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Sport: Warten für Deutschland

Sebastian Deisler muss sich bei den Bayern in Geduld üben – doch dafür hat er keine Zeit

Auf den Flachbildschirmen in den Gängen der neuen Arena war das Konterfei Felix Magaths zu sehen. Der Trainer von Bayern München kommentierte das 1:0 seiner Mannschaft in der Champions League gegen den FC Brügge, während unterhalb des Bildschirms Sebastian Deisler eiligen Schrittes seinen Rollkoffer Richtung Ausgang zog. Er war einer der Ersten, der die Kabine verließ, weil er nicht an der Ehrenrunde teilgenommen hatte: Er hatte keine Minute gespielt. Deisler nahm keine Notiz von der Fernsehübertragung. Vielleicht war das gut so, denn der Trainer lobte nicht nur die Mannschaft im Ganzen, sondern Zé Roberto im Besonderen, und der Brasilianer ist einer der Kandidaten, die Sebastian Deisler zurzeit hartnäckig an der Berufsausübung hindern. „Mit Kurzeinsätzen bin ich nicht zufrieden, darüber muss man mit keinem Fußballer diskutieren“, hatte Deisler dieser Tage dem „Kicker“ gesagt. Gegen Brügge reichte es nicht mal mehr dazu.

Schon vor einigen Wochen hatte Deisler mehr Einbindung in den Spielbetrieb gefordert – was bei dem Empfänger üblicherweise auf wenig Resonanz stößt. Doch Deisler sieht sich zu derartigen Offensiven offenbar durch eine Zwangslage genötigt: Für die Ersatzbank hat er keine Zeit.

In gut acht Monaten beginnt die Weltmeisterschaft, und wer dann zur ersten Elf gehören will, muss Stammspieler im Klub gewesen sein, hat Bundestrainer Jürgen Klinsmann längst verkündet. Schon vor dem Confed-Cup, bei dem Deisler zwei Tore vorbereitete und meist zu den spielfreudigsten Deutschen zählte, hatte er seine Ergänzung zu dieser Klinsmannschen Formel geliefert. Ein Vereinswechsel komme für ihn nicht in Frage, denn „wer bei Bayern München Stammspieler ist, spielt auch in der Nationalelf“.

Zurzeit ist Deisler das Gegenteil eines Stammspielers. Als Magath gegen Brügge nach gut 50 Minuten Bixente Lizarazu ersetzen musste, brachte er Mehmet Scholl. „Sebastian spielt in meinen Planungen genauso eine große Rolle wie Zé Roberto, Salihamidzic und alle anderen Mittelfeldspieler“, sagte Magath. Er habe das nicht so genau im Kopf, „aber vom Gefühl her würde ich sagen, dass alle Mittelfeldspieler gleichmäßig zum Einsatz gekommen sind“. Tatsächlich hat Magath so konsequent gewechselt wie sein Vorgänger Ottmar Hitzfeld. Doch Deisler profitierte davon bisher kaum. Nur im Pokal gegen Neuruppin spielte er über 90 Minuten, in Bundesliga und Champions League kam er mit Abstand am wenigsten zum Einsatz: Ali Karimi etwa durfte sich nahezu dreimal so lange beweisen. Dabei geht es für Deisler nebenbei um einen neuen Vertrag.

Für den ehemaligen Berliner ergibt sich ein Dilemma: Je weniger er spielt, desto weniger Sicherheit bekommt er und desto weniger wird er überzeugen. Tatsächlich gelang ihm bei den meisten seiner bisherigen Einsätze wenig Eigenreklame. Häufige Dialoge zwischen Trainer und Spieler finden nicht statt, Magath sei „im Vergleich zu anderen Trainern distanzierter“, sagt Deisler.

Manager Uli Hoeneß, der gerade in schweren Zeiten Deislers erste Bezugsperson beim FC Bayern war, spendet wenig Trost. Er habe „vollstes Verständnis für den Trainer“, schließlich seien es „ja keine Amateure, die da an seiner Stelle spielen, sondern alles Nationalspieler“. Dass Magath nun an anderen festhalte, sei unabwendbar: „Er muss einem Spieler mal zwei, drei Einsätze hintereinander gewähren, damit er in seinen Rhythmus kommt.“ Ein besseres Argument wäre auch Deisler kaum eingefallen.

Daniel Pontzen[München]

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