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Sport: Was kostet ein Spiel?

Im neuen Wettskandal des italienischen Fußballs stehen mindestens sechs Profis aus Bari unter Verdacht.

Das Saisonende naht, und Italiens Staatsanwälte schreiben die Serie A um. Nicht die aktuelle Spielzeit, aber die vergangene. Weil die letzten neun Spiele des AS Bari in der Saison 2010/11 unter massivem Betrugsverdacht stehen, nahm die Antimafia-Staatsanwaltschaft in Bari drei Personen fest und lud weitere 17 vor. Darunter befinden sich insgesamt sechs frühere Profis des Serie-A-Absteigers. Parallel dazu beginnen Befragungen der Disziplinarkommission des italienischen Fußballverbandes. Neben einigen Verdächtigen im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen AS Bari werden auch Profis der Erstligaklubs Lazio Rom und Chievo Verona vorgeladen.

Im Mittelpunkt der jüngsten Ermittlungswelle im italienischen Betrugsskandal steht Andrea Masiello. Der Verteidiger, einst Nachwuchsspieler bei Juventus Turin und gegenwärtig bei Erstliga-Aufsteiger Atalanta Bergamo unter Vertrag, soll in seiner Zeit beim AS Bari Dreh- und Angelpunkt eines dortigen Betrugsrings gewesen sein. Christian Ilievski, einer der noch flüchtigen illegalen Broker im Zusammenhang mit dem italienischen Betrugsskandal, beschrieb Masiello als verlässlichen Informanten. „Er ist einer, der wusste, was er wollte und wusste, was seine Pflichten waren“, erzählte er italienischen Journalisten, die ihn im März in seinem Versteck in Mazedonien besuchten. „Er hat mich angerufen, mir gesagt: ,Wir machen das Spiel. Bring das Geld.’ Ich bin dann mit 300 000 Euro nach Bari gefahren. Wie bei uns üblich verlangte ich, die Spieler zu treffen“, erinnerte sich Ilievski. Dabei bemerkte er, dass die Spieler vor Angst weiß wie Laken waren. Allein Masiello habe die Sache vorangebracht.

Wie, das zeigte sich ganz augenfällig im Apulien-Derby gegen den US Lecce. Beim Stande von 1:0 für die noch stark abstiegsbedrohten Gäste lief Masiello in eine Flanke des Gegners und bugsierte mutterseelenallein im Strafraum stehend den Ball ins eigene Tor zum vorentscheidenden 2:0. Er hatte sich damit seinen Anteil an den besagten 300 000 Euro, die pro Serie-A-Spiel als Bestechungstarif festgesetzt waren, verdient. 50 000 Euro gab Masiello als seinen Gewinn bei dieser Gelegenheit zu. Das entspricht einem Zehntel seines damaligen Grundgehalts.

Neben Masiello stehen mindestens fünf weitere frühere Bari-Profis unter Verdacht: Alessandro Parisi (aktuell beim Zweitligaklub FC Turin), Simone Bentivoglio (jetzt Padua), Marco Rossi (zum Serie-A-Klub Cesena gewechselt), Abdelkader Ghezzal (nach Levante in die Primera Division verliehen) und Marco Esposito (gegenwärtig Pisa). Den Spielern wird auch vorgeworfen, gemeinsame Sache mit einem lokalen Mafia-Clan gemacht zu haben. Nur aufgrund dieser Verwicklung waren ursprünglich die Ermittlungen in Bari aufgenommen worden.

Im Zuge des Verfahrens wurde zudem bekannt, dass einzelne Fans des AS Bari die Spieler nach Feststehen des Abstiegs aufforderten, Spiele zu verlieren, damit sie sich ein „Trostpflaster“ verdienen könnten. Andere Fanfraktionen bereiten eine Schadensersatzklage gegen die betrügerischen Profis vor.

Verbandspräsident Giancarlo Abete versprach angesichts der neuesten Erkenntnisse eine „Null-Toleranz-Politik gegenüber Wettbetrügern“. Die Forderung von Uefa-Präsident Michel Platini nach einer lebenslangen Sperre für Wettmanipulatoren machte er sich allerdings nicht zu eigen. Er stellte lediglich „zeitnahe Prozesse“ in Aussicht.

Sein Chefermittler Stefano Palazzi begann am Dienstag mit Vernehmungen der früheren Bari-Profis. Auch Chievos Torjäger Sergio Pellissier und die Profis Stefano Mauri und Christian Brocchi von Lazio Rom werden geladen. Den Mannschaftskollegen von Miroskav Klose wird vorgeworfen, den von den Wettpaten bestellten 1:1-Halbzeitstand gegen den CFC Genua herbeigeführt zu haben.

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