragsbruchs. Wassilew schaltete einen Anwalt ein.

Eine, sagen wir, eher lächerliche Provinzposse. Dallas in Köpenick. Doch es geht nicht nur um die Kleiderordnung, es geht auch um die Machtverhältnisse bei Union. Kein Wunder, dass am Freitagabend Unions 2:0 (0:0)-Sieg gegen Waldhof Mannheim nur am Rande interessierte. Die Tore vor 7874 Zuschauern im Stadion an der Alten Försterei erzielten Sreto Ristic nach einer guten Stunde Spielzeit und Ronny Nikol in der Nachspielzeit. Am Spielfeldrand stand Trainer Georgi Wassiliew und genoss den Erfolg - bekleidet mit seiner Lederjacke.

Wassilew ist kein bequemer Trainer. Eher einer, der gerne seine Meinung sagt und auch mal gegen den Präsidenten stichelt. Genau das hat Wassilew wenige Tage vor seiner Abmahnung getan: Wenn sich der Klub nicht verstärke, dann werde das nichts mit dem Aufstieg in die Bundesliga. "Vielleicht schafft das ein anderer Trainer, ich jedenfalls nicht", sagte Wassilew am 21. Januar dem Tagesspiegel. Klare Worte, die Bertram nicht gefallen haben. Drei Tage später ließ der Präsident den Brief an Wassilew aufsetzen. Abmahnung. Mund halten.

Bertram ist der Boss bei Union. Wassilew ist Angestellter. Die Sache mit der Abmahnung ist einfach: "Herr Wassilew soll sich an die Regeln halten, auch wenn sie Außenstehenden unwichtig erscheinen", sagt Bertram. Interne Briefe sollten intern bleiben. Aber: "Der Brief kam nicht von Herrn Wassilew an die Öffentlichkeit - sondern aus seinem beratenden Umfeld", sagt Bertram, ohne näher auf dieses "Umfeld" einzugehen. Der Trainer habe glaubwürdig erklärt, dass ihm diese Geschichte nicht recht sei.

In Wassilews Personalakte sind nun zwei Abmahnungen vermerkt, beide wegen Verstößen gegen die Kleiderordnung. Nach der dritten Abmahnung könnte ihn der Klub entlassen. Ohne Abfindung. Das würde Wassilew weh tun. Darum hat Unions Trainer den Frankfurter Rechtsanwalt Horst Kletke eingeschaltet. Union soll die Abmahnung zurückziehen. "Wir wollen Herrn Wassilew nicht entlassen", sagt Bertram. "Unser Verhältnis ist von Vertrauen geprägt."

Das Problem mit der Kleiderordnung ist übrigens inzwischen behoben: mit einem großen Aufnäher. Georgi Wassilew trägt weiterhin seine Lederjacke. Seit Januar aber klebt das Logo eines Sponsors auf seiner Brust.

André Görke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false