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Sport: Warum Herthas künftiger Profi Josip Simunic beim HSV nur wenige Freunde zurücklässt

Es gibt angesehenere Berufe als den des Fußballspielers. Geldgierig ist er, egoistisch und arrogant.

Es gibt angesehenere Berufe als den des Fußballspielers. Geldgierig ist er, egoistisch und arrogant. Das ist ein Vorurteil, gemalt in Schwarz und Weiß ohne jede Grautöne. Den entsprechenden Prototypen haben sie beim Hamburger SV sofort parat: Josip Simunic. Der 21-jährige Australier, gebürtiger Kroate und von seinen Kollegen nur Joe gerufen, hat es in zweieinhalb Jahren auf ganze sieben Bundesliga-Einsätze beim HSV gebracht. Im Sommer verlässt er Hamburg und wechselt zu Hertha BSC. Ablösefrei.

Bis dahin klingt die Geschichte für Bundesliga-Verhältnisse noch fast normal. Auch die Tatsache, dass er 1997 nach einem komplizierten Mittelfußbruch zum HSV kam und lange Zeit überhaupt nicht spielen konnte, ist kein Novum. Aber dann beginnt es doch schon, außergewöhnlich zu werden. Der HSV betreute den 1,95 m großen Profi, von dem niemand wusste, was er kann, geradezu vorbildlich. Kein Fan kannte Simunic, aber der Klub ließ ihn nicht fallen. Zum Jahreswechsel bot der HSV Simunic sogar einen neuen Vertrag an. Formsache, dachten sich die Verantwortlichen, aber sie täuschten sich. Simunic war mit den verbesserten Konditionen nicht zufrieden. Eine Million Mark im Jahr? Zu wenig für einen, der noch keine 90 Minuten am Stück für seinen Klub gespielt hat. Fortan fetzten sich zwei gute Freunde: HSV-Sportchef Holger Hieronymus und Simunics Berater Jürgen Milewski, der ehemalige Teamkollege von Hieronymus und frühere Stürmer von Hertha BSC.

Wochenlang wurde um jede Mark gerungen. Das Finale brachte dann einen Erfolg für beide Parteien: Der HSV freute sich darauf, dass Josip Simunic für zwei weitere Jahre bleiben würde, und Milewski war erleichtert, dass er die Vorstellungen seines Mandanten in die Realität hatte umsetzen können. Dass der Affäre aber noch eine Spitze aufgesetzt werden würde, damit hatte niemand gerechnet. Aber es gab sie.

Plötzlich, am 15. Dezember, gab Josip Simunic seinen Wechsel zu Hertha BSC bekannt. Der HSV war völlig perplex, Milewski verlor den Glauben an die Ehrlichkeit, und Simunic freute sich. Er war kurzerhand zweigleisig gefahren und hatte einen zusätzlichen Berater eingeschaltet. Der Australier Miro Gladovic führte die Gespräche mit Hertha BSC, als sie beim HSV und im Büro Milewski schon alle die Hände in den Schoß legten. Einhelliger Tenor beim HSV: Das war kein Ohnsorg-Theater mehr, das war weder lustig noch zum Lachen, das war eine ganz miese Nummer.

Zwar hatte niemand mit Dankbarkeit im Profi-Geschäft gerechnet. Aber so etwas? "Es hat in Deutschland noch keinen Verein gegeben, der von einem Spieler so veräppelt worden ist", schimpfte HSV-Trainer Frank Pagelsdorf und fuhr Simunic beim ersten Training danach an: "Du kannst dir einen neuen Verein suchen, sofort. Ich will dich nicht mehr sehen."

Doch die 500 000 Mark, die der HSV für einen sofortigen Wechsel haben wollte, waren für Herthas Manager Dieter Hoeneß kein Thema. Der Mann kann warten - und Geld sparen. Bis zum Sommer sind es nur noch ein paar Monate, die muss Simunic noch in Hamburg überstehen, dann geht es aufwärts. Bis dahin aber wird es noch manchen Ärger geben. So wie den vom vergangenen Wochenende. Hallenturnier in Riesa, Simunic trainierte am Vortag problemlos mit. Doch als es am Morgen in den Osten gehen sollte, fehlte Josip Simunic. Erkrankt. Der HSV ließ ihn prompt noch einmal untersuchen und stellte eine plötzliche Gesundung fest. Für den Tag darauf wurde für 6.30 Uhr eine Zugkarte nach Riesa bestellt, aber Simunic fehlte erneut. Mittags war er zwar noch mit Teamkollege Andrej Panadic zum Pasta-Essen, abends aber musste sich Simunic übergeben. Ob es am Italiener lag, oder doch mehr an Pagelsdorf? Egal. Der Zug fuhr ohne den künftigen Berliner ab.

Auch ins Trainingslager nach Mittelberg im Kleinwalsertal, wo sich der HSV seit Sonntag aufhält, reiste Simunic erst mit zweitägiger Verspätung an. Die Krankheit ...

Herbert Stoffer

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